Der letzte Tag der Woche bricht an. Es ist eine bedrückende Stimmung in der Luft. Die Wolken bedecken den Himmel, es ist kühl, obwohl noch Sommer ist, und die Leute haben nichts zum Feiern. Alle Kinder und Teenager wissen, dass morgen wieder Schule ist, die Erwachsenen wissen, dass es morgen wieder an die Arbeit geht, und unsere Helden wissen, dass einer von ihnen schwer verletzt im Krankenhaus liegt. Bis zum frühen Nachmittag verlässt keiner von ihnen das Haus. Doch um 13:30 Uhr klopft es bei den Oaks. Red steht an der Tür und fragt, ob jemand mitkommen möchte, Green zu besuchen. Leaf hat ihm geöffnet und sagt auch gleich ja. Die anderen Oaks beschließen, ihn später zu besuchen.
"Okay, cool. Auf dem Weg wollen wir Blue treffen. Yellow hat heute Besuch von seinen Großeltern", erklärt Red beim Losgehen. Während der ersten Schritte schweigen sich beide wieder an, bis Red einmal tief durchatmet und wieder ein Lächeln auf die Lippen setzt.
"Wäh, wir sollten aufhören so traurig zu sein. Green wird wieder gesund, immerhin ist er in guten Händen." Glücklich überrascht sieht Leaf Red an.
"Du hast Recht. Er wird auf jeden Fall innerhalb einer Woche wieder der alte sein", sagt Leaf zuversichtlich, wenn auch noch ein wenig zweifelnd.
"Genau!", stimmt Red freudig zu, "Außerdem... sind wir noch nicht zusammengekommen... er muss wieder aufwachen!"
"Oh, ich dachte, ihr wärt es. Hm stimmt, wenn er alles noch bis vor Kurzem vergessen hatte, konnte er sich ja auch nicht an eure Verbindung erinnern", bemerkt Leaf, sich nachdenklich ans Kinn fassend. Red nickt und denkt laut: "Ja... ich frag mich, ob er sich jetzt daran erinnert... oder, ob er es bereits getan hat."
"War er denn danach irgendwie anders zu dir?", fragt Leaf neugierig. Red überlegt einen Moment. "Nein."
"Dann glaube ich nicht, dass er es wieder weiß. Komisch, er müsste es doch trotzdem spüren", sagt Leaf scharf nachdenkend.
Green und Red hatten sich schon, als sie klein waren geliebt, mehr oder weniger. Sie haben jedenfalls schon immer eine starke Verbindung zum anderen gespürt und wollten deswegen immer wieder zueinander. Sie haben oft voneinander geträumt und konnten manchmal nicht alleine einschlafen, sodass entweder Reds Mutter oder Leaf zum Kuscheln zu ihnen ins Bett mussten. Es fühlte sich an wie eine Mischung aus Heimweh und Liebeskummer. Alle gingen davon aus, dass die beiden irgendwann zusammenkommen würden, sogar Greens Eltern, die Schwule eigentlich nicht so korrekt finden, sonst eher stur ihre Meinung vertreten und nicht offen für Neues sind. Keiner hat sich gefragt, warum sie sich so nach einander sehnen, bis jetzt.
"Hast du eigentlich eine Ahnung, warum wir uns so zueinander hingezogen fühlen? Kann es wirklich einfach nur extrem starke Liebe sein, die jahrelang überlebt hat, obwohl wir uns zwischenzeitlich sogar vergessen hatten, oder steckt da noch mehr hinter?", fragt Red, anfangend zu philosophieren.
"Also, wenn du mich fragst - was du tust - würde ich sagen, dass das noch mehr ist. Ich meine, ihr seid wie füreinander gemacht! Du bist der Optimismus in Greens Leben, sein Puls und der Antrieb weiterzumachen! Oder einfach mehr zu geben, immerhin hat er ja diesen Tick, immer der Beste sein zu wollen. Das warst du früher und das bist du bestimmt auch jetzt noch. Während Green deiner aufgedrehten Art Halt gibt, dich manchmal in deine Schranken zurückweist und daran erinnert, was du lieber lassen solltest, damit du nicht in Schwierigkeiten gerätst. Und das ist jeweils nur ein Beispiel. Ihr gleicht euch aus, wie Yin und Yang und es ist bestimmt kein Zufall, dass ihr Green und Red heißt. Hallo? Komplementärfarben, und so? Also meiner Meinung nach ist es destiny."
Gerötet sieht Red zu Boden. Ein glückliches, hoffnungsvolles und peinlich berührtes Lächeln schmückt seine Lippen.
"Obwohl ich ihn heutzutage retten und in seine Schranken zurückweisen muss", grinst Red, an die Abenteuer denkend, die er mit seinem Seelenverwandten erlebt hatte.
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Die Kette - Eine Reise in eine vergessene Welt
Fiksi PenggemarGreen Oak ist ein 16-jähriger Junge, der durch den Druck seiner Eltern in der Schule nur Einsen schreibt. Einzig und allein sein Großvater gibt ihm den nötigen Freiraum und hilft ihm, ein angenehmeres Leben zu führen. Eines Tages gibt er ihm in dies...