Kapitel -2-

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Ich bin eine schlechte Freundin. Ja, wirklich. Es ist nicht das erste Mal, dass ich etwas mit einem von Morgans Schwarm hatte. Ich hab sie schon oft angelogen, verletzt und beleidigt. Trotzdem ist sie der einzige Mensch, der mich wirklich liebt. So wie ich bin, mit all meinen Fehlern. Sie sieht nicht nur mein Äußeres, wie all die anderen. Sie weiß, wie ich wirklich bin, tief drinnen. Sie weiß, wovon meine kühnsten Träume handeln, sie weiß, warum ich Nachts nicht schlafen kann, wovor ich Angst habe und was mich zum Lächeln bringt. Dasselbe weiß ich von ihr. Morgan und ich, wir kennen uns seit ich geboren wurde. Sie ist meine beste Freundin und auch meine einzige Freundin. 

Ich stehe vor der hellblau gestrichenen Haustür der Young's. Das Haus, in dem sie wohnen, ist groß und schick. Ich betätige die Klingel und wippe auf meinen Fußsohlen vor und zurück, während ich nervös auf meiner Lippe herumkaue. 

Die Tür öffnet sich, doch vor mir steht weder Morgan, noch Kristin oder Adam, ihre Eltern. Vor mir steht ein gut aussehender junger Mann mit dunkelbraunem verwuschelten Haar.

Als er lacht, kann man Grübchen in seinem Gesicht erkennen und seine hellen grauen Augen blitzen. "Wow. Wer bist du denn?" 

Verwirrt blinzle ich, bis ich mich räuspere und antworte. "Ich bin Sabrina. Und du bist..?"

"Ich schätze du bist eine Freundin von Morgan." Er reicht mir seine Hand. "Ich bin Ben, Daniels bester Freund aus New York."

Zögernd ergreife ich die Hand, um sie zu schütteln. "Freut mich. Ähm.. Könnte ich vielleicht.." Ich fahre mir durchs Haar und deute auf die Tür. "Du weißt schon..., reinkommen?"

"Oh, tut mir leid. Klar." Er tritt bei Seite und lässt mich ins Haus. Wir drehen uns gleichzeitig um, als jemand die Treppe herunterkommt. Es ist ein ebenso junger Mann. Groß, mit hellbraunem Haar und diesen dunkelblauen Augen, die sonst nur Morgan hat. Das ist Daniel, der große Bruder meiner besten Freundin. Er hat sich verändert. Von dem schlacksigen, frechen Jungen ist keine Spur mehr zu sehen. Er sieht älter aus, reifer und.. verdammt attraktiv. 

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als Ben seinen Arm um meine Schultern legt und sagt:"Daniel, ich wusste gar nicht, dass deine Schwester so umwerfend schöne Freundinnen hat." Er zwinkert mir zu und ich lächle.

Bens bester Freund, betrachtet mich mit einem forschenden Blick. "Sabrina.." Sein Mund formt ein Lächeln. "Schön dich zu sehen... Morgan ist oben." Er deutet mit der Hand zur Treppe hin.

Ich nicke. "Dachte ich mir schon." Ich gehe in Richtung der Treppe und drehe mich nochmals zu den beiden um. "War auch schön dich zu sehen, Daniel." Dann wende ich mich ab und haste die Stufen nach oben. An Morgans Zimmertür mache ich halt und klopfe leise. Ich öffne die Tür und erblicke das brünette Mädchen, auf ihrem Bett. Sie sitzt im Schneidersitz, hat die Haare zu einem Knoten gebunden und blättert in einer Modezeitschrift. Die zitronengelben Wände, vollgeklebt mit Postern ihrer Lieblingsband, versetzen mich beinahe jedesmal in einen Schockzustand. Als sie hört, wie ich hereinkomme, blickt sie auf und seufzt. "Was willst du hier?"

Ich schlucke, als ich den Klang ihrer Stimme höre, trete aber dennoch ein. Etwas unschlüssig bleibe ich gleich neben der Tür stehen. "Morgan, es tut mir leid. Wirklich, das war nicht so geplant und wäre ich nicht so betrunken gewesen, hätte ich niemals was mit Harrison angefangen. Bitte, das musst du mir glauben!" Ich setze mich neben ihr aufs Bett und sie wirft ihre Zeitschrift auf den Boden. 

Stumm sieht sie mich an, dann schüttelt sie leicht den Kopf. "Es ist nun mal nicht das erste Mal, Bree. Und du weißt es geht mir nicht mal so sehr um Harrison.. Du.. Du warst dieses Jahr sehr oft bei jemandem Zuhause, du willst nicht mehr auf die Columbia und das mit dem Es-.."

"Hör auf damit. Okay?" Ich fahre mir übers Gesicht. "Das alles ist meine freie Wahl. Morgan, ich bin doch noch jung. Warum soll ich mich jetzt schon für einen Weg entscheiden, den ich später noch mein ganzes Leben gehen muss? Ich hab noch Zeit um Fehler zu machen, ich muss noch nicht alles richtig machen und das gilt genauso für dich. Das mit Harrison tut mir leid, aber der Rest.. Nun, das geht dich eigentlich nichts an." Hastig drehe ich an dem Ring an meinem linken Ringfinger. Das mache ich immer so, wenn ich nervös bin.

Morgan  verdreht die Augen und seufzt. "Warum dachte ich auch, du würdest auf mich hören." Sie legt ihre Arme um mich. "Ist schon okay." 

Ich atme den vertrauten Duft ihres Shampoos ein und drücke sie an mich. "Ich hab dich lieb."

"Ich dich auch." 

Als wir uns wieder voneinander lösen, fällt mir wieder etwas ein und ich runzle meine Stirn. "Und jetzt erklär mir bitte, was es mit deinem Bruder und seinem besten Freund auf sich hat."

Sie lacht und streicht sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Sie sind gestern Abend angekommen. Ich hab nichts gesagt, weil.. Ich wollte nicht, dass du dich irgendwie an sie ranschmeißt. Tut mir leid." Entschuldigend sieht sie mich an. "Ich wollte es für eine Weile geheim halten, aber wie es aussieht, hat das nicht geklappt."

"Das würde ich nie tun. Er ist dein Bruder, das wäre ja abartig. Aber Ben.." Ich grinse und hebe eine Augenbraue. 

"Du bist unglaublich, echt." Sie schmeißt ein Kissen nach mir und ich fange es ab. 

Ich werfe einen Blick auf die Uhrzeit auf meinem Handy und lege es dann auf das Nachtkästchen. "Also, wie lange bleiben sie?" 

Morgan legt sich aufs Bett und betrachtet die Decke. "Den ganzen Sommer lang." Sie fängt an zu lächeln. "Ben macht Urlaub hier und Dan.. Dan ist endlich mal wieder Zuhause."

Ich lege mich neben sie und drücke ihre Hand. "Er war lange nicht mehr hier... Du hast ihn vermisst, stimmts?"

"Ich schätze schon." Sie dreht ihren Kopf so, dass sie mich ansehen kann. "Er hat sich ziemlich verändert. Ich glaub, er ist sowas wie erwachsen geworden."

Ich denke an den 'neuen Daniel' von vorhin und lache leise. "Das ist doch gut."

Sie nickt, dabei wippt der Knoten auf ihrem Kopf lustig mit. "Klar." Urplötzlich richtet sie sich auf und stützt sich auf ihrem Ellbogen ab. "Das ist unser letzter richtiger Sommer, also lass uns so viel wie möglich unternehmen. Was machen wir morgen?" 

Ich grinse. Jetzt kann der Sommer beginnen.

Unser letzter SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt