Die Arbeit in Kims Laden macht mir mittlerweile eigentlich ziemlich Spaß. Kim lässt mich die Bewerbungen der Künstler durchsehen, so kann ich selbst bestimmen, welche Bilder wir im Laden aufhängen. Das ist so ziemlich das Coolste, was ich je gemacht habe.
Ansonsten muss ich meistens nur irgendwelche Bücher in Regale einordnen oder den Kunden Fragen beantworten. Um das Café kümmert sich glücklicherweise meistens Kim. Und auch hinter der Kasse muss ich nicht oft stehen. Zu zweit sind wir ein ziemlich gutes Team und ich frage mich, wie Kim es schafft, dass hier sonst immer alleine zu bewältigen. Wir reden nicht sonderlich viel und sie versucht mich so gut wie möglich in Ruhe zu lassen, was ich ihr hoch anrechne.
Es ist kurz vor Mittag, den Laden werden wir in wenigen Minuten schließen. Kim kommt in den Laden, in den Händen trägt sie ein voll beladenes Tablett. Sie lächelt mir zu. Ich halte in der Hand ein Buch, das ich gerade einordnen will, als mir plötzlich total schwindelig und schwarz vor Augen wird. Ich will mich am Regal festhalten, doch es ist zu spät. Ich falle.
Als ich wieder aufwache, sieht Kim auf mich herab. Meinen Kopf hat sie auf ihren Schoss gebettet. Sie hält mir ein Glas Wasser entgegen, welches ich dankbar annehme.
"Wie geht es dir?", fragt sie und streicht mir über die Stirn.
Ich richte mich auf und lehne mich gegen das Bücherregal. "Gut, mir war nur für einen kurzen Moment schwindelig."
Stumm sieht sie mich an. "Hast du heute schon etwas gegessen?"
Ausdruckslos starre ich sie an. In dem Moment kommt Dad in den Laden, Kim hat ihn wohl angerufen. Er sieht besorgt aus. Doch als er mich erblickt, seufzt er erleichtert auf. "Was ist denn passiert?"
"Nichts. Ich hatte bloß einen kurzen Schwächeanfall.", murmle ich und stehe langsam auf.
Mein Vater kommt mir entgegen und stützt mich, was ich versuche abzuschütteln. Aber er lässt nicht los. Kim folgt uns nach draußen und schließt die Tür ab. Dads Wagen steht vor dem Laden. Ich steige ein und schiebe die Kameratasche meines Vaters auf die Seite.
Still fahren wir nach Hause. Kim starrt nachdenklich aus dem Fenster, Dad scheint auch in Gedanken und ich schreibe Morgan eine Nachricht, dass sie mich am Nachmittag abholen soll.
Zuhause angelangt, hilft Dad mir aus dem Auto, was ich eigentlich auch alleine schaffen würde. Das sage ich ihm auch, doch er lässt nicht von mir ab. Als wir im Haus sind, werde ich an den Esstisch gesetzt. Kim fängt mit dem Kochen, Isaac guckt mich misstrauisch an und Dad setzt sich gegenüber von mir hin. "Ist dir das in letzter Zeit wieder öfter passiert?"
"Nein, Dad. Ich hab heute einfach noch nichts getrunken. Das wars auch schon. Und jetzt hört mit diesem Schwachsinn auf."
Er nickt kurz und hilft dann Kim beim Kochen. Später essen wir gemeinsam. Ich ignoriere die misstrauischen Blicke der anderen und esse meinen ganzen Teller leer. Dann gehe ich auf die Toilette.
Es ist kurz vor 3 Uhr am Nachmittag, als es an der Tür klingelt. Ich habe mich umgezogen und etwas geschminkt und öffne Morgan die Tür. "Hey.", sagt sie und umarmt mich.
Ich grinse und folge ihr zu ihrem Fahrrad. "Was ist mit deinem Auto?"
Sie verdreht die Augen. "Daniel braucht es Tag und Nacht."
Ich nicke und setzte mich auf den Sattel. Morgan setzt sich auf ihren Gepäckträger. Ich trete los zu Kims Laden, steige dort auf mein Fahrrad um und gemeinsam fahren wir zum Strand.
In unserer Bucht sind wir alleine. Niemand ist hier. Das ist schön. Wir breiten unsere Handtücher im Schatten aus und legen uns nebeneinander hin. Im Hintergrund hören wie das Rauschen des Meeres und ein feiner Duft von Akazien liegt in der Luft. Es ist ziemlich heiß, doch der Schatten ist wohltuend und schützt uns vor der brennenden Hitze.
Ich schieße ein Foto von Morgan und mir. Wir sehen gut aus. Morgan seufzt. Sie bindet ihre Haare zu einem Dutt und legt sich nieder.
"Was ist los?", frage ich nach. Ich mache es mir ebenfalls bequem und ziehe meine Shorts aus. Mein T-shirt lasse ich an.
Sie zuckt mit den Schultern. "Calvin ist los."
Ich hebe eine Augenbraue hoch. "Was ist mit ihm?"
Mit ihren dunkelblauen Augen sieht sie mich an. Eine Haarsträhne ist ihr ins Gesicht gefallen, die sie jetzt energisch fortstreicht. "Ich weiß nicht. Neulich auf der Strandparty haben wir uns ziemlich gut verstanden. Ich dachte er hat auch Interesse an mir. So hat es jedenfalls gewirkt."
"Das ist doch gut, oder?"
Sie macht eine Schnute und streckt ihre Arme aus, um diese dann zu betrachten. "Klar, aber er hat sich nicht gemeldet."
Ich lache leise und fahre durch mein helles blondes Haar. "Hat er denn deine Nummer?"
"Keine Ahnung." Sie seufzt. "Aber er hätte doch Daniel fragen können."
"Und du glaubst nicht, dass es zum Problem werden könnte, dass die beiden seit ihrer Kindheit befreundet sind?"
Sie wirft mir einen komischen Blick zu. "Was meinst du?"
Ich lache und schüttle den Kopf. "Na, Bro bevor Hoe."
"Was?!"
"Man fängt nichts mit der kleinen Schwester seines Kumpels an."
Sie setzt sich auf und sieht mich schockiert an. "Nein?"
Ich verdrehe leicht die Augen und auf meinen Lippen trage ich ein mitleidiges Lächeln. "Normalerweise nicht, nein."
Wieder seufzt sie und starrt in Richtung Meer. Sie sieht dabei traurig aus.
"Bist du dir denn sicher, dass du ihn willst?" Ich betrachte meine frisch lackierten Fingernägel.
"Calvin? Ja, doch schon."
Ich hebe eine Augenbraue. "Ich finde ja, er ist ein ziemlicher Spießer. Ein Langweiler und ganz sicher nichts für dich."
"Woher willst du das denn wissen?" Missmutig guckt sie mich an.
Ich zucke mit den Schultern. "Intuition."
Den Rest des Tages reden wir nicht mehr darüber. Wir sonnen uns, schwimmen im Meer und albern herum. Das tut gut. Ich denke den ganzen Tag nicht mehr an den Vorfall von heute Mittag und Morgan nicht mehr an Calvin. Wenn wir zusammen sind, Morgan und ich, können wir alles andere ausblenden, was uns nicht wichtig erscheint. Wir brauchen dann nur uns und nichts anderes. Sie ist meine beste Freundin und ich würde ihr mein Leben anvertrauen, deshalb hat sie auch etwas besser verdient als Calvin.
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Unser letzter Sommer
Teen FictionSie ist wild, selbstbewusst und unglaublich schön. Sie genießt ihr Leben in volle Zügen; Partys, Jungs und jede Menge Spaß. Sie ist Sabrina und das hier ist die Geschichte des Sommers, der vieles verändert. © Alle Rechte vorbehalten. Ich erhebe kein...