Kapitel 4

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Am nächsten Morgen war die Wärme an meinem Rücken verschwunden und ich lag alleine im Bett. Ich hörte, wie jemand die Tür öffnete und ein viel zu heller Lichtstrahl zog eine feine Linie durchs Zimmer und teilte das Bett in zwei Hälften.
»Guten Morgen kleine Sängerin.«, trällerte Avan zu fröhlich und ich wusste gleich, dass er es extra machte. Ich habe gestern eindeutig zu viel Alkohol getrunken und zu wenig Schlaf abbekommen. Ich spürte, wie sich das Bett an meiner Seite etwas senkte. Avan zog mir die Decke vom Kopf, die ich durch die plötzliche Helligkeit hochgezogen hatte.
»Ich habe Kaffee.«
Das waren die magischen drei Worte und ich öffnete meine Augen. Avan hielt mir die Tasse mit dem herrlichsten Geruch vor meiner Nase.
»Mit Karamell?«, fragte ich mit einem kleinen Hoffnungsschimmer, der so gleich zerstört wurde.
»Nein. So etwas Exklusives haben wir hier nicht.«
Schade.
Ich setzte mich auf, nahm ihm die Tasse ab und trank einen großen Schluck. Angewidert verzog ich mein Gesicht.
»Der ist ja bitter!«, beschwerte ich mich lauthals.
Avan lachte und nahm mir die Tasse wieder ab.
»Das ist ja auch mein Kaffee.«
»Aber du hast mir doch gerade Kaffee angeboten.«
»Nein kleine Sängerin. Ich habe dich lediglich darauf hingewiesen, dass ich Kaffee habe. Dass er für dich bestimmt ist, habe ich mit keinem Wort gesagt. Wenn du Kaffee haben möchtest, musst du schon selbst runtergehen und dir selbst einen machen.«
Ich holte aus und schlug ihm auf seine harte Brust. Mir tat es sicherlich mehr weh, als ihm, denn er lachte noch immer.
»Du bist so ein Arsch!«
»Hmm... aber du magst mich.«
»Wenn du so weiter machst nicht mehr. Das kann ich dir versprechen.«
Sein Grinsen wurde breiter.
»Ach komm!«, Avan zog eine Schnute und stand auf.
Da bemerkte ich erst richtig, dass er nur eine Jeans und sonst nichts trug. Sein Oberkörper ist einfach perfekt! Er hat ein wohlgeformtes Sixpack. Nicht zu stark, aber nicht zu schwach und ein V führte direkte zu der Stelle, die von seiner Jeans versteckt wurde. Ich entdeckte ein Tattoo auf der rechten Rippenpartie. Es sah aus, wie ein Zitat, oder eine Zeile aus einem Lied. Aber ich konnte es nicht so recht erkennen. Sein rechter Oberarm war ebenfalls voller Tattoos und ich wünschte, ich könnte sie mir alle genauer betrachten.
»Fertig mit starren?« Avan riss mich aus meinen Gedanken und mein Blick glitt in sein ebenso schönes Gesicht. Sofort fiel mir sein selbstgefälliges Grinsen ins Auge.
Ich spürte, wie meine Wangen glühten und schaute schnell wieder weg. Und da war es wieder, dieses spöttische Lachen.
»Mach dich fertig. In einer halben Stunden fahren wir weiter.«
Mit diesen Worten ließ er mich in einem Haufen voller Schamgefühle zurück. So schnell es ging, machte ich mich fertig und ausnahmsweise fuhren wir mal pünktlich weiter. Normalerweise brauchten die Jungs eine gefühlte Ewigkeit um fertig zu werden und dabei bin ich hier das Mädchen! Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass man nur einzeln ins Badezimmer kann und alle die Dusche nutzen wollen.
Ich wurde etwas traurig, als mir einfiel, dass heute der letzte Tag unserer kleinen Tour ist und ich morgen auch schon wieder in der Uni sitzen und die Jungs vermissen werde.
Auch wenn alle sehr chaotisch und verschieden sind, sind sie mir ans Herz gewachsen und am liebsten würde ich jede freie Minute mit ihnen verbringen. Es ist komisch, denn in ihrer Gegenwart konnte ich einfach ich selbst sein und machte mir keine großen Sorgen darüber, was sie über mich denken. Normalerweise bin ich erst einmal still und warte ab, wie die Leute drauf sind und dann werde ich erst lockerer und bin so gesehen ich selbst.
Auf dem Weg zurück in unsere Stadt machten wir hin und wieder ein paar Zwischenstopps um etwas zu essen oder einfach so eine Pause zu machen. Irgendwann kam Adrian auf die Idee einen Freizeitpark hier ihn der Nähe zu besuchen. Ich hatte überhaupt nichts dagegen! Für Achterbahnfahrten bin ich immer zu haben.
»Unglaublich! Ich glaube, du bist das einzige Mädchen, dass auf jeder Achterbahn lacht, anstatt zu kreischen.«, staunte Marek verblüfft.
»Na ja... es macht halt einfach Spaß!«
Ich ging auf jede Achterbahn drauf, nur Dean passte ein-zweimal. Die meiste Zeit schnappte ich mir den hintersten Wagon. Normalerweise ist nämlich der hinterste Wagon, immer der schnellte und für mich kann es eigentlich nie schnell genug sein.
Eine halbe Stunde bevor Breaking Line im Universe ihren Auftritt hatten, kamen wir an und vor der Tür stand auch schon Meg, die schreiend auf mich zu rannte, als ich aus dem Bus stieg.
»Du musst mir ALLES erzählen!«
Ich lachte über meine etwas aufgedrehte beste Freundin und befreite mich aus ihrer Umarmung.
»Das werde ich, versprochen.«
Während die Jungs sich vorbereiteten erzählte ich Meg alles bis ins kleinste Detail.
»Ich wusste doch, dass er ein Sixpack hat!«
»Ist das alles, was du daraus ziehst?!«
»Ja! Das sind wertvolle Informationen Lace.«
Ah ja. Ich verstand kein Wort, aber das war nicht das erste Mal.
Mittlerweile kannte ich die Bühnenprogramme der Jungs auswendig und wusste sofort, welches Lied als nächstes gespielt wird. Und trotzdem wurde es nie langweilig ihnen zuzuhören. Meg stürzte sich mitten ins Getümmel und fing an zu tanzen. Ich lachte leicht in mich hinein. Manchmal erinnerte sie mich, wie ein Flummi, der immer in Bewegung ist und keine Sekunde still halten kann.
Ich drehte meinen Rücken zur Bühne und bestellte mir etwas zu trinken. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich noch jemand an der Bar aufhielt. Neben mir saß ein Mädchen, welches in meinem Alter sein müsste. Sie ist schätzungsweise einen Kopf größer als ich und hatte lange Naturlocken, die sie offen trug. Irgendwie kam sie mir verdammt bekannt vor und ich hatte das Gefühl, sie zu kennen. Doch bevor ich sie ansprechen konnte, tippte mich jemand von hinten an. Ich drehte mich um und schaute einem Freund meines Bruders in die Augen.
»Lace!«, brüllte er.
»Markus!«, rief ich im selben Ton zurück und wurde gleich darauf von ihm umarmt.
»Was machst du denn hier? Ist dein Bruder auch da?«, suchend schaute er sich um. Er hat eindeutig etwas getrunken und mit etwas meine ich eine ganze Menge.
»Ich habe mir bis grade den Auftritt von Breaking Line angeschaut. Und nein Wes ist nicht hier.«
»Schade... wusstest du schon. Maxin hat mit mir Schluss gemacht. Pff so eine... . Na ja du weißt schon!«
Maxin ist oder besser gesagt war seine Freundin und mir war von vorne rein klar, dass das mit den beiden nichts wird, aber ich hatte eher damit gerechnet, dass er mit ihr Schluss macht und ich umgekehrt.
»Das tut mir leid.«
Markus zuckte mit den Schultern.
»Tanzt du mit mir? Bitte!«
»Du solltest besser nach Hause gehen. Ich kann dir ein Taxi rufen, wenn du möchtest.«
Er ließ sich ordentlich Zeit zum überlegen. Inzwischen waren die Jungs mit ihren Auftritt fertig und stürzten sich selbst ins Getümmel.
»Wenn du vorher mit mir tanzt, verspreche ich dir, dass ich danach nach Hause gehe.«, meinte Markus urplötzlich und bevor ich irgendetwas dagegen sagen konnte, zog er mich auch schon auf die Tanzfläche. Also gab ich mich widerwillig geschlagen und tanzte zwei Lieder mit Markus. Eigentlich wollte er noch weiter tanzen, aber ich hatte wirklich keine Lust mehr und somit schob ich ihn zum Ausgang.
Vielleicht hätte ich mitgehen sollen? Ich machte mir Sorgen und wollte grade zu Meg zurückgehen, um ihr zu sagen, dass ich gehen werde, da packte mich Avan am Arm und zog mich nach draußen.
»Was sollte das?!«, fuhr er mich plötzlich an. Hab ich was verpasst oder warum war er auf einmal so wütend auf mich?
»Was meinst du?«
Ich musterte Avan verwundert, als er vor mir auf und ab ging und sich mit einer Hand durch sein Haar fuhr. Ich hatte wirklich keine Ahnung, was er auf einmal hatte.
»Das mit dem Typen! Wie der sich an dich ran geschmissen hat. Ich wäre ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen!«
Ich konnte nicht anders, als lachen. Avan schaute mich wütend an und ich presste meine Lippen aufeinander.
»Dein ernst?«, kicherte ich. »Avan, das war ein Freund von Wes. Er war betrunken und wollte mit mir tanzen. Ich habe mir einfach Sorgen gemacht und er versprach mir nach Hause zu gehen, wenn wir ein bisschen tanzen.«
»Und das soll ich dir glauben?«
Er war noch immer wütend oder besser gesagt, war er tierisch eifersüchtig. Das ist doch alles lächerlich hier!
»Ach und du darfst mit tausend Mädchen rummachen oder was?«
»Das ist was anderes!«, warf Avan sofort ein.
»Stimmt. Es ist etwas anderes. Ich mache nämlich nicht mit wildfremden rum.«
»Du bist eifersüchtig.«, stellte er fest und schien Markus dadurch schon vergessen zu haben.
»Ach und du etwas nicht oder was?«, fragte ich ihn genervt.
Avan machte einen großen Schritt auf mich zu und wie automatisch wisch ich ihm aus, bis ich mit dem Rücken gegen ein Auto prallte.
»Vielleicht.«, gab Avan zu, bevor er noch »Ich möchte einfach nicht, dass dir jemand weh tut.«, hinzufügte. Ich schluckte schwer, als Avan seine Hände rechts und links von mir abstützte und sich zu mir herunterbeugte.
»Du brauchst mich nicht zu beschützen. Ich bin kein kleines Kind mehr.«, flüsterte ich, während ich auf seine Lippen starrte.
»Hmm... Das weiß ich Lacey.«
Gott, es war das erste Mal, dass er meinen Namen aussprach und es klang wie Musik in meinen Ohren.
»Warum tust du das Avan?«
»Was?«
Ich löste meinen Blick von seinen Lippen.
»Das hier.« Mein Atem stockte und mein Verstand drohte, komplett die Fliege zu machen.
»Ich weiß es nicht Lace.«, sagte er ebenso leise, wie ich es getan hatte.
Nun war er derjenige, der mir auf die Lippen starrte. Wie gebannt schaute er mir dabei zu, wie ich sie befeuchtete. Ich nahm ein Fluchen von Avan wahr und wollte gerade fragen, was los ist. Doch er erstickte meine unausgesprochene Frage, indem er seine Lippen auf meine legte und mich küsste. In den ersten Sekunden war ich wie erstarrt, doch wusste ich instinktiv, was zu tun war und erwiderte seinen Kuss.
Was in Gottes Namen tust du hier Lace?!
Avan fuhr mit seinen Händen an meiner Seite vorbei, bis er an meiner Taille ankam und mich an sich drückte. Ich stellte mich auf meine Zehenspitzen und vergrub meine Hände in sein weißes, dunkelbraunes Haar und vertiefte den Kuss. Langsam strich er mit seiner Zunge über meine Unterlippe und entlockte mir somit ein keuschen. Avan nutzte die Gelegenheit, um meinen Mund mit seiner Zunge zu erforschen.
Gott, konnte dieser Mann gut küssen! Er ist weder zu vorsichtig, noch zu grob. Er ist einfach perfekt und ich... ich bin sowas von geliefert.
Schwer atmend lösten wir uns voneinander und ich konnte nicht anders, als dumm zu kichern.
Avan stieß ebenfalls ein Lachen aus.
»Wir sollten zurück zu den anderen gehen.«
Das war das letzte, was ich wollte, aber dennoch nickte ich zustimmend.
»Meg fragt sich sicherlich schon, wo ich bin.«
Und so gingen wir schweigend zurück ins Universe und ich versuchte verzweifelnd herauszufinden, was das hier gerade sollte. Aber ich wollte Avan nicht einfach fragen. Das wäre nämlich mehr als peinlich!
Ich entdeckte Meg auf der Tanzfläche und ging sofort auf sie zu.
»Avan hat mich geküsst!«, platzte es sofort aus mir heraus. Die Sorge um Markus habe ich schon lange über Board geschmissen. Er ist schon öfters betrunken gewesen und findet schon alleine nach Hause
Meg schaute mich fassungslos an.
»Was? Wann? Wo?«
Ich lachte auf.
»Er hat mich geküsst. Vor weniger als zwei Minuten, auf dem Parkplatz.«, beantwortete ich jeder ihrer W-Fragen.
»Das ist ja...«, sie beendete nicht ihren Satz, sondern schaute einfach an mir vorbei.
»Meg?«, fragte ich verwirrt und drehte mich um, um zu sehen, was sie so sprachlos machte. Oder besser gesagt, wer sie so sprachlos machte.
Avan stand bei seinen Bandmitgliedern und küsste geradewegs ein anderes Mädchen. Ich konnte es nicht fassen, wie dumm ich eigentlich gewesen bin! Ich weiß ganz genau, dass Avan nichts von Beziehungen hält, ich weiß, dass er nur seinen Spaß haben will... ich weiß es und trotzdem habe ich mich auf ihn eingelassen. Am liebsten hätte ich das Mädchen an den Haaren gezogen und aus dem Club geschmissen.
Warum muss sie auch noch total hübsch sein?!
Wütend lief ich aus der tanzenden Menge, stieß ab und an jemanden meine Schulter in den Rücken, aber ich war zu wütend, um mich für irgendetwas zu entschuldigen. Schnellen Schrittes ging ich an Avan und diese... Tussi vorbei, nach draußen. Ich hörte noch, wie Meg meinen Namen rief, aber ich ging ignorierte sie und ging nach Hause.
Selbst der kleine Spaziergang von Club bis zu mir half nicht und verbittert machte ich mich Bett fertig. Ich kroch unter meine Decke, als ich plötzlich eine neue Nachricht von keinem anderen, als Avan hatte.

Warum bist du so schnell abgehauen? Ich dachte, du kommst noch mit mir und den Jungs in den Bus.

Weil du verdammt nochmal jemanden geküsst hast. Und das keine 10 Minuten nach unserem Kuss!

Ich hatte Kopfschmerzen

Wieder piepste mein Handy

Ist es wegen des Kusses?

Ja.

Nein, Avan. Keine Sorge. Schrieb ich zurück und belog nicht nur Avan, sondern auch mich selbst...und mein Handy.

Wir sind doch noch Freunde, oder?

Ich wusste, wie Avan war und ich wusste auch, dass es ein Fehler war, dass ich den Kuss erwidert hatte. Aber ich wollte ihn nicht verlieren. Unter keinen Umständen wollte ich, dass das passiert.

Ja.

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Hallo ihr Lieben

Da das letzte Kapitel so unerwartet lang wurde, habe ich hier ein bisschen mit den Wörtern gesparrt. Ich hoffe es macht euch nichts aus! Natürlich bin ich sehr über euer Feedback gespannt.

Bis zum nächsten Kapitel.

Alles Liebe Melina

Breaking Line - It's Not The EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt