Kapitel 10

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Hier sitze ich nun. Mitten auf meinem Koffer, welcher auf dem Bürgersteig stand und wartete um 5 Uhr morgens auf Avan. Meine Augenlider sind schwer und in meiner Hand befand sich ein halb geleerter Kaffeebecher. Ich kann es noch immer nicht glauben, dass ich für 5 Tage nach San Francisco fahren, oder besser fliegen werde. Gestern Abend habe ich Meg angerufen und nach ihrer Meinung gefragt. Sie sagte das, was ich schon längst erwartet hatte. Sie drohte mir damit mich umzubringen, wenn ich nicht mitfahre. Mein Bruder war eher weniger begeistert, aber da habe ich den Jungs schon zugesagt. Es wäre unhöflich gewesen dann noch abzusagen und ich wollte es auch nicht. Ich holte mein Handy aus meiner Hosentasche und drückte auf die Home-Taste. Zehn nach fünf. Wie ich Unpünktlichkeit hasse! Besonders, wenn wir noch ein Flugzeug erwischen müssen.

In der Ferne hörte ich einen lauten Motor und wusste sogleich, dass es Avans Wagen ist. Als er um die Ecke bog, sprang ich auf und hob meinen Koffer hoch. Natürlich machte er keine Anstalten auszusteigen, um mir zu helfen, aber das würde ich auch nie von ihm erwarten.

Ich öffnete die Beifahrertür und hievte den Koffer in den Fußbereich, bevor ich mich setzte und meine Beine auf das Armaturenbrett legte.
»Hi!«
Für diese Uhrzeit scheint Avan ausgesprochen aktiv und fröhlich zu sein, was mich doch sehr wunderte. Denn eigentlich ist er der Inbegriff eines Morgenmuffels.
»Hi.«, gab ich weniger wach zurück.
Avan nahm mir meinen Kaffeebecher aus der Hand und stellte ihn in die dafür vorgesehene Ablage.
»Wie viel Kaffee hattest du heute schon?«, er zog eine Augenbraue hoch und schaute mich von der Seite an.
»Weiß nicht... zwei oder drei.«
Erst, als er meine Hand nahm, bemerkte ich, dass ich durch den ganzen Koffein ein wenig zittere.
»Nicht, dass du mir noch durch die Gegend rennst, wie Speedy Gonzales
Ich lachte kurz auf und entzog ihm wieder meine Hand.
»Wir sollten losfahren. Ich habe keine Lust den Flug zu verpassen.«
Kaum zu glauben, dass ich mich wirklich darauf eingelassen habe. Aber ich bin mir sicher, dass es ein kleiner Spaß werden wird. Immerhin bin ich gerade auf den Weg nach San Francisco! Ich bin tierisch aufgeregt und hibbelig, was sicherlich an dem Kaffee lag. Nachdem wir eingecheckt hatten, trudelten auch nach und nach der Rest der Band ein. Mary ließ sich auf den Sitz neben mir im Wartebereich fallen.
»Marek hätte mich beinahe umgebracht, weil mein Koffer so schwer ist.«, erzählte sie mir lachend.
»Ja, weil du dein halbes Bücherregal eingepackt hast!«, mischte er sich mit ein.
»Jeder von uns hat nur fünf dabei. So viel ist das gar nicht, Marek.«
Ich versuchte ihn ein bisschen zu beruhigen, aber er verschränkte nur trotzig seine Arme. Wir warteten eine geschlagene Stunde, bis wir endlich in den Flieger einsteigen konnten. Zu meinem Bedauern saß Mary eine Reihe hinter mir und ich hatte ausgerechnet einen Sitzplatz mitten im Gang. Avan schien meine nicht sehr begeisterte Miene zu bemerken, riss mir meine Karte aus der Hand, nur um mir seine zu geben. Ich schaute auf die Karte und studierte die Sitzreihe. Er hat mir tatsächlich seinen Platz am Fenster gegeben, nur damit ich zufrieden bin.
»Du solltest dich setzten. Die Leute hinter uns werden schon unruhig.«, flüsterte er mir ins Ohr. Eine peinlich berührte Hitze machte sich auf meinen Wangen bemerkbar, ehe ich mich auf meinen Platz setzte. Avan saß in der Mitte der Reihe und Adrian am Gang. Direkt hinter mir saß Mary, daneben war Marek und daneben Dean. Ich Vollidiot habe total vergessen ein Buch in mein Handgepäck zu tun und wühlte in meiner Handtasche herum, in der Hoffnung, dass noch irgendeine Leseprobe darin rumliegt.
»Entschuldigen Sie, Miss?«
Ich hob meinen Kopf und schaute die Stewardess an.
»Sie müssen sich jetzt anschnallen.«
»Oh, ja klar. Tut mir leid.«
Ich ließ meine Handtasche auf dem Boden fallen und schnallte mich an. Während das Flugzeug startete, schaute ich gespannt aus dem Fenster und genoss das Gefühl, über den Wolken zu schweben. Jetzt muss ich nur noch ein paar Stunden in diesem engen Flugzeug aushalten. Der Ausblick ist einfach unbeschreiblich schön und sogleich vergaß ich meine Wut auf mich selbst, weil ich mein Buch vergessen habe. Als wir die richtige Höhe erreicht hatten, durften wir uns endlich abschnallen. Adrian ist jetzt schon eingeschlafen und Dean war drauf und dran ihn mit Edding voll zu malen. Marek und Mary waren mit sich selbst beschäftigt und Avan kritzelte das Heftchen voll, welches vorhin noch in der Halterung des Sitzes lag. Die Stewardess kam vorbei und bevor sie weiterging, bestellte ich mir ein Wasser. Der Flieger geriet kurz ins Ruckeln, wodurch Dean tatsächlich Adrians Gesicht traf und einen langen Strich auf seine Wange malte. Adrian wurde davon sofort wach und machte Dean zur Schnecke, während der sich vor lauter Lachen den Bauch hielt.
Avan grinste ein Heftchen an und schüttelte dabei den Kopf.
»Vielleicht hätten wir doch unseren Privatjet nehmen sollen.«
Entgeistert sah ich ihn an.
»Ihr habt einen eigenen Jet?!«
»Nichts Besonderes. Unser Manager vom Plattenlabel wollte eigentlich, dass wir damit fliegen. Aber ich habe ihm gesagt, dass wir nicht sofort für aufsehen sorgen wollen, wenn wir in San Francisco landen. Niemand rechnet damit, dass wir ein normales Flugzeug nehmen.«, Avan zuckte kurz mit den Schultern und steckte seinen Kugelschreiber ein.
Er redete von diesem Jet, als sei es selbstverständlich, dass sie einen haben. Aber ich bin dennoch fest davon überzeugt, dass es noch einen Grund gibt, weshalb er nicht mit diesem Jet fliegen wollte. Es ist erstaunlich, wie Bodenständig die komplette Band ist, obwohl sie anscheinend richtig viel Geld verdienen. Sie hätten es nicht mal mehr nötig in so einem kleinen Club wie das Universe zu spielen und trotzdem tun sie es.
Ich frage mich noch immer, wie die Band damals entstanden ist und wie Avan früher so drauf gewesen ist. Er war bestimmt der geheimnisvolle Bad Boy seiner Schule und alle Mädels wollten mit ihm zusammen sein. Ich schüttelte den Kopf. Hätte ich ihn in meiner Schulzeit gekannt, hätte ich ihn wahrscheinlich damals schon begehrt und trotzdem abblitzen lassen. Aber nein. Ich kannte weder Avan, noch den rest der Band in meiner Schulzeit. Und mit einem Jungen ging ich auch nie aus. Na ja, was soll's. Ich kann es nicht ändern und so schlimm war es auch nicht.
Wir flogen jetzt schon ungefähr zwei Stunden und so langsam tat mir mein Hintern weh und ich langweilte mich zu Tode. Dean und Adrian haben sich in der Zeit wieder beruhigt, was wahrscheinlich daran lag, dass Avan ziemlich wütend wurde und Dean drohte aus dem Notausstieg zu werfen, wenn er es nochmal wagen würde, an seinem Sitz zu rütteln.
Mein Kopf lehnte an der Fensterscheibe und ich beobachtete die Umgebung, die für mich nur noch gleich aussah. Überall waren weiße, flauschige Wolken zu sehen.
Ich schreckte kurz zusammen, als etwas mein rechtes Ohr berührte. Doch es war nur Avan, der mir seinen zweiten Ohrstöpsel in mein Ohr gesteckt hatte. Aus dem Kopfhörer dröhnte laut halts meine Lieblingsband. Ich drehte mich zu Avan, um mich zu bedanken, aber dieser hatte seinen Kopf an seinem Sitz gelehnt und die Augen geschlossen. Von der Seite betrachtete ich sein Gesicht und seine Lippen, die Stumm das Lied mitsangen. Und als hätte er trotz geschlossener Augen bemerkt, dass ich ihn beobachte, verzog er seine Lippen zu einem Grinsen. Schnell schaute ich wieder aus dem Fenster und lauschte der unglaublichen Stimme von Jared Leto.
Jemand trat mit dem Fuß gegen meinen Sitz und als ich meinen Blick über die Schulter warf, schaute mich Mary mit einem vielsagenden Blick an. Ich verdrehte meine Augen und wandte mich wieder um. Mary ist schon seit einer Weile der Meinung, dass Avan und ich ein tolles Paar abgeben würden. In dieser Sache würde sie sich super mit Meg verstehen. Wahrscheinlich suchen die beiden schon angestrengt nach einem Shipping-Name. Aber egal wie man es dreht und wendet, der Name hört sich scheiße an.
Noch 4 weitere Stunden bis zur Landung... juhu.
Ich konnte es nicht verhindern, dass meine Gedanken abschweifen. Aber wie soll man es auch verhindern, wenn man nichts anderes, als verträumt aus dem Fenster zu schauen und über das Leben zu philosophieren? Irgendwie muss ich ja die restliche Zeit überbrücken. Und seit neustem habe ich es komplett aufgegeben mich vor den Gedanken an Avan zu wehren. Mir blieb keine andere Wahl mehr. Er hat sich in meinen Kopf eingenistet. Selbst nachts, wenn ich schlafe lässt er mir keine Ruhe. Immer wieder träume ich von ihn und mir und seinen nervigen Groupies. Obwohl ich nach draußen schaute, nahm ich es kaum mehr wahr, wie die Wolken an uns vorbeizogen und die Sonne alles in einen glänzenden Ton erhellte.
Etwas Schweres legte sich auf meine Schulter und als ich den Kopf ein wenig zur Seite wandte, sah ich, dass Avan seinen Kopf auf meine Schulter gebettet hatte. Ein Lächeln huschte über meine Lippen und nur für eine Millisekunde dachte ich daran, wie es wohl sein wird, wenn Avan und ich doch ein Paar wären.
Schnell schüttelte ich meinen Kopf. Wenn ich so einen Gedanken auch nur zulasse, bin ich komplett verloren und das wollte ich beim besten Willen nicht sein! Ich lehnte meinen Kopf an Avans, um auch noch ein paar Stunden schlaf abzubekommen.

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Huhu,

ich dachte mir, ich lade noch schnell ein Kapitel hoch, bevor die Sonne kompeltt untergeht. Hoffentlich gefällt es euch :)

Ich würde mich sehr über Kommentare und Votes freuen.

Alles Liebe, Melina

Breaking Line - It's Not The EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt