Kapitel 3

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Liebes Tagebuch,

glaubst du an Schicksal?

Ich schon. Jetzt wo ich Yoongi kenne jedenfalls. 

Mir geht es soviel besser, weil ich ihn kennen lernen durfte. Wir schreiben uns jetzt manchmal wie der Tag war oder was wir heute gemacht haben. 

Doch da ich ja irgendwie nie mit etwas zufrieden sein kann, hätte ich gerne mehr als das. Ich will mehr über ihn erfahren. Denn alles was ich jetzt über ihn weiß ist sein Alter, sein Wohnort, seinen Namen, seine Handynummer und das er den gleichen Anhänger wie ich hat. Ich will mehr über ihn als Person herausfinden. Ich möchte wissen, wie er so denkt oder was er für Gedanken hat. 

Denn egal wie oft wir uns schreiben, ich spüre immer, wie er sich mehr und mehr von mir distanzieren möchte.

Vielleicht will er ja niemanden wie mich als Freund. Vielleicht hat er schon andere Freunde, die er toller findet als mich. Vielleicht habe ich ja nichts anderes verdient, als weiterhin der einsame Junge mit Depressionen zu sein. Wer weiß... 

Und wieder hoffe ich, das morgen ein besserer Tag wird und ich mich endlich mit ihm verabreden kann. 

Tschüss!

Wie jedesmal wenn ich in mein Tagebuch geschrieben hatte, stellte ich es zurück in mein immer noch nicht aufgeräumtes Bücherregal. Der Tag an dem ich Yoongi kennengelernt hatte, lag nun schon 1 Woche zurück und ich hatte immer noch kein Wort mit meiner Mutter gewechselt. Jedesmal, wenn mein Vater mich wütend fragte, warum ich ihr nicht antworte oder kein Gespräch mit ihr führe, steckte mir ein Kloß im Hals. Mein Vater hatte ja keine Ahnung, das meine Mutter ihn mit so einem Arschloch betrogen hatte. Er hatte nicht die geringste Ahnung. Und es brach mir das Herz, immer wenn ich meine Eltern zusammen lachen sah. Denn ich wusste, das meine Mutter das alles fakte. Jedes 'Ich liebe dich' war nicht echt. Und das traurigste war, das sie es ohne mit der Wimper zu zucken sagte. Wie konnte ein Mensch nur so Gefühlslos sein. Ich werde Menschen wohl nie verstehen können.

Ich saß auf meinem Ledersessel und beobachtete die Regentropfen, welche wie Tränen die Glasscheibe von meinem Zimmer-, oder wie ich es nannte 'Stalkerfenster', herunter flossen.

Ich nannte mein Fenster so, weil ich durch es wie bereits erwähnt, immer die Leute, die an meinem Haus vorbei liefen, beobachtete. 

In meiner Hand hielt ich eine Tasse, gefüllt mit Kinderpunsch. Egal wie alt ich war, Kinderpunsch ging immer. Denn es half mir beim Nachdenken und der Geschmack war auch nicht schlecht. 

In meiner anderen Hand hielt ich mein Handy und hatte den Chat von Yoongi und mir geöffnet. Es dauerte immer eine Weile, bis er antwortete. War er etwa wie die anderen schon nach zwei Tagen genervt von mir? Würde mich jedenfalls nicht wundern.. 

Plötzlich hörte ich den Ton, wenn eine neue Nachricht im Chat erschienen war.
Yoongi hatte auf meine Frage wie es ihm ginge, mit 'weiß nicht' geantwortet.
Er war schon ein seltsamer Typ. Als ich ihn das erste mal sah, schien er so ein guter Redepartner zu sein. Doch mehr und mehr schien es mir, als wäre er der verschlossenste Mensch den ich kannte.
Was wiederum vor und Nachteile hatte.

Meine Güte.. wenn man so zurückdenkt, hatte ich früher echt hohe Ansprüche. 

Vergeblich versuchte ich mit einem 'Was hast du heute so gemacht?' die Unterhaltung fortzuführen, doch wieder antwortete er mit einem einfachen 'nicht viel'. So langsam kam ich mir so vor, als würde er sich gerade null für mich interessieren. Und Unrecht hatte ich damit auch nicht. Denn als ich nichts mehr schrieb ging er einfach offline. 

Siehst du? Nichtmal er will irgendwas von dir wissen. 

Diese Stimme in meinen Gedanken versuchte mich wieder durcheinander zu bringen. Wie so oft.

Fühlst du dich nicht einfach nur noch erbärmlich?

"Halt die Fresse." Murmelte ich und wand mich wieder meinem Fenster zu. Ich trank einen großen Schluck Punsch und starrte auf die Straße. So viele lachende Leute und ich konnte nicht Teil davon sein. Ich konnte nicht mit meinen Freunden rausgehen und lachend Spaß haben, das Leben genießen. Ich hatte ja nicht einmal einen einzigen Freund wie es schien. 

Die Stimme hatte Recht. Ich war echt erbärmlich. 

Augen rollend drückte ich mich von den Armlehnen ab und stand auf. Gerade als ich einen Schritt in die Richtung meines Bücherregals machen wollte, wurde mir kurz schwarz vor Augen. Kein Wunder, das mein Kreislauf am Arsch war. Ich hatte geschlagene 8 Stunden nur auf meinem Ledersessel gesessen. Gut gemacht. Zerstör dich nur noch mehr. Interessiert ja eh keinen.

Plötzlich rief mein Vater von unten: "Jungkook! Du hast Besuch!"

 Na toll. Bestimmt eh nur ein weiterer Psychologe der sich mir vorstellen wollte. Das war nämlich eine Taktik meiner Eltern. Sie versuchten so viele Psychologen wie möglich anzustellen, damit ich so schnell wie möglich 'gesund' werde. Was zur Hölle? Ich hab doch keine Körperliche Krankheit die man mit vielen Ärzten schneller heilen kann.  Doch eigentlich war es vergeblich, das jemandem erklären zu wollen. 

Kopf nickend ging ich die Treppe herunter. Auch wenn mein Vater ja gar nicht sehen konnte, das ich mit dem Kopf genickt habe. Ich konnte Stimmen aus dem Wohnzimmer hören. Doch eine davon kam mir erschreckend bekannt vor. 

Schnell stürmte ich auf das Wohnzimmer zu und schlug die Tür regelrecht auf. Oh ja. Diese Stimme kannte ich nur zu gut. "JIMIN!" schrie ich völlig außer Atem, als ich erkannt hatte, wer da neben meinen Eltern stand. Er war mein Sandkastenfreund, den ich seid 3 Jahren nicht mehr gesehen hatte, da er in ein Internat in Australien gegangen war. Überglücklich rannten wir uns gegenseitig fast um. "WAS MACHST DU DENN HIER?" fragte ich ihn fast schreiend und immer noch keuchend.

"Ich wollte dich unbedingt besuchen. Naja.." er kratzte sich am Hinterkopf. Warum war er so nervös? "Deine Eltern haben mir geschrieben, das es dir nun schon seid längerer Zeit nicht mehr so gut geht und da habe ich beschlossen, direkt nach meiner Ankunft aus Australien, hierher zu kommen. Ich hoffe ich störe dich nicht." Ich schluckte. Meine Eltern haben ihm geschrieben? Warum mischten sie sich immer in alles ein? Trotzdem war ich überglücklich, ihn erneut zu sehen. Ich hatte seine süße Stimme so sehr vermisst. "Nein! Du störst überhaupt nicht. Willst du was trinken? Heiße Schokolade? Wir haben auch Kaffee.. Oder willst du Punsch? Aber wir haben nur Kinderpusch, den mochtest du doch immer so gerne als wir als Kinder beim anderen übern-.." Ich hielt den Atem an. 

Da war plötzlich so ein Seltsames Gefühl. Es tat richtig weh und es fühlte sich so an, als würde etwas, das ich seid langem in meinem Herzen behalten hatte, raus wollen. Und dann fing ich an zu weinen. Ich hatte ihn so sehr vermisst. 

"W-wir haben doch immer als kleine Kinder gesp..pielt, weißt du d-das noch, Chim chim?" 

Eine weitere Träne rollte meine Wange herunter, doch ich konnte nicht aufhören zu reden, ich war zu aufgelöst.

"Oder erinnerst du dich noch an.." Ich schluchzte ".. an diesen Cl-lown auf meinem-"

Weiter konnte ich nicht reden, denn Jimin hatte mich fest umklammert und strich mir sanft über den Rücken. "Ich kann mich an alles erinnern." flüsterte er, sodass meine Eltern, die sich leicht geschockt anschauten, nichts hören konnten. "Und ich habe dich so schrecklich arg vermisst, das es einen Zeitpunkt gab an dem ich ohne dich nicht mehr leben wollte."

Das gab mir den Rest und ich brach in Tränen mit Jimin im Arm zusammen. 

Er war endlich wieder da. Mein Chimchim. 

Nach einer Weile hatten wir uns beide beruhigt und meine Eltern überredet, das Jimin 2 Wochen bei uns bleiben konnte. Ich hatte ihm so viel zu erzählen und ich war so froh, das er wieder in meinem Leben aufgetaucht war.

Ich wünschte, er hätte für immer Teil meines Leben bleiben können, doch dafür hätte ich wohl zu viel Glück haben sollen. 


4 o'clock [Yoonkook/Jikook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt