Kapitel 1

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Kampfschreie. Um mich herum, überall Kampfschreie. Benebelt stand ich da, ließ meinen Blick über die Krieger schweifen. Man erkannte die Dornischen an den sandfarbenen, leichten Rüstungen. Die Starks hoben sich ab durch den Wolf auf ihrem Brustpanzer. Ich war keine Kämpferin, das einzige was ich beherrschte war Geschick. Ich konnte ein oder zwei Tricks mit dem Dolch, aber in einer richtigen Schlacht war ich Fehl am Platz. Mein Bruder hatte mir ein Schwert in die Hand gedrückt und mich mit den anderen aufs Schlachtfeld geschickt, da wir zu wenig Männer hatten. Viele dornische Frauen wurden zum Kampf gezwungen und ich sah wie sie alle abgeschlachtet wurden, wie Vieh. Ein schrecklicher Anblick, der mir Angst einjagte.
Plötzlich erschien ein Mann neben mir. Es war mein Vater. Mit seinen blutig geschlagenen Lippen brüllte er mich an. "Verschwinde von hier, Tyara! Bring dich in Sicherheit!" Ich sah ihn völlig perplex an. "Aber..." Bevor ich auch nur zwei Wörter aus mir herauspressen konnte, sah ich, wie sich ein Schwert durch seine Brust bohrte. "Vater!" schrie ich erschrocken. Das Schwert wurde wieder aus seinem Körper herausgezogen und ein hasserfülltes Grinsen erschien hinter ihm, während sein lebloser Körper zu Boden sank. Ich kannte dieses Grinsen. Dieser Mann war Theon Graufreud. Er hatte einmal versucht meine Schwerster Obara zu vergewaltigen, als er mit ein paar Kriegern in Dorne zu Besuch war, bis mein Vater ihn dafür fast umbrachte. Und nun? Nun hatte er meinen Vater umgebracht. Ich sackte neben ihm zu Boden. Tränen sammelten sich in meinen grünen Augen und ich legte meine Hände auf seine blutüberströmte Brust. "Vater..." wimmerte ich noch einmal leise. Um mich herum fielen immer mehr dornische Krieger und ich bekam nicht mit, dass die Schlacht schon längst verloren war. Meine Tränen tropften auf den toten Körper meines Vaters und ich schloss meine Augen, um all das Leid dieser Schlacht nicht mit ansehen zu müssen. Plötzlich riss mich jemand an meinem langen, dunklen Haaren nach oben und hielt mich dann mit den Händen hinter meinem Rücken fest. Ich versuchte mich verzweifelt zu wehren, aber ohne Erfolg. "Und, hast du dich von deinem lieben Vater verabschiedet?" höhnte eine widerliche Stimme in mein Ohr. "Theon!" zischte ich wütend, während ich wild versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. "Lord Graufreud für dich." entgegnete er nur abschätzig und schob mich grob vor sich her. Überall lagen die Leichen von Kriegern, die meisten waren mir zwar unbekannt, doch vereinzelt machte ich welche aus, die ich von meinem Vater kannte. Jetzt begannen die Starks langsam zu jubeln. Siegesrufe wurden überall ausgestoßen und auch Theon hinter mir begann nun zu grölen. Ich hatte einen furchtbaren Hass auf ihn, doch ich konnte mich nicht wehren. Dann blieben wir stehen und er riss mir an den Haaren den Kopf in den Nacken. Vor mir stand ein dunkelbraunes Pferd, darauf ein Reiter. Trotz seines blutbefleckten Brustpanzers, konnte man den Wolfskopf erkennen. "Robb, ich habe eine von Oberyns Töchtern. Ich wollte ihr eigentlich direkt die Kehle durchschneiden, doch ihre Schönheit hat mich davon abgehalten. Also, was soll mit ihr geschehen?" Es war Theon, der zu dem Reiter sprach. So wie er mit ihm redete, schloss ich daraus, dass er jemand Wichtiges war. "Wir nehmen sie mit nach Winterfell, dort wird Vater entscheiden." Theon nickte und zerrte mich zu seinem Pferd. Aus der Satteltasche holte er ein Seil, mit welchem er mir die Hände zusammenband. Dann stieg er auf. Er ritt in einem zügigen Tempo hinter Robb her, der bereits ein klein wenig voraus war. Ich versuchte mit dem Pferd Schritt zu halten, doch es war schwer und nach einer Weile stürzte ich. Das Tier stoppte und Theon sah mich abwertend an, wenn du nicht gleich aufstehst, werde ich auf der Stelle los galoppieren!" Mühsam versuchte ich mich aufzuraffen und als ich es geschafft hatte, hörte ich die Stimme von Robb. "Setz sie auf dein Pferd, du Idiot. Hinterher bricht sie sich noch etwas." Theon schüttelte störrisch den Kopf. "Ganz sicher nicht, du kannst es ja machen." Augenrollend stieg Robb von seinem Pferd. Dann kam er zu mir und band mir das Seil von den Händen. Ich zuckte zusammen, als er dabei kurz meine Hand berührte und er lächelte nur warm. "Ich tu dir nicht weh, keine Angst." Ich versuchte meine Furcht zu verstecken, um nicht schwach zu wirken und sah ihm fest in die Augen. "Ich habe keine Angst." Ohne darauf zu reagieren, hob er mich auf sein Pferd. Dann stieg er hinter mich. Wir ritten noch eine ganze Weile, bis es langsam kälter wurde. "Bald sind wir in Winterfell." meinte Theon knapp und warf Robb einen kurzen Blick zu. Dieser bemerkte, dass ich mittlerweile zu zittern begann in meinem leichten Gewand. Er nahm seinen Pelzumhang und legte ihn mir um die Schultern. Auch wenn ich ihm dafür dankbar war, sagte ich nichts.

The heir of WinterfellWo Geschichten leben. Entdecke jetzt