Keinerlei Vertrauen

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Als wir in unserer Abteilung eintrudeln, springt Haechan alarmiert auf, um uns sogleich mit der ersten Frage zu bombardieren: „3XO wurde losgeschickt, das bedeutet, dass es unglaublich schiefgelaufen sein muss. Was ist geschehen?" Taeyong hebt abwehrend die Hand, um Haechan von weiteren Erkundigungen abzuhalten.

„Wo sind Taeil und Johnny?" Taeyong sieht sich demonstrativ nach den beiden um.

„Kim Joonmyun rief die beiden zum Ort des Geschehens", teilt uns Haechan mürrisch mit. „Und ich durfte hier rumsitzen und nichts tun."

„Oh ja, das ist das Schlimmste." Mark stellt sich neben ihn um ihm mitfühlend auf den Rücken zu klopfen. Dies ist einer der Momente, in denen sich die beiden einander nicht zu hassen scheinen. Oftmals erwecken sie den Anschein einander erwürgen zu wollen.

„Ich war ja auch noch da", beklagt sich Doyoung, der über irgendwelchen Papieren sitzt. „Beschwer dich bloß nicht, du durftest immerhin die häufigen Vermisstenanzeigen der letzten Tage durchgehen."

Haechan verdreht die Augen und bemüht sich wohl, sich einen Kommentar zu verkneifen. Selbst ich habe mitbekommen, dass dies zu seiner einzigen Pflicht geworden ist: Akten immer und immer wieder durchzusehen.

Mit einem leisen Seufzen will ich mich von dieser Unterhaltung abwenden und trotte auf meinen Schreibtisch zu, da bemerke ich das hitzige Kribbeln in meinem Nacken – Jaehyun mustert mich schon wieder. Allmählich wird es tatsächlich unheimlich und umso mehr stelle ich mir selbst die Frage, was er zu verbergen hat. Ich versuche die Unsicherheit herunterzuschlucken und lasse mich auf den Stuhl nieder. Schlaffheit übermannt mich urplötzlich, Erschöpfen fällt wie ein schwerer Felsen auf mich nieder. Nun kann ich mir selbst unmöglich verleugnen, wie tief der Schock sitzt. Unwillkürlich erinnere ich mich an die Explosion zurück, erschaudere. Ich kann den Tinnitus deutlich vernehmen.

„Und was ist nun geschehen?" Haechans quengelnde Stimme zerreißt den unangenehmen Laut, meine zuvor verzogenen Gesichtszüge entspannen sich wieder. Umso mehr fühle ich nun das Bedrücken im Raum, wie das eiserne Schweigen mich wie Hände anfasst.

Schließlich ist Mark derjenige, der mit einem frustrierten Aufseufzen, die Wahrheit ausspricht. „Es war eine Falle und wir fielen darauf rein. Die zu schaden gekommenen Menschen bei den ersten beiden Bombenschlägen, wurden nur zu Opfern, damit wir das Flasche glauben." Gegen Ende seiner Aussage, wird er immer leiser. Der Schmerz und die Schuld hinter seinen Worten durchfahren mich wie ein Blitzschlag. Ich fahre zusammen. Yuta, der mir mittlerweile gegenübersitzt, bemerkt es als Einziger. Vorsichtig legt er seine Hand auf meine, seine dunkelgrauen Augen sehen mir lieblich entgegen. Es beruhigt mich so sehr, dass mir ein schwaches Lächeln gelingt. In Augenblicken wie diesen, die so hoffnungslos und traurig sind, ist die Verlockung groß, ihn daran zu erinnern, was ich für ihn empfinde. Ich liebe dich – ich denke es, doch kann es nicht sagen. Nicht hier. Nicht jetzt. Aber beim nächsten Wimpernschlag ist es vielleicht zu spät.

~

„Es ist gefährlicher, als wir vermutet haben." Taeyong läuft unruhig im Raum auf und ab, das Gesicht zu einer nachdenklichen Miene verzogen. Stunden sind seit unserer Ankunft vergangen und die beängstigende Nacht ist mittlerweile über uns hergefallen. Noch immer fehlt uns jeglicher Anhaltspunkt. Ratlos und ermüdet sitzen wir an unseren Schreibtischen, während unsere Augen träge Taeyongs Schritten folgen. Ebendiese werden zu einem ruhigen Rhythmus, eine Hintergrundmusik.

Jeder von uns, empfindet Taeyongs offensichtlichen Handlungsdrang als berechtigt. Selbst wenn 3XO mithilfe von Taeil und Johnny vieler der Menschen retten konnten, gab es dennoch einige Todesfälle. Zerfleischte Leichen, die man kaum noch als solche identifizieren konnte. Andere musste zum Schutz des Teams erschossen werden. Denn die Sicherheit des Teams ist das Wichtigste, wichtiger als unbedeutende Menschenleben.

Purple ExplosionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt