Irgendwie Fürchterlich

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Meine Füße tragen mich geschwind über den Asphaltboden. Die Nacht hängt über unseren Köpfen, stiehlt uns das Augenlicht. Wir rennen wie blinde Ratten in dem erbauten Labyrinth eines Labors – Yuta und ich. Doch als ich neben mich blicke, ist da niemand. Ich bin alleine auf dieser scheinbar unendlichen Straße, laufe alleine in dieser beängstigenden Dunkelheit.

„Stehen bleiben!", rufe ich keuchend dem Mann hinterher. Er läuft von mir davon, lässt sich jagen. Er gibt nicht auf, schlägt eine scharfe Kurve um eine Straßenecke. Er ist unglaublich schnell. Doch unseren Fingern wird er nicht entwischen. Denn die Wahrheit ist, dass die Nacht uns alle zu blinden Tieren macht. Wir sind alle in dem finsteren Labyrinth gefangen, in diesem jedoch jagen Wölfe eine Ratte ohne Füße.

Als ich um die Hausecke biege, läuft mir der Mann entgegen. In einer mittlerweile geübten Handbewegung richte ich die Pistole auf ihn. Seine Augen weiten sich erschrocken. In ihnen erglüht das Wissen, dass diese Nacht das letzte Kapitel des Buches seiner üblen Taten ist.

„Stehen bleiben", widerhole ich noch ein letztes Mal. Der Mann verzieht das Gesicht verbittert. Er präsentiert uns sein Widerwille deutlich, allerdings lassen wir ihm keine Wahl. Er ist in seine Sackgasse gelaufen. Yuta wartete auf der anderen Straßenseite auf den Verbrecher, während ich ihn in die Falle führte.

Ergeben sinkt er auf die Knie nieder und hält die Hände über den Kopf. Yuta nähert sich uns siegessicher, die Handschellen provokant in seinen Händen drehend.

„Deine Machenschaften haben nun ein Ende", verkündet ihm mein Freund während er die Handschellen um seine Gelenke schnappen lässt.

Die laufende Ratte wird nun zurück in ihren Käfig gebracht. Dieser Gedanke nimmt mir alle Last, erfüllt mich mit Erleichterung und einem reinen Gewissen. Seit drei Monaten nehme ich einen Auftrag nach dem anderen an, habe gesucht und gefunden. Und wieder haben wir gemeinsam eine gute Tat vollbracht, indem wir einen Dealer schnappten, der eine neuartige Droge unter die Menschen mischte. Eine Droge von der man viel zu schnell abhängig wird und die Menschen zum Kannibalismus anregt. Die Anzahl der Todesopfer war zwar gering, doch diese Menschen starben auf grausame Art und Weise. Ihre Gliedmaßen wurden abgenagt, ihr Gesicht verkratzt. Erst glaubte man, es sei ein wildes Tier gewesen, das die Opfer derartig verstümmelt hat. Die Täter waren keine Menschen mehr, die Droge hatte sie zu Monstern gemacht.

Still treten wir den Rückweg zu unserem Wagen an. Der Verbrecher hüllt sich in Schweigen, zieht dabei eine unglückliche Grimasse – das erkenne ich selbst unter dem fahlen Licht der Straßenlaternen. Meine Schritte werden schlurfend. Müdigkeit überrollt mich mit ihren schweren Lasten. Ich kann nicht leugnen, glücklich darüber zu sein, endlich beim Wagen anzukommen.

Stumm drehe ich mich zu Yuta um. Langsam fahren meine Finger in seine Hosentasche und klauben den Autoschlüssel heraus. Was das anbelangt, bin ich bei meinem Freund hemmungslos, das ändert in diesem Augenblick auch der verwirrte Gesichtsausdruck des Dealers nicht. Ich betätige den Knopf, die Autolichter blinken bestätigend.

„Willst du fahren oder soll ich?", fragt Yuta beiläufig, nebenbei verfrachtet er den Verbrecher auf die Rückbank und wirft lautstark die Autotür zu. Der Knall erschallt die ruhige Nacht wie eine Explosion. Ich fahre unweigerlich zusammen. Dies entlockt Yuta ein herzliches Lachen.

„Schon gut", meint er und knufft mich lieblich in die Seite, „Ich werde fahren, ansonsten baust du mir noch einen Unfall, so müde wie du aussiehst."

„Danke", murmle ich träge. Yutas weiße Zähne blitzen unter dem Laternenlicht auf. Der Schein offenbart sein warmes Lächeln in dieser ach so kalten Dunkelheit.

Purple ExplosionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt