Kapitel 2

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❝Appreciate good people. They are hard to come by.❞

Noch in der Umarmung fragte ich beide, was passiert sei. Doch gleichzeitig war ich erleichtert und glücklich, denn sie lebten und waren nun erst einmal in Sicherheit. Obwohl es mir schon Sorgen bereitete, dass weder Mason noch Zoe dabei waren, denn bei ihnen waren sie zuletzt. Vielleicht hatten sie sich ja verloren?

»Wir mussten aus Europa fliehen«, sagte Mary und schien weiter mit den Tränen zu kämpfen, weshalb ich ihr über den Rücken strich. »Mein Bruder könnte tot sein, Kayleight.« Diese Nachricht schockierte mich und einige Sekunden bewegte ich mich nicht. 

Dann löste ich mich aus der Umarmung und sagte ihr, dass es ihm schon gut gehe und er auftauchen würde. Doch sie schüttelte den Kopf. Jäger haben sie verfolgt, meinte sie. Mason sein getroffen wurden und er und Zoe sollen sich im Wald versteckt haben. Weder Jorge noch Mary glaubten daran, dass sie das überlebt haben könnten. 

Ich nahm beide mit hinein. Sollten sie ruhig etwas Blut trinken und sich ausruhen. Das hatten sie sich verdient. Ich würde bei Riley anrufen und mir heute frei nehmen. Er würde das verstehen. Vermutlich schickte er sogar  Arizona mit Thomas vorbei. 

Sie nahmen auf dem Sofa platz und ich reichte beiden Blut. Das schien ihnen etwas zu helfen. Zögernd kam, die bereits angezogene, Sydney raus. Justin musste ihre Haare ebenfalls gekämmt haben. Als sie erkannte, um wen es sich handelte, setzte sie sich lächelnd zu Mary.

Dann begrüßten sie sich mit ihrem gemeinsamen Handschlag, den sie zu Weihnachten erfunden hatten, bevor sie sich umarmten. Sydney mochte Mary sehr, was diese natürlich erfreute. Niemals hätte ich gedacht, sie sei so kinderlieb. 

Jorge hingegen begrüßte sie mit einem Handschlag. Vor ihm hatte sie einen gesunden Respekt, was vor allem Justin und mir verschuldet war. Jorge mag nicht so sein wie er es früher war, doch er konnte schnell die Geduld oder Lust an etwas verlieren. 

Als Justin Mary sah, umarmte er sie ebenfalls. Sie musste es ihm nicht erzählen. Ich würde das übernehmen, denn noch fiel es ihr viel zu schwer. Jorge begrüßte er, wie Sydney, mit einem Handschlag und einem Nicken. Dann frühstückten wir drei gemeinsam und sprachen mit Mary und Jorge ab, heute in ein Restaurant zu gehen. Sasha würde Babysitten müssen. Doch an einem Freitag sollte das kein Problem sein. 

Justin fuhr Sydney dann mit dem Auto zur Schule, bevor er selbst die Arbeit besuchte. Mary, Jorge und ich blieben zu dritt zurück. Beide halfen mir jedoch beim Aufräumen. Erst dann konnte ich mich ihnen ohne Ablenkung widmen und hörte mir jede noch so unwichtig klingende Sache an. 

Europa war schlimmer als befürchtet. Dort mussten die zwei täglich um ihr Leben fürchten. Vielleicht hatte sie das enger zusammengeschweißt. Dennoch waren wir überrascht gewesen, als wir erfahren hatten, dass Jorge und Mary ein Paar waren. Aber endlich war sie seit Samuel einmal wieder richtig glücklich. Und das war richtig so. 

Wie erwartet kam Arizona mit Thomas vorbei, nachdem ich Riley anrief. Auch sie versuchte, Mary zu trösten und ihr klarzumachen, dass Mason auch noch leben könnte. Doch wer wusste das schon in diesen Zeiten? Vielleicht war er ja bereits in den Staaten. 

Mit dem Kleinen spielten wir dann draußen. Sasha kam zu uns, wollte jedoch nichts von alldem hören. Er mag zwar sehr sehr alt sein, doch vom Verhalten her könnte man ihn einen Teenager nennen, der mit so etwas nichts am Hut haben will. Noch nicht. Doch das würde sich vielleicht ändern, wenn es auch hier umschlägt. 

Auf die Sache mit dem Babysitten reagierte er gelassen und ich wusste von heute Morgen, dass auch Sydney sich etwas freute. Denn sie durfte Freitags auch noch eine weitere Sendung nach dem Sandmann gucken und da war Sasha meist schon weg. Nur heute nicht. 

* * *

Am Abend gingen wir durch die Straße. Arizona und Riley konnten uns beide nicht begleiten. Riley musste morgen in der Firma sein und Arizona konnte Thomas nicht alleine lassen. Und im Gegensatz zu mir wollte sie nicht, dass Sasha auf den Kleinen aufpasste. 

Also waren wir nur zu viert. Mary und Jorge liefen vorwärts. Es war seltsam, beide Händchen haltend zu sehen, doch wir würden uns schon daran gewöhnen. Mary mit einem neuen Partner war nichts ungewöhnliches. Auch wenn es nach Samuel etwas gedauert hatte. Sie hatte ihn wirklich geliebt. 

Den Tisch hatte ich heute Vormittag reserviert. Er war am Fenster und wir konnten die vorbeilaufenden Menschen betrachten, wenn wir denn wollten. Doch das war heute Nebensache, auch wenn wir Menschen im Auge behalten mussten. 

»Ihr hättet in Europa sein müssen. Es ist schrecklich«, berichtete Jorge und wirkte sichtlich mitgenommen. Und, das soll nicht falsch klingen, wenn es ihm nicht gefiel, dann musste es grausam sein. Denn Jorge war selbst nicht gerade der Freundlichste. 

»Was ist alles passiert?«, fragte ich, nachdem der Kellner uns Wein gebracht hatte. Mary trank einen Schluck und wollte offensichtlich nicht darüber reden, weshalb sie Jorge sprechen ließ. »Offene Jagd auf alle möglichen Wesen. Selbst Feen. Nur bei Hexen wissen wir nichts genaues.«

Feen? Sie waren die friedlichsten Wesen unter allen. Natürlich gab es auch dort Ausnahmen, doch das war weniger gravierend als ein Amok laufender Vampir in einer Großstadt oder ein Werwolf bei Vollmond. Feen töten nicht aus Vergnügen. Nur im Notfall. Das war allgemein bekannt, doch den Menschen schien das fremd zu sein. 

»Die Schwänze der Meerjungfrauen werden in einigen Staaten als Essen verkauft«, sagte Mary und wirkte sichtlich angewidert. Und das war nachvollziehbar. Warum sollte man so etwas tun? Taten sie das aus Rache, weil Meerjungfrauen Menschenfleisch benötigten? Um ihnen zu zeigen, wie das ist?

Das ist doch nicht der richtige Weg. Die Wesen der Nacht zu provozieren ist riskant. Die einzelnen Spezies reden zwar kaum miteinander, doch der Feind meines Feindes ist mein Freund, richtig? Wenn sie in Europa überhaupt noch die Chance dazu hatten. 

»Cress ist in Europa«, gab ich zu bedenken. Automatisch war mir der Appetit vergangen, denn wir hatten Fisch bestellt. Wir mussten Cress herholen. Sie hatte uns beigebracht, wie man Meerjungfrauen über einen See rufen kann. Genau das würde ich heute noch tun. Sie durfte nicht sterben, denn sie hasste sich selbst für ihr dasein. 

Justin versuchte mir weiß zu machen, dass es ihr gut ging, denn sie habe noch gestern mit uns telefoniert. Doch das war gestern. Wie schnell konnte es sich verschlimmern? Was, wenn sie im falschen Staat war? Die ganze Sache begann, mich fertig zu machen. 

Nach dem Essen - den Fisch hatte ich weggelassen - gingen wir Nachhause. Wir hatten uns entschlossen, Cress morgen zu kontaktieren und erst einmal schlafen zu gehen. Am Haus angekommen, hielt Jorge uns allen die Tür auf. Ich ging bewusst als letzte hinein und blieb im Türrahmen stehen. 

»Danke«, sagte ich und schien ihn damit zu verwirren. »Mary musste das alles in Europa nicht alleine durchmachen«, meinte ich dann. »Sie hatte dich. Erst war ich skeptisch wegen eurer Beziehung. Jetzt bin ich dankbar dafür.« Daraufhin schenkte er mir ein kleines und untypisches Lächeln. Doch er sagte nichts dazu und wir gingen hoch zu unserer Wohnungstür, die Justin bereits aufgeschlossen hatte. 

Im Wohnzimmer waren er und Mary gerade dabei, die Couch auszuziehen, auf der Sasha gesessen zu haben schien. Er nickte mir kurz zu und machte dann Anstalten, die Wohnung zu verlassen. Doch dann kamen die Nachrichten und wie gebannt setzte er sich zu uns. Der Präsident würde heute verkünden, wie die USA zu den Verbrechen gegen die übernatürlichen Wesen steht.

dark end ➹ j.b ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt