Chapter 8

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Der Dämon kam langsam auf mich zu und ich sag sein schreckliches Gesicht vor mir. Es war verzerrt und sein Mund war zu einen stummen Schrei verzogen, als würde er mich anschreien wollen. Seine Augen leuchteten blutrot und schienen sich durch mir hindurch zu bohren.
Ich schrie und rannte. Ich rannte so schnell wie ich konnte, aber ich bewegte mich einfach nicht vom Fleck. Es war so, als würde ich auf einem Laufband laufen und niemals vorwärts kommen.
Der Dämon hingegen kam immer näher und war bald bei mir. Seine Arme streckten sich nach mir aus und wollten mich würden.
Ich schrie immer lauter, aber kein Ton kam raus, niemand konnte mich hören. Verzweifelt rannte ich schneller, knickte aber um. Mein Herz raste und ich wollte wieder aufstehen, um zu fliehen, aber ich konnte nicht. Meine Knöchel tat unglaublich weh und ich konnte mein Fuß nicht bewegen.
Plötzlich fühlte ich, wie sich etwas kaltes um mein Hals wickelte und die roten Augen sich in meine bohrten.
"Nein!", schrie ich und riss meine Augen auf. Ruckartig setzte ich mich auf und schnappte hektisch nach Luft. Mein Herz raste und ich hörte das rauschen meines Blutes durch meine Ohren.
Für eine Sekunde spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Fußgelenk und ich zuckte kurz zusammen.
Mit einem lauten Knall ging meine Zimmertür auf und mein Herz blieb für eine Sekunde stehen. Logan kam mit Ann in mein Zimmer gestürmt und beide sahen alarmiert aus.
Als sein Blick auf mir fiel, kam er schnell zu mir und setzte sich zu mir ans Bett. Zu meiner Überraschung zog er mich in seine Arme und drückte mich fest an sich.
Ich konnte aber keinen klaren Gedanken fassen, nicht so wie beim letzten Mal. Vor mir sah ich immer noch diese Bilder und ich spürte immer noch die gruselige Kälte, als der Dämon mich packen wollte. Seine Augen, die sich in mich hineinbohrten.
"Alice, konzentriere dich nur auf mich", hörte ich Logan sanft, aber bestimmend sagen. "Ich bin bei dir."
Zitternd versuchte ich mich auf Logan zu konzentrieren. Meine Hand lag auf seiner Brust und ich spürte das leise, regelmäßige pochen seines Herzens. Ich nahm tiefe Atemzüge und sein Duft umhüllte mich Stück für Stück.
Logans Herzschlag schien sich auf meinen zu übertragen und ich beruhigte mich langsam. Die Bilder vor mir verblassten und nach einer Zeit kamen sie mir nur noch weit entfernt vor.
"Es ist alles okay", sagte er mit seiner tiefen Stimme und strich mir langsam durch meine Haare.
Erst als ich mich vollkommen beruhigt hatte, bemerkte ich, wie einzelne Tränen über meine Wange liefen.
Am liebsten würde ich noch länger in seinen Armen liegen, aber nach einer Zeit drückte Logan mich langsam von sich, um mir in die Augen zu sehen. Eine Hand legte er an meine Wange und strich mir mit den Daumen die Tränen weg. Automatisch legte ich meine Wange in seine Hand und genoss die Wärme seiner Hand.
Für einen kurzen Moment hielt er inne und entzog mir langsam seine Hand.
"Du solltest dich heute einfach nur ausruhen. Für heute und morgen sind deine Stunden gestrichen", teilte mir Logan mir und stand vom Bett auf. "Dein Essen wird dir aufs Zimmer gebracht und wenn du etwas braucht ist Ann für dich da."
Ich nickte und sah zu, wie Logan zur Tür ging. Am liebsten würde ich nach ihm rufen und ihm sagen, dass er bleiben soll, aber etwas in mir sagte, dass ich das besser nicht machen sollte. Wenn ich nach ihn rief war ich mir sicher, dass er nicht bei mir bleiben würde. Logan hatte immer viel zu tun. Bis jetzt hatte ich ihn nie gesehen außer zu dem Mahlzeiten, heute ausgenommen.
Nachdem Logan das Zimmer verlassen hatte, kam Ann sofort zu mir und setzte sich an die Stelle, wo Logan eben noch saß. Ann nahm meine Hand und drückte sie fest.
"Ist wirklich alles in Ordnung? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht", meinte sie und musterte mich besorgt.
"Es geht mir gut", meinte ich und versuchte sie anzulächeln. Anscheinend gelang es mir nicht so gut, denn sie sah mich noch besorgter an.
"Wirklich", versicherte ich ihr noch mal.
"Okay...", sagte sie zögernd. "Warte kurz, ich bringe dir dein Essen hoch."
Ich nickte und Ann verließ mein Zimmer. Wenig später kam sie mit einen Wagen voller Essen wieder und brachte es mir zu Bett. Es war mehr Essen als ich jemals essen konnte und ich war gerade auf Diät, also durfte ich nicht so viel essen.
Langsam fing ich an meine Tomatensuppe zu essen und sah immer wieder zu Ann rüber, die mich die ganze Zeit beobachtete. Ich fühlte mich nicht ganz wohl, wenn sie mich die ganze Zeit ansah und es gab mir das Gefühl mehr essen zu müssen, damit sie aufhört mich anzusehen.
Nachdem ich fertig mit der Suppe war, schob ich alles bei Seite. "Ich möchte nichts mehr essen", sagte ich ihr.
"Was? Nur so wenig? Iss doch noch mehr, du musst bei Kräften bleiben", meinte Ann und schob mir noch ein Teller Spaghetti rüber.
"Das ist viel zu viel." Ich schob den Teller wieder weg und sah Ann flehend an. "Niemand kann so viel essen."
"Mister Logan wird aber nicht sehr erfreut sein zu hören, dass sie wieder nur so wenig gegessen haben. Er hat extra angeordnet, dass die Köche sich besonders viel Mühe geben müssen."
"Ich möchte aber wirklich nichts mehr essen." Flehend sah ich sie an und hoffte, dass sie mir das Essen nicht mehr aufzwingen würde. Schließlich seufzte sie und legte die Spaghetti zurück auf den Wagen.
"Dann trinke zumindest den Orangensaft", sagte Ann und ich trank ihn ohne mich zu beschweren.
"Gehe dich kurz frisch machen und ich bringe schnell den Wagen weg und komme dann noch mal nach dir sehen."
Als Antwort nickte ich einfach nur und stieg aus dem Bett. Ann sah aus, als wollte sie mir zum Badezimmer helfen, aber ich gab ihr ein Zeichen, dass es nicht nötig war. So schwach war ich nicht.
Im Badezimmer duschte ich mich, wusch mein Gesicht, putzte meine Zähne und zog mir etwas gemütliches an.
Danach ging ich wieder ins Zimmer und setzte mich an meinen Frisiertisch. Aus der Schublade nahm ich mir meinen Föhn und fing an meine Haare zu föhnen.
Wenig später kam Ann wieder ins Zimmer und stellte sich zu mir. "Lass mich dir helfen", meinte sie und wollte mir den Föhn abnehmen.
"Danke, aber das musst du nicht machen, ich kann das selber", lehnte ich schnell ab und föhnte meine Haare weiter.
"Bitte, lass mich das für dich machen." In ihren Augen konnte ich Trauer erkennen, die sehr tief lag. Wenn sie mich so ansah, konnte ich nicht nein sagen und überreichte ihr den Föhn. Für eine Weile sagte niemand was und alles was man hören konnte war das Geräusch vom Föhn.
Nachdem Ann mit dem Föhn fertig war, nahm sie sich die Bürste und bürstete mir mein rotes Haar. Ich beobachtete sie genau und konnte in ihren Augen sehen, dass sie über etwas traurig war, aber gleichzeitig auf Freude.
"Du hast bestimmt schon vom Dämonenangriff damals gehört", begann Ann plötzlich. "Bei dem Angriff sind viele Menschen gestorben, darunter auch meine Tochter. Sie war im gleichen Alter wie Mister Logan und beide waren sehr eng befreundet.
Damals habe ich auch immer ihre Haare getrocknet und gebürstet. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht."
Anns Augen wurden glasig und ich konnte erkennen, dass sie sich an die Zeit zurück erinnerte. Es musste bestimmt schrecklich für sie gewesen sein ihr Kind zu verlieren.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mich als Ersatz für ihre verstorbene Tochter sah, was ich nicht so schlimm fand. Ich wusste wie es war jemanden zu verlieren. Zuerst waren es meine Eltern, dann Josh. Zum Glück hatte ich noch Page gehabt, die bei mir war. Sie hatte mir das Gefühl von Geborgenheit gegeben, die mir meine Eltern und Josh nicht geben konnten.
Soweit ich es mitbekommen hatte, war hier kein anderes Mädchen als mir. Vielleicht erinnerte ich sie an ihre Tochter und sie möchte sich um mich kümmern, als wäre ich ihre eigene Tochter.
"Austin kann sich dann wohl nicht mehr an seine Schwester erinnern", sagte ich mehr zu mir selbst als zu Ann.
"Austin habe ich erst einige Jahre später adoptiert", erzählte sie mir, was mich überrascht. Austin sah ihr ähnlich mit den hellbraunen Haaren und den weichen Gesichtszügen. "Ich weiß, was du jetzt denkst. Viele denken, dass er mein echter Sohn ist, weil er mir so ähnlich sieht.
Weißt du, ich war heute ziemlich überrascht", wechselte Ann das Thema.
"Überrascht?", hakte ich nach.
"Ja, seit dem Angriff war Mister Logan immer distanziert gewesen und hat niemanden an sich rangelassen. Um sich selber zu schützen war er immer kalt zu allen um sich herum und hat sich nicht erlaubt irgendwelche Gefühle zu zeigen, damit die anderen Dämonenjäger keine schwäche bei ihm finden konnten.
Seit dem du hier bist scheint Mister Logan weniger gestresst zu sein und als er darauf gewartet hat, habe ich ihm zum ersten Mal nervös und aufgeregt gesehen - auch wenn er es versucht hat zu verstecken."
Auch wenn ich Logan noch nicht lange kannte, konnte ich mir schlecht vorstellen, dass er nervös oder aufgeregt war.
Die Zimmertür ging auf und Nicolas kam ins Zimmer hinein. Er kam auf und zu und stelle sich neben Ann.
"Wie geht es dir?", fragte er mich und sah mich mit seinen warmen Augen an.
"Gut", antwortete ich und zuckte mit den Schultern.
"Das ist gut. Du musst dich ausruhen. Es muss ziemlich hart für dich gewesen sein. Ich würde gerne sagen, dass das eine Ausnahme war, aber so etwas ist nicht selten bei uns", teilte Nicolas mir mit. "Nach einer Zeit lernst du damit umzugehen."
Ich nickte einfach nur. Bei den Gedanken, dass das noch mal passieren könnte, bekam ich Gänsehaut. Noch schrecklicher fand ich, dass Logan und alle anderen Dämonenjäger damit aufgewachsen sind. Wie verstörend musste es gewesen sein als ein Kind sowas zu sehen? Am liebsten würde ich sofort hier raus, aber ich konnte nicht. Ich musste Josh finden.
"Wir sollten jetzt gehen und ihr Zeit zum verarbeiten geben", sagte Nicolas zu Ann und sie nickte. Ann sah mich noch ein letztes Mal besorgt an, bevor sie mit Nicolas mein Zimmer verließ.

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