Kriegswunden

3.1K 121 2
                                    

Hermines pov:

Ron nahm mich nach dem Kuss lange in den Arm. Als er anfing meinen Rücken zu streicheln und meinen Hals mit Küssen zu bedecken, wusste ich genau was er wollte.
Doch ich konnte das nicht. Langsam drückte ich ihn von mir weg.
"Ron bitte, ich bin wahnsinnig müde heute okay?"
Geknickt lächelte er.
"Verstehe. Kein Problem. Ich gehe schon mal ins Bett. Bis später."
Er gab mir einen letzten Kuss auf meinen Scheitel und ging.
Als er die Tür hinter sich schloss, ließ ich seufzend meinen Kopf in meine Hände fallen.
"Er ist nicht der Richtige oder?"
Beim sprechenden Hut, Harry stand vor und ging auf den leeren Sessel in dem vorher Ron saß zu und ließ sich hinein fallen.
"Ich bin nur erschöpft. War ein langer Tag. Mittlerweile wird es auch schon hell."
Harry griff sich an seine Brille und rückte diese zurecht.
"Du hast es damals ernst gemeint oder? Als du sagtest du liebst Ron nicht?"
Erschrocken sah ich meinem besten Freund in seine grünen Augen.
"Ich war damals bloß etwas verwirrt."
Er musterte mich aufmerksam und legte nachdenklich seine Finger an die Lippen.
"Du warst wegen ihm im Gewächshaus. Was wolltest du mit ihm besprechen?"
Ich wurde wütend und rutschte in dem Sessel unruhig hin und her.
"Was soll das werden Harry? Sitze ich hier in einem Verhör? Ich wüsste nämlich nicht was es dich angeht!"
Er stand auf, klopfte mir auf die Schulter und ging ebenfalls in das Gästezimmer.
"Du hast Recht Hermine, es geht mich nichts an. Hauptsache du wirst glücklich."
Dass er so plötzlich ging irritierte mich, diesen Unterton in seiner Aussage bemerkte ich jedoch deutlich.
Hauptsache du WIRST glücklich.
Weiß er etwa, dass ich es nicht bin? Oder meint er eine Verbesserung in der Beziehung mit Ron?
Ich hatte es satt nachzudenken, sollte doch einfach passieren was passiert.
Also stand ich auf und ging ins Bett. Neben der Tür die in das Gästezimmer für die Jungs führte, entstand eine weitere mit einer Löwin drauf. Also ganz eindeutig meines.

Am nächsten Morgen, saß ich mit Harry und Ron am Gryffindortisch und frühstückte. Professor McGonagall hatte uns angeboten mit am Tisch der Lehrer zu sitzen, doch ich genoss das vertraute Gefühl des großen Tisches, mit den alten Plätzen.
"Hey Leute! Na bereit für euren Auftritt?"
Neville! Ihn hatte ich ja total vergessen. Er ist jetzt als Lehrer in Kräuterkunde tätig.
"Hallo Neville, wie gefällt dir deine Lehrertätigkeit?"
Er strahlte über das ganze Gesicht.
"Es ist super. Ich bin so froh, dass Professor McGonagall mich gefragt hat ob ich für Professor Sprout einspringe!"
Soweit ich weiß, ist diese zur Zeit auf einer Auslandsreise und erforscht eine neue Art von Himbeeren die ihre Wurzeln nach Insekten schlagen lassen.
"Bist du eigentlich auch Hauslehrer?"
Die Frage kam von Harry. Ron war damit beschäftigt seinen Teller mit Bergen an Toast zu befüllen.
"Nur übergangsweise. Es kursiert allerdings das Gerücht, dass Professor Sprout kürzer treten will, vielleicht darf ich dann bleiben! Na gut Leute, ich muss wieder, ach und Hermine, schön, dass du wieder wohl auf bist."
Wenig später war das Frühstück beendet. Von sämtlichen Tischen verschwand das Essen und auch der Lehrertisch löste sich in Luft auf. Die Lehrer ließen ihre Stühle an die Seiten schweben und setzten sich in einem Halbkreis um das Podest. In der Mitte des Podests erschien ein Tisch mit drei Stühlen, der auf die Häusertische gerichtet war.
"Das wird wohl unser Platz sein."
Harry klang etwas nervös und wischte sich seine Hände an der Hose ab.
Professor McGonagall trat vor den Tisch und erhob ihre Hände. Augenblicklich wurde es still.
"Liebe Schülerinnen und Schüler, wie ihr wisst, hat sich die Schlacht um Hogwarts wieder gejährt. Deshalb haben wir das goldene Trio unter uns. Ich habe Sie hergebeten um Ihnen einmal ganz genau zu erzählen, was während der Horkruxjagd und des Krieges geschah. Heißt sie herzlich Willkommen!"
Im Saal wurde laut applaudiert. Professor McGonagall ging um den Tisch und zeigte mit einer Geste, dass wir Platz nehmen sollten.
Harry setzte sich in die Mitte, Ron und ich jeweils rechts und links daneben. So konnten wir auf hunderte Augenpaare hinab sehen.
"Nun vielen Dank, dass wir hier sein dürfen. Hogwarts wird immer unser Zuhause sein."
Und dann begann Harry zu erzählen, wie er im zweiten Jahr den ersten Horkrux, das Tagebuch, zerstörte, wie er mit Dumbledore sprach und auf Suche ging, wie wir nach seinem Tod auf Reisen gingen. Hin und wieder hakte Ron sich ein und sprach von den Gefahren durch Greifer und betonte wie aufregend unser Abenteuer war. Mir stellten sich dabei die Nackenhaare auf. Wie konnte man das als Abenteuer betiteln?
Als wir bei der Schlacht angelangt waren, war es immer noch totenstill. Jeder lauschte gespannt den Erzählungen. Selbst die Lehrer, die größtenteils dabei waren, hingen an Harrys und Rons Lippen. Ich sah währenddessen aus dem Fenster. Darüber nachzudenken oder zu reden brachte sowieso nichts. Die Toten bleiben tot und jeder von uns war ein gefallener Krieger. Ja wir leben noch, aber was uns genommen wurde, bekommen wir nie wieder zurück.
"Hermine wie es hast du wahrgenommen?"
Irritiert schüttelte ich meinen Kopf.
"Was? Wie bitte? Ich war in Gedanken, Entschuldigung."
"Eine Schülerin fragte wie du es wahrgenommen hast?"
Als ich nach vorn blickte, sah ich die Schülerin. Das Mädchen hatte sich erhoben und stand am Ravenclawtisch, wartend auf meine Antwort.
"Um ehrlich zu sein..."
Ich atmete tief durch. Dieses Thema besprach ich nicht gern, sondern verdrängte, dass es überhaupt passiert war.
"...es war kein Abenteuer, es war ein Alptraum. Jedesmal wenn man apparierte wusste man nicht was einen erwartet. Jedesmal haben wir mindestens vier verschiedene Schutzzauber ausgeführt, in der Hoffnung nicht gesehen oder gehört zu werden. Immer musste einer Wache halten und dennoch konnten wir anderen nicht schlafen. Natürlich klingt das alles aufregend und spannend. Aber so war es nicht. Wir waren ständig auf der Flucht. Wir durften nicht gesehen werden. Wir hatten ständig Angst. Ein Fehler und es hätte das Letzte sein können, was man getan hat!"
Ron, Harry und alle anderen sahen mich erschrocken an. Harry tätschelte meinen Arm.
"Hermine, ich glaube wir haben verstan-..."
"Verstanden? Nein! Keiner versteht das Harry! Wir haben jeden verdammten Tag unser Leben riskiert. Ich habe meine Eltern obliviiert damit Todesser mit ihnen nichts anfangen können und sie in Ruhe lassen. Ich habe Feinde sterben sehen. Und weißt du was? Ich habe mich damals darüber gefreut, aber es waren Menschen! Wir sind alle bloß Mörder! Wir haben so viele Freunde verloren! Tonks, Lupin, Fred -..."
Ron schluchzte laut auf. Der Verlust des Bruders und Kindes war immer noch schwer für die Weasleys.
"Wir sind vielleicht das goldene Trio, vielleicht sogar sowas wie Helden, aber an unseren Händen und vor allem an unseren Herzen klebt Blut. Wir leben noch, aber etwas ist in uns allen gestorben! Denkt daran, wenn ihr nachts beruhigt schlafen könnt!"
Ich schrie bereits, doch es war mir egal. Als ich mit meinem Wutausbruch am Ende war, verließ ich eilig die große Halle und ging zum schwarzen See.
Dort angekommen sackte ich auf meine Knie und hyperventilierte. Die Bilder des Krieges und der Verluste strömten wieder auf mich ein. Ich roch das Blut, hörte die Schreie, spürte die Angst. Meine Narbe begann erneut zu bluten. Es war als würde Bellatrix wieder über mir hocken. Diese Hilflosigkeit überfiel mich.
Dann spürte ich wie mich jemand in seine Arme zog. Für einen kurzen Augenblick dachte ich sehnlichst es wäre Draco, bis ich die roten Haare sah. Ginny.
"Es geht mir genauso. Jeden Tag den ihr unterwegs wart, habe ich gefleht, dass es euch gut geht. Ich hatte solche Angst euch zu verlieren. Die drei wichtigsten Menschen in meinem Leben, meine große Liebe, mein Bruder und meine beste Freundin, waren monatelang verschollen..."
So lagen Ginny und ich weinend in den Armen der Anderen. So sehr ich es genoss, dass meine beste Freundin mich nicht mehr verachtete, so sehr wünschte ich mir Draco an meine Seite.

Dramione - Weil Ich Dich LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt