Zweite Entschlüsse

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Hermines pov:

Als ich meine Augen öffnete starrte ich an eine hohe gewölbte Decke. Zunächst war ich irritiert, doch als ich mich umsah und weiße Betten entdeckte, erkannte ich es.
Der Krankenflügel in Hogwarts.
Mir wurde schlagartig bewusst weshalb ich hier war. Draco.
Normalerweise sollte man doch jetzt Trauer fühlen oder?
Oder sowas wie Enttäuschung?
Doch ich fühlte nur unbändige Wut. Sie kochte regelrecht in mir.
Am liebsten würde ich mit Flüchen um mich werfen. Doch dann wäre ich das Ziel...
Ich bin nicht wütend auf Malfoy. Sondern auf mich selbst.
Ich war dumm und schwach. Und mich auf den Eisprinzen einzulassen war idiotisch. Er hingegen, war ein Arsch wie er es ist immer schon war. Ja, er hat ein Spiel mit mir gespielt. Alles nur um Spaß zu haben. Doch er ist ein Malfoy, also ist das eigentlich alles nur logisch.
Und ich, Hermine Granger, habe das nicht gesehen und hätte es doch wissen müssen. Wenn dieses widerwärtige Frettchen mir nochmal über den Weg läuft, werde ich ihn so stark mit Flüchen bombardieren, dass man ihn in Stückchen zum Heiler bringen kann.
Erst jetzt bemerkte ich, dass meine rechte Hand von etwas schwitzigem festgehalten wurde. Als ich meinen Kopf in diese Richtung drehte, sah ich auf einen roten Wuschelkopf.
Ron.
Er saß schlafend neben mir in einem Stuhl. Den Kopf und die Arme auf das Bett gelegt. Leise schnarchend hielt er meine Hand fest.
Mist!
Ich hatte ganz vergessen, dass er hier war. Jetzt würden wir aufeinander treffen. Was sollte ich ihm denn nur sagen?
"Er war die ganze Zeit bei dir."
Erschrocken blickte ich zum Ende des Bettes. Dort stand Harry. Ihn hatte ich völlig übersehen.
"Harry! Wie lange stehst du schon dort?"
Seine grünen Augen waren sanft und er lächelte. Es beruhigte mich und meine Wut verebbte.
"Ich bin gerade erst gekommen. Komisch, dass du mich nicht gehörst hast, du kriegst doch sonst alles mit."
Er lachte und legte seinen Kopf schief. Diese Geste wirkte herzlich. Wieso hatte ich das Gefühl sie nicht zu verdienen.
"Hermine! Du bist wach!"
Ron ist aufgewacht. Er sah mich bemitleidend an und drückte meine Hand fest.
"Gut, ich geh dann mal wieder, damit ihr reden könnt."
Harry wandte sich ab und ging. Am liebsten hätte ich ihm hinterher geschrien, dass er bleiben soll. Ich wusste doch nicht was ich sagen sollte...
"Hermine, wie geht es dir? Du wurdest ohnmächtig von Hagrid im Gewächshaus gefunden. Madame Pomfrey sagt, dass du unterkühlt und leicht dehydriert warst."
Oh. Stimmt, ich habe wohl glatt vergessen etwas zu trinken.
Ich konnte Ron nicht ansehen und drehte meinen Kopf zur Decke. Womit hatte ich seine Fürsorge verdient? Ich habe ihn vor allen Freunden und der gesamten Familie bloß gestellt, ihn mehrere Tage damit allein gelassen und ihn dann zur Krönung auch noch mit Malfoy betrogen. Ich war widerlich. Ich ekelte mich vor mich selbst und hatte den großen Drang zu duschen. Doch dieses Gefühl von Schmutz haftete nicht auf meinem Körper. Es klebt auf meiner Seele.
"Brauchst du noch Ruhe? Soll ich Madame Pomfrey holen?"
Sanft streichelte er meine Hand und ich verachtete mich noch mehr. Ron war ein wunderbarer Kerl. Ich verdiene ihn nicht.
"Nein danke Ron. Ich muss nur langsam zu mir kommen. Gibst du mir noch bitte etwas Zeit, ich komme dann nachher zu dir."
Er lächelte mich mit seinem typischen Ron-Lächeln an. Es sollte mir mitteilen, dass alles in Ordnung sei.
"Na klar, kein Problem. Harry und ich sind im Gryffindorturm untergebracht. Da gibt es ein Besucherzimmer, wusstest du das? Ist mir noch nie aufgefallen. Na gut, bis nachher dann."
Ron erhob sich, drückte mir sanft einen Kuss auf die Stirn und ging. An der Tür drehte er sich nochmal kurz um.
"Ich habe dich vermisst."
Er lächelte erneut und schloss dann die Tür hinter sich.
Bei meinem verknoteten Zauberstab, wie konnte ich so widerlich sein?!
Wie konnte ich Ronald nur so etwas antun?!
Ich drehte mich auf den Bauch, schrie in mein Kissen und schlug auf das Bett ein. Wie konnte ich nur?
"Miss Granger, ich muss doch sehr bitten! Wenn es Ihnen jetzt besser geht, dürfen Sie gern diesen Flügel verlassen, aber haben Sie Rücksicht mit dem Bett!"
Madame Pomfrey stand mit den Armen in die Hüften gestemmt vor mir. Neben ihr schwebte eine große Flasche mit einer violetten Flüssigkeit.
"Entschuldigen Sie bitte."
Ich setzte mich auf die Bettkante. Augenblicklich bemerkte ich, dass ich nicht mehr meine Kleidung sondern ein helles Nachthemd trug.
"Ihre Kleidung war furchtbar kalt und etwas durchnässt. Ich habe Sie umgezogen, damit Sie keine Erfrierungen bekommen. Wie fühlen Sie sich?"
Nickend nahm ich das zur Kenntnis.
"Es geht mir soweit gut. Ich bin nur sehr erschöpft und fühle mich etwas benebelt."
Der schwebende Trank kam auf mich zu. Aus dem Nachttisch neben mir flog ein Glas in meine Hand. Die violette Flüssigkeit befüllte dieses bis zur Hälfte.
"Das ist Aufpäppeltrank, dann geht es Ihnen gleich besser. Sogleich dürfen Sie den Krankenflügel auch verlassen. Dieser Koffer ist vor kurzem für Sie geschickt worden. Sobald Sie dann soweit sind, wartet Professor McGonagall in Ihrem Büro auf Sie. Das Passwort lautet 'Denkarium'."
Madame Pomfrey nickte zum Abschluss und ging.
Ich setzte das Glas an und trank es in einem Zuge leer. Das war bei Madame Pomfreys Tränken war das immer am besten.
Mir wurde also ein Koffer geschickt, damit ich auch nicht auf die Idee kam, den Tropfenden Kessel erneut zu betreten...
Am Ende des Bettes stand ein großer schwarzer Koffer. Bei genauerem Hinsehen, konnte ich ein kleines Slytherinwappen entdecken. Malfoy!
Sofort stieg die Wut in mir auf. Wie konnte er es wagen meine Sachen in so einen Koffer zu packen!
Mein Zauberstab, der auf dem Nachttisch lag, beförderte den Koffer auf das Bett. Ich stand langsam auf und entschloss mich dazu mich erstmal frisch zu machen.
"Madame Pomfrey? Darf ich hier das Badezimmer nutzen?"
Ich schrie quer durch den Raum. Zum Glück war ich hier die einzige Patientin.
Ein lautes "Ja!" wurde zurück geschrien.
Schmunzelnd suchte ich meine Kleidung zusammen und fand einen kleinen Zettel auf dem in krakeliger Schrift geschrieben stand:

Liebe Ms. Granger,
leider kann ich Ihnen keinen anderen Koffer zur Verfügung stellen.
Es ist schade, dass wir uns nicht verabschieden konnten.
Ich wünschen Ihnen für die Zukunft das Beste!
Liebe Grüße
Tom

Das war sehr liebenswert und zauberte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen. Vielen Dank Tom. Ich faltete den Zettel und steckte ihn in meine Handtasche. Über die freundliche Nachricht schmunzelnd nahm ich meine Kleidung und ging ins Badezimmer.
Als ich einen Blick in den Spiegel warf, hätte ich beinahe los geschrien. Ich sah furchtbar aus. Meine Haare waren zerzaust, meine Augen rot und geschwollen, mein Gesicht war fahl und ich hatte dunkle Schatten unter den Augen. Zeit für eine lange heiße Dusche.
Ich bestieg die Kabine und ließ mich vom heißen Wasser massieren.
Es war als würde dies sämtliche Fragen und Unklarheiten hinab spülen.
Als ich die Kabine wieder verließ, hatte ich Antworten gefunden und mehrere Entschlüsse gefasst.
Erstens: Ich werde nochmal zum Tropfenden Kessel gehen.
Zweitens: Ich werde Malfoy eine Ohrfeige verpassen, die ihn zurück in das Jahrhundert der Hexenverbrennungen schleudert.
Und Drittens: Ich werde mit Ron reden.
Nun ja, diese Punkte lassen sich wahrscheinlich nicht in der angedachten Reihenfolge bewältigen, aber das ich zunächst nebensächlich.
Nach einem Zauber, der mich wieder ansehbar erscheinen und meine Haare in schönen Wellen über meine Schultern fallen ließ, zog ich mir eine schwarze enge Hohe, ein dunkelrotes Top und meinen senfgelben Cardigan an. Lächelnd sah ich in den Spiegel.
Jetzt geht es nur noch vorwärts.

Dramione - Weil Ich Dich LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt