Hallo fremde Erdenbürger,
mir ist aufgefallen, dass ich mich in meinem ersten Brief überhaupt nicht vorgestellt habe. Das ist ein wenig unhöflich von mir. Allerdings habe ich mir dann gedacht, dass ihr mich nicht kennen müsst, da ich euch ja auch nicht kenne. Wer weiß, vielleicht findet irgendein Außerirrdischer später mal die Kiste mit den Briefen (sollte dies der Fall sein, entschuldige ich mich für die Anrede) und lernt die schönen Seiten des Lebens kennen. Wie ihr ja schon erfahren habt, wenn ihr meinen ersten Brief gelesen habt, habe ich Krebs und bin seit zwei Wochen und mittlerweile 5 Tagen im Krankenhaus. Vielleicht interessiert dich ja, ob ich herausgefunden habe, woher die Flecken kamen. Leider kann ich noch nicht mit einer Antwort dienen, den Pudding kann ich allerdings ausschließen. Auch am 19ten Tag meines Aufenthaltes hier gab es keinen Pudding. Und langsam fange ich an das Essen meiner Mutter zu vermissen. Wobei, wenn ich so darüber nachdenke vermisse ich nicht das Essen, sondern die Nähe zu meiner Familie. Sie kommen nur selten zu Besuch und auch sonst bekomme ich kaum Besuch. Nur mein bester Freund, der kommt jeden zweiten Nachmittag vorbei. Gestern hat er mir ein neues Buch mitgebracht. Ich weiß nicht, vielleicht kennst du ja das Buch „Der geheime Schlüssel zum Universum". Ich bin erst auf Seite 50 angelangt, aber bisher finde ich es ganz schön. Ich mag das Universum. Oh, aber eigentlich mag ich die Sterne noch viel mehr. Vor ein paar Jahren habe ich mit Lasse, so heißt mein bester Freund, ein Baumhaus gebaut und dort haben wir nachts den Sternenhimmel beobachtet. Hier in der Stadt, sieht man die Sterne nicht so gut, das ist ziemlich schade. Irgendwann, da möchte ich mal zu den Sternen reisen. So wie der kleine Maulwurf in seiner weißen Rakete. Früher war das mein Lieblingsbuch, aber mittlerweile bin ich zu alt für Kinderbücher. So eine Rakete wünsche ich mir trotzdem noch. Seit ich drei Jahre alt bin, wünsche ich sie mir jedes Jahr wieder zu Weihnachten, aber der Weihnachtsmann hat meine Briefe wahrscheinlich nicht bekommen. Wahrscheinlich denkst du jetzt ich sei ein kleines Kind, weil ich immer noch an den Weihnachtsmann glaube, obwohl ich schon 11 Jahre alt bin. Meine Oma ist fast 70 Jahre alt und sie glaubt auch an Gott. Da sagen manche Menschen auch, dass es den nicht gäbe. Und solange mir niemand beweisen kann, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt, werde ich auch weiterhin daran glauben. Ich kann zwar nicht beweisen, dass es ihn gibt, aber meine Oma und so viele andere glauben ja auch an Gott und können nicht beweisen, dass er existiert. Meine Oma sagt immer, dass solange man an etwas glaubt, es auch existiert. Und wenn das so mit dem Gott ist, muss es so doch auch mit dem Weihnachtsmann sein. Oma meinte, dass ich gesund werde, wenn ich zu Gott bete. Aber davon halte ich nicht viel. Es ist unhöflich einen Menschen nur um Dinge zu bitten. Sie meinte dann, dass ich den Weihnachtsmann auch nur um Dinge bitte. Aber das ist nicht wahr. Letztes Jahr habe ich ihm mit meinem Wunschzettel einen Verbesserungsvorschlag für seinen Schlitten geschickt. Und vor zwei Jahren habe ich ihm einen Teller mit Keksen hingestellt, der war nach ein paar Tagen sogar verschwunden. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das nicht Mama war, die den Teller weggeräumt hat. Ich vermisse meine Mama und meine kleine Schwester. Sie heißt Marit und ist noch in Mamas Bauch. Papa meinte, dass sie da aber bald rauskommt. Ich hatte mir ja einen Bruder gewünscht. Für den hatte ich auch schon einen Namen ausgesucht. Ich hätte ihn Lasse genannt, aber ich bekomme ja jetzt eine kleine Schwester. Deshalb heißt mein bester Freund jetzt Lasse. Vielleicht erzähle ich in meinem nächsten Brief mal ein wenig was über meinen besten Freund. Oder über Krabbi. Oder über beide. Es ist spät geworden und langsam muss ich schlafen gehen, sonst bekomme ich Ärger.
Liebe Grüße und einen schönen Abend
Dein Hendrik und Krabbi
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A loveletter to the life
Teen FictionEin Roman über die erste Liebe, das Leben und den Tod eines krebskranken Jungen, der sich mit seinem Schicksal nicht abfinden möchte