Hier nun also ein von mir, DieLadi, geschriebenes Kapitel.
Erzählt aus Johns Sicht.
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„Sherlock!"
Ich sah ihn nur noch um die nächste Ecke verschwinden. Da ich in Gedanken gewesen war, hatte ich einfach zu langsam reagiert, als er total sauer aus dem Auto gesprungen und davon gelaufen war.
Ich lief hinterher und versuchte ihn zu finden, aber finde mal einer Sherlock Holmes, wenn der nicht gefunden werden will. Ich hatte keine Chance, und nach ein paar Minuten Herumgelaufe sah ich das auch ein. Also stieg ich seufzend und ehrlicherweise etwas sorgenvoll wieder in das Taxi und bat den Cabbie, die Fahrt in die Baker Street fortzusetzen.
Früher oder später würde Sherlock nach Hause kommen, und dann wäre Gelegenheit, über das Vorgefallene zu reden.
Nun, oder vielleicht auch nicht, denn wenn Sherlock dicht machte, würde ich kein Wort aus ihm herausbekommen.
Jedenfalls fuhr ich erst einmal nach Hause und durch Sherlocks überstürzten Aufbruch blieb auch diesmal das Bezahlen des Taxis wieder an mir hängen. Ich musste dabei schmunzeln, denn war es je anders gewesen?
Das war eine von Sherlocks Eigenheiten, und er hatte eine ganze Menge davon. Nicht alle davon angenehm, aber sie gehörten eben zum Gesamtpaket Sherlock Holmes, und auch wenn das nicht immer einfach zu ertragen war, konnte ich nicht bestreiten, dass ich meinen Mitbewohner mochte.
Nun ja, Mitbewohner – ich dachte eigentlich, dass wir inzwischen nach all dem was wir erlebt hatten, eher Freunde waren. Auch wenn es vielleicht nicht gerade eine Freundschaft im üblichen Sinne war... einfach weil Sherlock kein Mensch wie jeder andere war.
Andererseits hatten wir viel miteinander erlebt.
Wir hatten einander mehrfach gegenseitig das Leben gerettet.
Wir hatten uns in Schwierigkeiten gebracht und wieder heraus geholfen.
Wir kannten einander so gut, wie man unter Umständen nicht mal die eigene Familie kennt.
Wir zickten uns an, wir lachten miteinander, wir waren uns einig in unserem Hass auf Anderson, unserem Spott über seinen Bruder Mycroft, unserer Wertschätzung der lieben Mrs. Hudson.
Und, aber das war etwas, was ich ihm gegenüber nie zugegeben hätte, wenn gleich ich sicher war, dass er es wusste – ich hätte für ihn ohne zu zögern mein Leben gegeben.
Summa summarum, so befand ich, ergab das ganze durchaus eine Art Freundschaft.
Ein toller Freund bist du, John Watson, dachte ich, als ich schließlich die 17 Stufen zu unserer Wohnung hinauf lief.
Ein toller Freund, der ihn auslacht, noch dazu gemeinsam mit Donovan, die ihn nicht leiden kann und ihn ohnehin schon nimmer einen Freak nennt.
Es tat mir nun im Nachhinein leid, denn ich hatte gesehen, dass es ihn offenbar sehr verletzt hatte und das war etwas, was ich ganz sicher nicht gewollt hatte.
Ich seufzte, als ich meinen Mantel an den Haken hing und beschloss, erst einmal in die Küche zu gehen und mir einen Tee zu machen.
Was das betrifft, bin ich Brite durch und durch: egal, wie schlimm es auch kommen mag, mit einem guten Tee wird alles besser.
Also setzte ich den Kessel auf und bereitete einen Earl Grey zu, den wir beide mochten.
Ich machte es mir in meinem Sessel gemütlich und während ich die ersten Schlucke langsam meine Kehle hinuntergleiten lies, dachte ich über die ganze Angelegenheit nach.
So wie es aussah, hatte Donovan mit ihrer gehässigen Bemerkung, Sherlock sei noch ungeküsst, dummerweise versehentlich ins Schwarze getroffen.
Und ich musste zugeben, dass mich das überraschte, denn Sherlock war, und das dachte ich obwohl ich mir ganz sicher war nicht auf Männer zu stehen, einfach eine Augenweide.
Seine schlanke Figur. Die schwarzen und nicht wirklich gebändigten Locken. Die Wangenknochen, die schon Irene Adler irritiert hatten.
Und seine Lippen, die zum Küssen geradezu einzuladen schienen... Himmelherrgott, was dachte ich da?
Ich war immerhin ein Kerl und stand auf Frauenlippen.
Also Schluss mit diesen Gedanken.
Ich schenkte mir eine neue Tasse Tee ein, und während ich Milch in meine Tasse goss, kam mir Sherlocks milchweiße Haut in den Sinn, zu denen seine für einen Mann tatsächlich ziemlich roten und fein gezeichneten Lippen einen anziehenden Kontrast boten...
Ach zum Teufel noch mal, wieso dachte ich denn nun schon wieder über Sherlocks Lippen nach?
Ich nahm mein Laptop, um mich davon abzulenken, her, immerhin hatte ich doch keinerlei Wunsch oder Bedürfnis, diese Lippen zu küssen, mochten sie auch noch so ungeküsst sein. Schließlich stand ich auf Frauen.
Auf Frauen, liebes Gehirn! Klar soweit?
Gut.
Also nahm ich wie gesagt das Laptop und begann, unsere Abenteuer während unseres letzten Falles in meinem Blog niederzuschreiben.
Zwischendurch las ich Kommentare.
Etliche, die unsere Hilfe in einem privaten Fall erbaten.
Etliche, die einfach nur von unseren „Fans" stammten und Bewunderung ausdrückten.
Ein paar von Bekannten.
Und einer von meiner Schwester Harry. Nun gut, bei ihr sollte ich mich vielleicht auch mal wieder melden. Na ja, wir verstanden uns halt nicht besonders gut.
Als ich gerade fertig war mit meinem aktuellen Eintrag und mir die letzte Tasse Tee aus der Kanne eingeschenkt hatte, hörte ich Schritte auf der Treppe.
Wie es aussah, war Sherlock nun endlich nach Hause gekommen.
Ich würde versuchen mit ihm zu reden und ihm klarzumachen, dass ich ihn keinesfalls hatte verspotten wollen und dass es mir leid tat.
Es war erstaunlich wie empfindlich die Seele dieses Mannes sein konnte, der von sich selbst behauptete, kein Herz zu besitzen und Gefühle sein nur eine Störung, die den Denkapparat negativ beeinflussten...
Ich klappte jeden falls das Laptop zu, setzte mich aufrecht hin und machte mich bereit für Sherlock.
Und hoffte, die ganze Angelegenheit mit einem freundschaftlichen Gespräch, nun, sicher nicht aus der Welt schaffen, aber doch in einen vernünftigen Kontext bringen zu können.
Die Schritte auf der Treppe verstummten und die Tür zu unserer Wohnung öffnete sich.
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First Kiss
ספרות חובביםEs kommt nicht oft vor, dass John über einen Witz von Donovan lacht. Doch dieses mal kann er einfach nicht anders. Es ist aber auch zu komisch! Bis er merkt, dass Sherlock alles andere als amüsiert aussieht. John hakt nach und plötzlich gerät alles...