Vergiss nie (Buchidee)

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Falsches Leben (1kapitel)

Erschöpft komme ich von meinem Nebenjob als Kellnerin zurück nach Hause oder besser gesagt in meine Mietwohnung. Nicht da ich hier nicht oft bin oder so,nein, ich nenne es nicht mein Zuhause, da ich sowieso alle zwei Jahre umziehe und nie länger in einer Stadt bleibe. Denn wenn man länger an einem Ort bleibt, Freunde findet, von denen man denkt, sie seien echt, so merkt man auch, dass alles mehr Schein als Wirklichkeit ist. Doch anders habe ich, was andere als "Leben" bezeichnen nicht kennengelernt. Immer wenn ich geglaubt habe, mich jemanden öffnen zu können, ihm mein Innerstes sehen lassen zu dürfen, ohne Angst davor haben zu müssen, verlassen zu werden, wurde ich immer wieder enttäuscht. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, in unterschiedliche Rollen zu schlüpfen und meine "wahres" Ich zu verstecken. Das hier ist mein fünftes "Zuhause" und inzwischen bin ich 25 Jahre alt, doch nicht so lebendig wie andere in meinem Alter sich wahrscheinlich fühlen, sondern wie eine lose Hülle ohne Inhalt.

~Naja, lassen wir das mal beiseite und schauen mal, was ich noch alles einkaufen muss, denn so wie ich Jessi kenne, hat sie mal wieder vergessen, einzukaufen für diese Woche. ~

Zu Jessi, sie und ich haben uns im Restaurant kennen gelernt, da wir beide auf den freien Platz wie sie immer sagt "scharf" waren, ich als Haupt- und sie als Nebenjob. Sie ist eine echt laute und direkte Person, also wenn ihr etwas nicht passt oder wenn man sie um eine ehrliche Meinung/Antwort bittet, dann sagt sie es einem ins Gesicht ohne viel Larifari, was sie mir sofort sympathisch gemacht hat und sie ist ein Bücherwurm genau wie ich, wenn nicht noch schlimmer.Wie sind also ins Gespräch gekommen und stellte sich heraus, dass wir beide noch auf Wohnungssuche sind und kam es dazu, dass wir jetzt zusammen wohnen, da sie mich als "passend" eingestuft hat. Sie ist echt offen und erzählt mir alles und doch akzeptiert sie, dass ich nicht gerne über meine Vergangenheit rede. Also kurz um, eine gute Partie für inzwischen schon eineinhalb Jahren und auch wenn es mich traurig macht, sie verlassen zu müssen, so ist mir auch klar, dass es Zeit wird das Leben in ------ als Lucinda ----- zu beenden und ein neues Kapitel zu beginnen. In die Küche schauend, schreibe ich alles Fehlende auf und mache mich auf dem Weg zum Supermarkt. Wie sehr habe ich mich an diese Gegend gewöhnt, an die Gassen, die Vorgärten im Seniorenviertel. So, also Karotten und Sauerkraut, Zwiebeln...nach und nach trage ich alles zusammen und bezahle sie. Aus den Schiebetüren schauend, sehe ich, dass es angefangen hat zu regnen. Brr, brr,brrrr
Mein Handy fängt in meinem Trenchcoat an zu vibrieren. Ich vermute stark, dass es Jessi ist, der grade eingefallen ist, dass nicht mehr im Kühlschrank steht. "Hi, Jessi!", begrüße ich sie schmunzelnd. "Hi, Cindy! Du hör mal, ich weiß, ich bin eigentlich dran mit einkaufen, aber ich muss noch diese Papiere ausfüllen und mein Chef macht megaaaa Druck!". Ich könnte mir bildlich vorstellen, wie sie auf ihrem Bürostuhl sitzt, hinter Akten nur so verschwindet und gerade ihren Kugelschreiber von links nach rechts und ihre Augenbrauen zusammengezogen, denen eines Piraten ähneln. "Ach alles gut, ich habe mir schon sowas ähnliches gedacht und bin gerade mit dem Einkauf fertig!" "Du bist die Beste! Danki! Wir sehen uns später, bis dänni, Cindy!" "Ciao!" Seht ihr, genau das meine ich, lass mir jemanden zu nah an dich heran. Zurück in der Wohnung, packe ich alles aus und mache mir den Fernseher an und schaue nebenbei "Die Bestimmung" an. Heute in einem halben Jahr werde ich wieder umziehen! Natürlich weiß Jessi nichts davon, nur das ich mich an einer Uni für Psychologie beworben habe und auf eine Antwort warte, die ich aber schon längst erhalten habe. Eine Zusage und inzwischen habe ich auch schon drei Wohnungen als Favoriten ausgewählt. Plötzlich macht es pling! und ich sehe, dass ich eine Email bekommen habe. Von wem die wohl sein mag, denn außer zu Jessi und meiner Arbeit habe ich keine weiteren Kontakte. Neugierig wer es denn wohl sein könnte, öffne ich sie. Die Mail hat den Betreff: 10-jähriges Jubiläum <3
Nein, nein,nein; dass darf nicht wahr sein!!!

Atemlos (2kapitel)

Geschockt starre ich auf den Betreff.Wie jedes Jahr, findet auch dieses Jahr eine Nachricht adressiert an mich mit den überlebten Jahren den Weg zu mir. Es ist wie ein Rätsel, ein Spiel, dass jemand mit mir spielt. Eigentlich habe ich mir diesen Tag immer rot markiert, aber irgendwas ist anders dieses Jahr. Ich habe es vergessen, nur leider der Absender mich nicht. Zitternd öffne ich die Mail und das Erste, was ich sehe, ist wie immer ein Familienfoto von mir.Das Einzige und Letzte, wo wir alle drauf sind: meine Mama in einem türkisen Strandkleid und einem Haufen Sommersprossen im Gesicht; mein Papa der sein Arm um sie gelegt hat in einer losen Hawaiibluse und einer grauen Badehose. Daneben mein Bruder nur in Badehose und einem Handtuch um den Schultern. Wir alle sind barfuß und in der Mitte ganz vorne steht im Mittelpunkt, das letzte Mitglied; ich. Wir alle haben blondes Haar und blaue Augen. Doch was am auffälligsten ist, ist unser breites Lachen im Gesicht, den wir waren in der Karibik als wir das Bild aufgenommen haben und sind der Meinung gewesen, das hier werde der schönste Urlaub, den wir je haben werden; bis heute vor zehn Jahren. Ohne was dagegen machen zu können, verengt sich mein Brustkorb und meine Atemwege wollen kein Sauerstoff mehr befördern. Alles scheint näher zu kommen, sich zu drehen und immer kleiner zu werden. Tränen brennen  wie Säure auf meinen Wangen, fallen lautlos auf meine Hände und dann ist da noch ein Kreischen. Es klingt unmenschlich, gar schrill. Tief in mir drin weiß ich, dass ich es bin, die so verzweifelt nach Hilfe schreit. Luft, atmen, Sauerstoff, Leben ! Nichts davon dringt zu meinem Gehirn durch und erst als ich schwere, nasse Tropfen auf meinem Gesicht spüre, die von oben herabfallen und mich mit einer Eiseskälte wachrütteln, kann ich durchatmen. Nun stehe ich hier verloren, einsam und verlassen. Atemlos und am Ende falle ich auf die Knie und lasse meinen Tränen ohne wiederstand freien Lauf.Ich weine, weine für 10 vergangene Jahre, um meine unschuldiges verlorenes Ich, um meine kindliche Naivität, um meine Familie, die mir genommen wurde. Weine mit dem Wissen es mitangesehen zu haben, ohne helfen zu können. Doch vor allem weine ich die ungeweinten Tränen, die ich seit 10 Jahren verdränge, um der Trauer willen, der Hoffnungslosigkeit, der falschen Identitäten wegen und um mein altes wahres Ich. Ich wünsche niemanden  so etwas wie ich erleben zu müssen. Egal wie sehr ich einen Menschen hasse, ich könnte es ihm nicht zumuten. Deswegen hasse ich Menschen, die aus Wut und weshalb auch immer sagen, dass sie diese hassen und ihnen den Tod wünschen, alles schlimme der Welt. Denn einem den Tod zu wünschen, kann keiner verantworten, wenn es geschieht. Obwohl der Tod wahrscheinlich gnädiger ist als das was ich mit ansehen musste. Noch nie habe ich mir die Zeit genommen, mich mit dem Geschehen meiner Vergangenheit auseinander zusetzen, denn immer wenn ein Gedanke aufkommt, denke ich, dass ich es nicht noch einmal überstehe, zu schwach bin. Jedes Jahr auf's neue habe ich diese Nachricht aus meinem Kopf verbannt und doch haben sie sich tief in mein Herz gefressen. Langsam, Stück um Stück, leise und heimlich sich immer fester verwurzelt.  Schwach und weit entfernt nehme ich Glockenschläge wahr, stehe auf und mache das was ich am Besten kann; ich verstecke alles. Ich setze meine Fassade als der fröhliche, etwas verrückten und zurückhaltenden Lucinda wieder auf, gehe zurück, schreibe Jessi eine Nachricht und lege mich in mein Bett. Zuvor schließe ich die Tür und mit ihr versiegele ich auch diese verräterischen Tränen. Morgen werde ich mir die Nachrichten durchlesen und ich werde, so schwöre ich mir, Rache nehmen. Viel zu lange habe ich gewartet und mich versteckt. Alles werde ich Ihnen, wer auch immer sie sein mögen heimzahlen, egal welchen Teil meiner Seele ich dafür hergeben muss!

Trügender Schein (3kapitel)

Ein lautes Hämmern an der Tür reißt mich am nächsten Morgen aus den Federn. Völlig orientierungslos blinzle ich auf und setze mich auf. Schwerfällig stehe ich auf, schaue auf die Uhr neben mir: 12:03. Oh Gott, seit langem habe ich nicht mehr so lange geschlafen, jedenfalls nicht ohne diese Tröume zu haben. Verwundert gehe ich zur Tür und öffne sie müde. "Guten Morgen Süße oder sollte ich besser Mittag sagen ?! Mach dich fertig, deine Schicht fängt in einer Stunde an und wenn du schnell bist, bekommst du noch einen heißen Kakao und...", quasselt Jessi und stockt geschockt. Wortlos schüttel ich den Kopf, um ihr zu erklären, das ich weiß wie ich aussehe und nicht über den Grund reden möchte. Sie nickt, doch ihre Augenbrauen, die sich sorgenvoll zusammenziehen, sprechen Bände. "Ich gehe noch schnell mein Gesicht waschen, dann kannst du mir ja erzählen wie es mit Jackson war, glaub nicht, das ich es vergessen habe!", versuche ich sie abzulenken. Sofort breitet sich ein Lächeln auf dem Gesicht meiner 'Freundin' aus, aber ihre Stirn bleibt gerunzelt. Schnell flitze ich ins Bad, halte meine Hände unter eiskaltes Wasser und spritze es mir ins Gesicht. Als ich nach dem Handtuch greifen möchte, fällt mein Blick auf mein Spiegelbild. Doch anstatt wie immer das lachende Mädchen zu sehen, dass ich sonst darstelle, mit stahlenden Augen und einem Dauergrinsen, sehe ich des Ergebnis jahrelang verdrängter Tränen. Mir entgegen starren 2 rot geschwollene, vom Weinen empfindlich gewordene Augen. Doch von 'Lebensfreude' ist keine Spur. Es ist als wäre ich wieder 15 und sehe mich in dieser Pfütze wieder. Genau wie damals starren mich leblose, blutleere Augen an, die den Schrecken nicht loswerden können. Ein blasse, von Narben übersätes, wenn auch fast verheiltes Gesicht.Meine Haare sind inzwischen schulterlang geworden. Wie lange hat es gedauert, bis ich sie etwas wachsen lassen konnte ohne sie mir vom Kopf zu reißen und nicht in mir meine Mutter zu sehen...

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Auch wieder nur so ein Idee 🙈

Krimskrams-echt chaotisch !Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt