Im Wald

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"Die Stärke des Wolfs ist das Rudel. Die Stärke des Rudels ist der Wolf."

Unbekannt

"Damien!", schreie ich, während ich in den Wald rein laufe. Wenn der kleine Menschenwolf in unserer Hütte aus dem Wald kam, muss Damien sich hier doch auch aufhalten. Ich weiß nicht, warum es wieder Arschloch-Damien sein muss, aber eigentlich bin ich mir ziemlich sicher, dass er mir nur das Leben versauen will. Es ist halt so eine Vermutung. Und so laufe ich schreiend im Regen durch den Wald. Ich habe meine Jacke vergessen und so wird es ziemlich schnell kalt. Aber ich will nicht aufgeben. "Damien! Komm endlich raus.", schreie ich und laufe weiter. Der Wald wird dichter und der Regen wird stärker. Das Gewitter ist über mir, aber ich will einfach nicht aufgeben. Ich will Antworten auf das was in der Hütte gerade passiert ist. Ich schlinge meine Arme um meinen Körper um mich noch etwas zu wärmen. Es wird dunkel und schon bald stapfe ich einfach nur noch durch die aufgeweichte Erde im Wald. Ich stolpere ein paar Mal und nun ist auch meine dünnen Hose komplett durch geweicht. Ich hasse es. Ich hasse alles. Warum kann ich nicht einfach aufgeben. Nein, nein, Amy, erinnere ich mich selbst, du bist stark, du gibst nicht auf. Ich stolpere nochmal. Und bleibe einen Moment am Boden liegen. Und da höre ich es. Hinter mir ein Knacken, danach ein leises Knurren. Ich rapple mich auf und drehe mich um. Rote Augen starren mir böse entgegen. Ich schnappe nach Luft. Angst erfüllt meinen Körper. "Damien?", wispere ich und es ist als ob der Wolf grinst. Seine grausame Schnauze öffnet sich leicht und ein lautes Knurren entweicht. Ich schreie laut und drehe mich um, um ihm zu entkommen. Etwas was ich niemals schaffen werde. Ich werde aus diesem Wald nicht mehr lebend raus kommen. Ich schreie noch ein letztes Mal: 'Damien' und konzentriere mich voll und ganz aufs weglaufen. Wenn Damien ein Menschenwolfdings ist, sollte er mir helfen können. Zumindest hoffe ich das. Und er sollte mir wirklich dringend helfen, dass schuldet er mir! Ich stolpere. Das ist mein Ende. Ich drehe mich schnell um, nur um zusehen, dass der Wolf zum Sprung angesetzt hat. Aus und vorbei. Ich rutsche rückwärts, bis ich an einen Baum stoße. Ich will wieder hoch, weiter rennen. Doch da ist der Wolf auch schon auf mir. Sein heißer, ekelhafter Atem trifft mein Gesicht und seine Klauen graben sich in meine Haut. Ich schließe die Augen und schluchze leicht auf, als er seine Krallen tiefer in mein Fleisch bohrt. Ich beiße mir auf die Lippe um nicht zu schreien und schmecke schon nach kurzer Zeit Blut. Ich will nicht schreien. Nicht vor so einem Ding. Ich öffne meine Augen und starre direkt in seine roten Augen. Sein Gesicht ist vernarbt, seine Augen leer, aber der Blick ist voller Mordlust. Ich will ihn treten, kratzen, aber er gräbt seine Krallen tiefer in meine Haut. Tränen treten in meine Augen und er knurrt auf. "Lass mich gehen!", sage ich leise. Ich flehe den Wolf an. Er knurrt mich an. Ich schließe meine Augen und denke an meine Familie. Und an Lotte. Ich spüre seine Zähne an meiner Kehle und schluchze leise auf. Ich kann nichts mehr tun, ich will trotzdem nicht sterben. Ich meine, ich bin noch Jungfrau, wenigstens das wollte ich erleben. Das ist quatsch. Ich will noch so viel mehr erleben! Ich öffne die Augen und schaue zum Himmel. Ich bin vollkommen in meiner Welt. Ich wünschte nur ich könnte die Sterne sehen, oder den Mond. Das würde mein Sterben so viel schöner machen. Die Zähne werden weggerissen und ein Großer schwarzer Wolf reißt den braunen Wolf von mir herunter. Innerhalb weniger Minuten liegt der große braune Wolf, welcher mich angegriffen hat, leblos am Boden und der schwarze Wolf schaut mich, fast schon sorgenvoll, an. "Danke.", flüstere ich und breche vor Erschöpfung zusammen.

Damien

Der Tag heute war einfach zum davon laufen. Zuerst sind Jackson, der zweite Sohn der Betafamilie, und Noah, ein 10-jähriger Junge, welcher sich erst vor kurzem verwandelt hat, verschwunden. Dann wurde mir von den Wachen berichtet, dass sie einen Rogue im Territorium gesichtet haben und dieser noch nicht gefasst wurde. Ich habe sofort die gesamten Krieger zusammen gerufen und sie suchen lassen, da Rogues sehr gefährlich werden können und sich die beiden noch nicht verteidigen können. Außerdem ist meine wundervolle Mate in der Hütte an der südlichen Grenze und ich möchte nicht das sie irgendwie von diesem wildem Wolf verletzt wird. Zum ersten Mal seit Monaten konnte ich wieder richtig schlafen und ich weiß, dass es ihr nach einer Nacht voller Schlaf auch besser geht. Ich weiß genau, dass sie diese Träume auch hat. Vielleicht nicht solche Bilder wie ich sie sehe, aber sie hat sie auf jeden Fall. Sie kann unser Band vielleicht nicht so stark spüren, aber ich schon und manchmal zerreißt es mich, dass ich nicht bei ihr sein kann. Ich bin ein Anderer geworden, nur konnte ich ihr das noch nicht zeigen. In der Schule habe ich sie sehr verletzt, wie dumm ich doch war, und vor dem Restaurant konnte ich mich und meinen Wolf nicht beherrschen. Aber das wird schon noch, rede ich mir ein. Vielleicht kann ich morgen an der Hütte vorbei wandern und dann vergesse ich diesen schlechten Tag bestimmt schnell. Jetzt ist es erstmal wichtig die verlorenen Jungs zu finden.

Ich streife mit James, meinem Beta und Louis durch den Wald und versuche den wilden Wolf zu finden, ebenso wie die vermissten Rudelmitglieder. Unser Rudel ist groß, ebenso wie unser Land, deshalb ist es schwierig ein so großes Territorium abzusuchen, auch wenn man ein Werwolf ist. Es ist schon Abend als ich einen Schrei höre und kurz darauf ruft meine Mate, deren Stimme ich überall erkennen würde, nach mir und sofort verwandle ich mich und laufe los. Sie liegt blutend am Boden und der Rogue ist kurz davor ihre Kehle durch zu beißen. Ihre Wangen sind nass und sie schaut zum Himmel. Meine tapfere, kleine Mate. Sie will nicht einmal schreien. Jeder andere hätte Todesangst, doch sie sieht einfach nur enttäuscht aus, weil ihr Leben so enden muss. Ich springe auf den Wolf und reiße ihn von ihr weg. In den wenigen Minuten, in welchen wir kämpfen, habe ich immer die Oberhand und beiße ihm die Kehle durch. Ich drehe mich um und schaue das rothaarige, durchnässte Mädchen an. Sie flüstert ein leises 'Danke', ehe sie ihre Augen schließt. Ich verwandle mich zurück und hoffe, dass sie mich nicht auch noch dafür hassen wird, dass ich sie nackt in das Rudelhaus trage. Da sie unterkühlt und blutend am Boden liegt und so wahrscheinlich sterben wird, denke ich das ist ausnahmsweise in Ordnung. Und so trage ich sie so schnell es geht in unser Rudelhaus. Dort wird sie von unserem Rudelarzt, und einer meiner engsten Vertrauten, Kim, empfangen. Er schaut sie sich kurz an und versorgt dann ihre Wunden an den Armen. Sie wird von Kim in warme Kleidung gepackt und dann in ein Gästezimmer gebracht, ganz nah an meinem eigenen Zimmer. Ich will sie in meiner Nähe wissen. Sie wacht die gesamte Zeit nicht auf, was mir Sorgen bereitet. Der Arzt meint jedoch, dass es normal ist. Amy ist in einer Art Schockzustand, was ich verstehen kann. Jeder andere hätte auch einen Schock bekommen, wenn er gerade von einem Wolf angegriffen wurde. 

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