"Wo die Liebe stark ist, da gibt es immer Wunder."
Willa Sibert Cather
"Mein Kind." Ich schaue mich um. "Komm zu mir.", sagt die sanfte Stimme. "Ich sehe dich nicht.", rufe ich in den Nebel. "Vertraue auf mich und du wirst den Weg finden." Ich stehe langsam auf und schaue mich um. Ich höre in mich und gehe instinktiv in eine Richtung. "Du bist ein guter Mensch, Amy.", sagt die Frau, die am Bach sitzt und ihre Füße im Wasser baumeln lässt. Der Nebel hat sich gelichtet. Ihre langen schwarzen Haare umrahmen ihr anmutiges Gesicht. Ihre hellgrauen Augen schauen mich freundlich an. "Ich bin gestorben, oder?" "Das entscheiden die Götter.", sagt sie sanft und bedeutet mir mich neben sie zu setzen. Ich setze mich zögerlich. "Wie meinst du das?", frage ich. "Weißt du wer ich bin?", fragt sie. "Du bist Luna, die Mondgöttin, die Beschützerin der Werwölfe." Ich weiß es einfach. Sie muss es sein. "Die bin ich und ich habe deine Geschichte aufmerksam verfolgt." Ich schaue sie erstaunt an. "Wieso?" "Du bist etwas ganz besonderes." Ich schüttle den Kopf und starre auf das Wasser. "Du bist die Seelenverwandte eines mächtigen Alphas. Du wurdest nicht in diese Welt hineingeboren und trotzdem bist du für sie gestorben. Wie eine echte Anführerin hast du dein Rudel verteidigt und erlöst." "Ich habe dadurch das Wichtigste verloren." Ich spiele mit meinen Füßen im kühlen Bach. "Dein Leben? Die Götter entscheiden noch. Du gehörst noch nicht hierher." "Nicht mein Leben!" Ich schaue sie an. "Damien." "Bist du dir sicher? Vielleicht entscheiden die Götter ja auch über sein Schicksal." Ich schaue sie erstaunt an. "Womit haben wir das verdient?", frage ich sie erstaunt. Sie lächelt nur. "Ich wache über all meine Wölfe und ihre Seelenverwandten. Sie sind meine Kinder, wie könnten sie es da nicht verdient haben?" "Was ist wenn sie sich nur für einen entscheiden? Ich gehe nicht ohne ihn." "Denkst du er würde ohne dich gehen?" "Er muss! Er muss an sein Rudel denken." "Du bist selbstlos. Das ist bewundernswert. Aber eine andere Frage: Denkst du die Götter würden eine Liebe wie eure auseinander reißen?" Ihre hellen Augen blitzen mich an. Ich schüttle den Kopf. "Ich hoffe nicht." Sie nickt. "Warum triffst du mich und nicht Damien?", frage ich nach einer Weile. "Er ist doch ein Wolf." "Du stellst viele Fragen.", sagt sie. "Man hat nicht oft die Gelegenheit sich mit einer Göttin zu unterhalten?" "Du bist ein kluges Mädchen, Amy. Ich weiß, warum ich mich heute mit dir unterhalte. Ich will dich fragen, ob du wirklich meine verloren gegangenen Kinder aufnehmen willst." "Die Rogues? Natürlich! Sie versuchen nur ihren Platz in der Welt zu finden und wurden in ihrem Leben bestimmt häufig verletzt. Sie verdienen das nicht und ich will ihnen wirklich einen Platz geben, wo sie sich wohlfühlen. Der Alpha-Rogue hat sie ausgenutzt, doch ich will sie einfach nur beschützen." Sie nickt. "Du bist mitfühlend." Ich überlege kurz und spreche weiter: "Kennst du Cliff?" Sie nickt. Natürlich kennt sie ihn. Sie kennt alle ihre Kinder. "Ist er der Seelenverwandte von Lotte?", frage ich. "Die Wege der Liebe sind verworren." "Aber unsere Schicksale sind alle miteinander verbunden. Und vielleicht musste das alles passieren, damit sie zusammen finden." Ich lächle selig. Die Göttin erhebt sich. "Es ist Zeit, mein Kind." Ich stehe auch auf und folge ihr. Sie führt mich in einen tiefen Wald. "Die Götter haben entschieden. Ihr müsst wieder zueinander finden, damit ihr leben könnt." Ich schaue sie fragend an. "Vertraue auf dein Gefühl.", sagt sie und verschwindet. Allein schaue ich mich um. Es ist dunkel und kalt. "Hallo?", schreie ich in den Wald hinein. 'Vertraue auf dein Gefühl.', sage ich mir. Ich höre kurz in mich und gehe dann los. Ich nehme nach Kurzer Zeit einen Stein und fange an Kreuze in die Baumstämme zu ritzen. Ich will nicht im Kreis laufen. Nicht wenn Damien irgendwo auf mich wartet. Ich laufe in die Richtung die mein Bauch mir sagt, doch ich komme immer und immer wieder an einem Baum, den ich schon markiert habe, vorbei. Ich setze mich frustriert auf den Waldboden. Ich will doch nur zu Damien. "Damien!", schreie ich. Dann stehe ich frustriert wieder auf. Ich darf jetzt nicht aufgeben. Ich laufe wieder eine Weile. Dann höre ich es hinter mir knacken. "Damien?", frage ich hoffnungsvoll. Doch stattdessen sehe ich den Alpha-Rogue. "Ich habe dich getötet.", sage ich, doch er kommt nur knurrend näher. Sofort drehe ich mich um und renne los. Ich versuche auf Bäume zu klettern, aber ich erreiche keinen Ast. Wenn ich in dieser Welt nochmal getötet werden, werde ich dann ewig tot sein? Ich will es gar nicht wissen. Der Rogue holt auf. "Damien!", schreie ich. Ich brauche ihn jetzt. Ich renne weiter und weiter. Dann sehe ich ihn. Damien! Ich habe ihn gefunden. Er sieht mich und öffnet seine Arme, doch als er den Rogue sieht, wird sein Blick ernst. Sofort verwandelt er sich und stürzt an mir vorbei zum Rogue. Die beiden kämpfen und ich kann es einfach nicht mit ansehen. Er muss gewinnen. Damien schleudert den Rogue gegen den nächsten Baum und er geht zu Boden. Doch kurz darauf erholt er sich wieder. Nachdem der Rogue Damien von hinten angesprungen hat, hat er endgültig genug. Er kämpft aggressiver und schließlich gewinnt er die Oberhand. Er zwingt den Rogue zu Boden und will ihm gerade die Kehle durchbeißen, als mir etwas einfällt. "Stopp!", schreie ich. Beide verwandeln sich zurück, ein Glück sind beide aus irgendeinem Grund angezogen. Der Mondgöttin sei Dank. Damien schaut mich verwirrt an, auch der Rogue starrt fragend. "Hier wird heute niemand getötet.", sage ich. "Ihr seid beide Kinder der Mondgöttin und sie würde nicht wollen, dass ihr euch gegenseitig umbringt." Damien nickt. Er steht auf und kommt auf mich zu. Dann zieht er mich endlich in seine starken Arme. Ich seufze erleichtert. Ich habe ihn wieder. "Ich hätte nicht damit gedacht, dass ich dich je wiedersehe.", murmelt er in mein Haar. Dann schaut er mich genau an. "Es war sehr gefährlich und dumm von dir zurück zu kommen." Ich lache ihn an und küsse ihn endlich. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, als ich zum letzten Mal seine Lippen geschmeckt habe. Umso schöner ist es jetzt. Dann löse ich mich von ihm und wende mich dem Rogue zu. "Wie heißt du?", frage ich ihn. Ich weiß noch nicht einmal seinen Namen. "Ich bin Ash.", sagt er und rappelt sich auf. "Ich vergebe dir, Ash.", sage ich. "Meine Kinder. Ihr habt meine Prüfungen bestanden." Die Mondgöttin erscheint vor uns und schaut uns stolz an. "Ash, du wirst auf ewige Zeiten an meiner Seite stehen und mich beraten. Du wirst gut sein und verlorene Seelen leiten. Amy und Damien, ihr dürft zurück. Eure Zeit ist noch nicht gekommen." Ich nicke ihr dankbar zu und Damien zieht mich wieder in seine Arme. "Ich danke euch.", sagt Ash. "Ich war in meinem Leben auf den falschen Wegen, aber du hast mir vergeben. Ich bin dir auf ewig dankbar." Ich nicke. "Es tut mir leid, Alpha. In einem anderen Leben..." Damien unterbricht Ash. "In einem anderen Leben, wäre wir bestimmt gute Freunde und enge Verbündete geworden, aber wir leben dieses Leben. Und kein anderes wurde uns gegeben." Ash nickt und zieht sich zurück. Die Mondgöttin tritt vor. "Alpha Damien. Du bist mutig, gerecht und treu. Sei nun auch vergebend zu den Wölfen, die dich jetzt brauchen. Sie werden dich brauchen.", sagt die Mondgöttin und küsste sanft seine Stirn. "Luna Amy. Du bist klug, sanft und vorurteilsfrei. Bei dir werden sich alle wohlfühlen. Pass auf, dass du niemanden vergisst.", sagt sie zu mir und küsst auch meine Stirn. "Danke, Göttin.", sagt Damien und nimmt meine Hand. Im nächsten Moment ist alles Dunkel.
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Wolves
WerewolfAmy liebt Damien und das schon lange. Das ist ihr schon immer klar! Er ist einfach so anders als die anderen. Sie weiß es mit ihren naiven 15 Jahren sicher! An einem schönen, sonnigen Tag gesteht die sonst so schüchterne Amy Damien ihre Liebe. Doch...