I.

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I.

"as the winter winds litter london with lonely hearts,
oh the warmth in your eyes swept me into your arms" 

               Es ist ein kalter Winterabend in New York City, als ich das Veranstaltungsgebäude verlasse und mir meinen Mantel fester um den Körper ziehe. Der Wind bläst mir unablässig zahlreiche Schneeflocken ins Gesicht.

Ich habe die Konferenz etwas früher als die anderen Gäste verlassen, weil ich den unendlich langweiligen Gesprächen über mein Wohlbefinden und das Wetter entgehen wollte, die dem Vortrag sicher gefolgt wären. Nun bin ich eine der einzigen, die sich auf der Straße befindet. Aber ich mag es ohnehin lieber, wenn ich alleine bin.

Mir den Schal noch etwas fester um mein Gesicht wickelnd, mache ich mich auf den Weg zur U-Bahn. Ich will nichts lieber als in mein Hotel und unter die heiße Dusche. Der Abend war anstrengend und New York ist viel zu hektisch und belebt für meinen Geschmack. Ich kann es kaum erwarten, mich morgen wieder in den Flieger setzen zu können und zurück nach Hause zu fliegen.

Mein Weg führt mich über einen großen Platz, der hell erleuchtet ist mit Reklametafeln und den Schildern zahlreicher Bars und Nachtclubs. Hier ist schon etwas mehr los, doch ich verschwinde mühelos in der Menge und schaffe es, unbemerkt den Platz zu überqueren. Nicht aufzufallen, ist eine meiner größten Stärken.

Doch ich renne beinahe in eine Gruppe von Jugendlichen, als mir ein Bild auf einer der Reklametafeln in die Augen sticht. Kurz bin ich so abgelenkt, von dem Gesicht, das es zeigt, dass ich ganz vergesse, nach vorne zu sehen und unsichtbar zu sein.

Als ich nach einigen weiteren Minuten Fußweg endlich die U-Bahn Station erreiche, ist mein Gesicht bereits so kalt, dass meine Nase bei jedem Atemzug schmerzt. Doch das Gesicht, das ich auf der Reklametafel gesehen habe, ist immer noch sehr lebhaft in meinem Gedächtnis und lässt mir keine Ruhe. Ich krame mein Handy aus der Tasche und will die Treppe, die zur U-Bahn führt, nehmen, als jemand in mich hineinläuft und mein Handy über den gefrorenen Gehweg schlittern lässt.

„Können Sie nicht aufpassen?" Wettere ich, noch während ich versuche, das Gleichgewicht nicht zu verlieren und auf den kalten Boden zu fallen.

Anstatt einer Antwort bückt der Mann, der in mich gelaufen ist, sich und hebt mein Handy vom Gehweg auf. „Entschuldigen Sie. Ich hoffe, es funktioniert noch." Mit diesen Worten reicht er mir das Telefon und nun sehe ich endlich auf und in sein Gesicht. Ein Gesicht, das mich heute bereits einmal vollkommen aus dem Konzept gebracht hat. Bei seinem Anblick, stockt mir kurz der Atem.

„Oliver." Bringe ich überrascht hervor, mein Handy in meiner Hand und dass dieses vielleicht kaputt sein könnte, habe ich bereits vollkommen vergessen.

„Ava. Ava Davies?" Auch der junge Mann ist überrascht, als er mich erkennt.

„Was machst du hier?" Frage ich und im nächsten Moment weiß ich bereits, was die Antwort sein wird. Das habe ich doch vor wenigen Minuten erst auf dieser Reklametafel gelesen.

„Ich hab morgen Abend ein Konzert in der Radio City Music Hall." Beantwortet er meine Frage, genauso wie ich erwartet habe.

„Wow. Das ist ziemlich... beeindruckend."

„Naja. Wir haben uns echt lange nicht mehr gesehen." Erwidert er lächelnd darauf.

„Ja. Das letzte Mal habe ich dein Gesicht nicht auf einer riesigen Reklametafel, sondern auf einem schlecht designten Flyer in der Cafeteria, gesehen." Ich wollte nicht, dass es so patzig herüberkommt, aber als ich das gesagt habe, verrutscht das Lächeln im Gesicht des Mannes ein wenig. „Tut mir Leid. So war das nicht gemeint." Entschuldige ich mich sofort für meine schlechte Ausdrucksweise.

„Kein Ding. Was ist überhaupt mit dir? Welche Dinge schmückt dein Gesicht?"

„Nur einen Mitarbeiterausweis bei Oracle." Ich zucke die Schultern, so als wäre es keine große Sache, für Amerikas zweitgrößte Softwarefirma zu arbeiten.

Nur? Oracle? Respekt." Oliver sieht das anscheinend etwas anders als ich. „Hey, hast du vielleicht Zeit auf einen Drink?" Meint er dann auf einmal ganz unvermittelt und deutet in die Richtung, aus der ich gekommen bin. „Hier in der Nähe gibt's einige echt coole Bars."

Ich lasse meinen Blick kurz sehnsüchtig zur U-Bahn Station schweifen und denke an mein weiches Bett und meine heiße Dusche im Hotel. Doch andererseits bin ich irrsinnig neugierig wie es Oliver nach der High School ergangen ist und wie er so wahnsinnig berühmt werden konnte.

Also nicke ich kurz und bekomme dafür ein Lächeln. Wir beginnen nebeneinander herzugehen und Oliver erzählt mir ein bisschen etwas über seine morgige Show. Dass er aufgeregt ist. Dass es das erste Mal sein wird, dass er in New York spielt. Dass die Show rasend schnell ausverkauft war. Dass er es noch gar nicht richtig fassen kann.

Als wir schließlich eine Bar erreichen und Oliver stehen bleibt, halte ich ebenfalls an. Wir stehen uns gegenüber und sehen uns eine Weile lang an.

„Wieso haben wir so was nie in der High School gemacht?" Will er mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen wissen.

„Was meinst du?" Ich kann ihm nicht ganz folgen.

„Geredet. Miteinander ausgegangen. Ich weiß auch nicht." Seine Frage lässt mich für einen Moment still und nachdenklich werden. Warum haben wir uns wirklich nie mehr Aufmerksamkeit geschenkt? Natürlich, wir haben uns gekannt und von Zeit zu Zeit ein paar Worte gewechselt. Aber ansonsten haben wir immer aneinander vorbeigelebt.

Warum braucht es also ein zufälliges Ineinanderlaufen in New York City damit wir all diese Dinge endlich tun?

„Ich weiß es nicht. Vielleicht dachte ich einfach du wärst ein komischer Typ mit einer Garagenband?" Scherze ich etwas und bringe Oliver damit zum Grinsen. „Und ich dachte du wärst eine Verrückte, die in ihrer Freizeit zum Spaß Computerspiele programmiert."

„Anscheinend hatten wir beide ein kleines bisschen recht."

„Sieht ganz danach aus."


a/n: ein vorgeschmack in form des ersten kapitels für euch! freu mich immer über meinungen, kritik oder einfach ein paar nette/anregende worte zum kapitel - die länge dieses kapitels ist ungefähr durchschnitt.

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