Dritte Woche

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Es war die dritte Woche, als sie das erste Mal etwas im Unterricht sagte. Sie fragte lediglich, ob sie auf Toilette gehen könnte - etwas anderes hätte mich auch überrascht.

Das Apfelmädchen blieb ziemlich lange weg, jede Minute schaute ich auf die Uhr und fragte mich, ob sie gleich wiederkommen würde.

In der Klasse hatte das Tuscheln bereits begonnen, die Schüler machten Witze über sie.

»Vielleicht pflückt sie sich wieder einen der verfaulten Äpfel.«

»Vielleicht ist ihr auch von den Äpfeln schlecht geworden und sie übergibt sich gerade!«

»Vielleicht ist sie auch einfach ins Klo gefallen und kommt ohne Hilfe nicht mehr raus, so dünn wie sie ist!«

Alle lachten. Ich auch. Es war gemein, das stimmte, aber es war eben auch lustig. Genau in dem Moment trat sie wieder ins Klassenzimmer und setzte sich wortlos auf ihren Platz.

Das Gelächter verstummte, alle drehten sich wieder nach vorne und ich mich nach hinten, zu ihr. Sie war blasser als sonst und sah fast schon krank aus. Aber sie zeichnete ganz normal an ihrem Bild weiter, als wäre alles so wie immer, als hätte sie niemand ausgelacht.

Und als die Hofpause begann, bestätigte sich meine Vermutung. Denn sie lief zum Apfelbaum, ihrem Stammplatz auf dem Hof.

Und sie pflückte sich einen Apfel und ging.

ApfelmädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt