Die Flucht

662 6 1
                                    

Meine Tochter Coral kam unkompliziert in Montpellier zur Welt. Ich war glücklich wie nie zuvor. Nie hatte ich erwartet ein so winziges Geschöpf so sehr lieben zu können. Mit Antoine lief es auch sehr gut, er war sehr fürsorglich.
Je älter Coral wurde, um so mehr war Antoine unterwegs. Ich war wieder viel alleine, aber immerhin hatte ich jetzt mein Baby.

Eines Abends, Coral war ein halbes Jahr alt, kamen Jean und Laura zum Abendessen. Ich hatte gekocht. Mit Laura hatte ich seit dem Vorfall mit Remy ein angespanntes Verhältnis. Ich glaube sie dachte schlecht von mir. Vielleicht war sie auch eifersüchtig denn sie hatte noch immer kein Kind. Keine Ahnung. Jedenfalls war sie auch heute nicht besonders gut gelaunt. Sie mäkelte am Essen und ließ ständig irgendwelche Sticheleien los. Das Maß war voll als sie sagte: "Mari, jetzt ist dein Baby schon ein halbes Jahr alt, wann planst du abzunehmen?" Antoine stand auf: "Jetzt ist es aber genug! Du magst unser Haus nicht, unser Essen nicht und unser Aussehen nicht - dann geh!" Jean mischte sich ein: "sie meint es doch nicht so! Willst du uns wirklich rausschmeißen, Papa?" "Wenn du deiner Frau nicht zeigen kannst wie man sich benimmt, ja!" er war schon ziemlich wütend. Jetzt sprang auch Laura auf und rief: "Aber du, du kontrollierst deine kleine Frau gut, oder? Lässt dir von ihr Hörner aufsetzen! Woher willst du wissen dass Coral dein Kind ist??? Wenn Mari seit über einem Jahr ein Verhältnis mit diesem Remy hat!!" "Raus!!" Brüllte Antoine. Schimpfend gingen die beiden. Ich konnte nicht glauben was Laura da gesagt hatte...Sie wusste doch dass das nicht wahr war! Antoine tobte. Ich war Fassungslos als er seine Wut gegen mich richtete: "Ist das wahr???" "Nein! Natürlich nicht! Das weißt du doch! Ich habe diesen Mann doch nur dreimal gesehen, und das ist über ein Jahr her...Du weißt das doch?" "Ich weiß nur dass du mir so nicht davon kommst! Wie kannst du es wagen?" so wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. Er packte mich an den Haaren und schleuderte mich in eine Ecke. "Antoine! Ich habe nichts getan! Sie lügt!" schluchzte ich. Aber da schlug er schon zu. Es war schrecklich. Er schlug mich mit Fäusten und trat mich mit Füßen. Ich versuchte mich mit meinen Armen zu schützen, aber das war kaum möglich. Als er von mir abließ lag ich schluchzend in der Ecke, mein linkes Auge war zugeschwollen und meine Lippe blutete. Alles tat weh.

Antoine sah plötzlich sehr erschrocken aus. "Mein Gott, was habe ich getan? Mari...?" ich wollte nur noch weg. "Geh!" weinte ich, "bitte geh!"

Tatsächlich verließ er kurz darauf das Haus.

In größter Hast packte ich ein paar Sachen von Coral und mir und nahm alles Bargeld das ich fand. Ich hatte keine Ahnung wo ich hin sollte, aber ich wusste dass ich weg musste. Mein ganzer Körper schmerzte als ich mein Baby, das die ganze Zeit still in seiner Wiege geschlafen hatte, hochnahm. Ich zitterte noch immer als ich das Telefon nahm.

Ich rief ein Taxi und fuhr direkt zum Busbahnhof. Meine Freundin Lena aus Deutschland studierte mittlerweile in Freiburg. Sie war die einzige die mir einfiel. Sie könnte mir vielleicht helfen. Ich rief sie an und natürlich wollte sie mir helfen. "Ich kann kaum glauben dass du kommst! Mach dir keine Sorgen, du kannst natürlich so lange bleiben wie du willst!" Dort würde Antoine mich nie finden, so hoffte ich.

Während der langen Busfahrt stillte ich Coral und sah aus dem Fenster. Es regnete in strömen.
Was erwartete mich jetzt?

Wie froh war ich Lena zu sehen.
Als ich endlich in Freiburg ankam wartete sie am Busbahnhof. Ich konnte meine Tränen nicht halten als ich sie endlich in die Arme schloss. "Mein Gott, wie siehst du aus!" auch Lena hatte Tränen in den Augen.

Coral und ich konnten auf ihrem Sofa schlafen. Am nächsten Abend kam ihr Studienkollege Tom. Er studierte Recht und wollte mich beraten wie ich die Scheidung einleiten sollte. Ich war sehr ängstlich als Tom dann vor mir stand. Große Männer machten mir plötzlich Angst...Er reichte mir die Hand und ich hob den Blick um ihn anzusehen. Er biss sich auf die unterlippe und zog hörbar die Luft ein als er mich ansah. Ich bot auch einen Anblick wie ein Boxer nach dem Kampf. Mein Auge war noch immer zugeschwollen und mittlerweile blau. Am Kinn war ich ebenfalls blau, die Lippe aufgesprungen. Ganz zu schweigen von all den blauen Flecken. "wir müssen Fotos machen. Als Beweis." sagte Tom. Ich sah, dass er fassungslos war.
"Wie kann jemand nur so etwas tun...Du hast genau das richtige getan, Marisa. Ich helfe dir mit der Scheidung und allen Anträgen."

Marisas Geschichte Eine ZwangseheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt