Die Entführung II

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Ich besuchte Antoine jeden Tag im Krankenhaus. Immer wenn meine Mädels im Kindergarten waren fuhr ich mit der Straßenbahn zu ihm in die Klinik. Er lag im Koma, die Ärzte wussten nicht ob es wieder gut wird...
Ich saß bei ihm und redete mit ihm, auch wenn er mich wahrscheinlich nicht hören konnte. Ich rasierte ihn auch. Er hatte immer großen Wert auf ein gepflegtes Äußeres gelegt, ich wollte ihm diese Würde lassen. Nach einigen Tagen kamen sein Sohn Jean und zwei seiner Brüder mit ihren Frauen. Es war das erste mal seit fast vier Jahren dass ich alle sah.
Jean kam als erster ins Krankenzimmer. Er stockte als er mich sah. "Hola Mari...Danke, dass du uns angerufen hast. Wie geht es ihm?"
"Es ist unverändert."
Er küsste mich links und rechts als auch die anderen rein kamen. Alle begrüßten mich freundlich, sogar Laura. Sie schaute den kleinen an und sagte: "Er sieht ja ganz genau so aus wie Antoine!" etwas leiser fügte sie hinzu: "und wie die kleine Coral...verzeih mir, Marisa."

"wie genau ist das passiert?" fragte Antoines Bruder.

"Mein Vater hat das getan. Wir können nur spekulieren wie es ablief. Was wir sicher wissen ist, dass Antoine meinen Vater anrief als Maurinio weg war. Antoine hatte ihn schon im Verdacht. Die Polizei sagte dass mein Vater ihn erpresst habe. Mein Vater wollte Geld von ihm, sonst wollte er dem kleinen was antun. Und er wollte Rache...an mir weil ich seine Ehre zerstört habe...und ich habe ihm das Geschäft mit der Hochzeit meiner Schwester vermasselt als ich sie zu mir geholt habe...Er hasst mich. Und in Antoine sah er vermutlich einen Goldesel..."
Ich war den Tränen nahe.
Jean und die anderen verstanden es nicht.
"Wieso Geschäft mit der Hochzeit? Hat er für deine Schwester Geld bekommen?"
"Nicht nur für sie. Er hat ziemlich gut an meiner Hochzeit verdient."
"Für dich etwa auch??? Antoine hat deinen Vater bezahlt?"
Ich nickte nur.
"das wussten wir nicht...Mein Gott, warum hat Antoine da nur mitgemacht...das dein Vater Dreck am stecken hat wissen wir. Aber das Antoine so tief da mit drin...das hätte ich nicht gedacht..." sagte sein Bruder kopfschüttelnd.

Ich wurde hellhörig. "Was weisst du über meinen Vater?"

"naja, er war schon damals als junger Mann in Frankreich kriminell...Er hat mit Waffen und Drogen gehandelt, jedenfalls damals. Er war in der Mafia, Marisa. Ich weiß nicht ob er da jemals raus ist. Es hieß er hat sein Restaurant in Deutschland nur zur Geldwäsche..."

Das wusste ich nicht.
"Könnt ihr vor Gericht gegen ihn Aussagen?"
"klar."
"der Polizist der die Ermittlungen leitet hat mich für morgen noch mal auf die Wache geladen. Kommt doch dann mit. Dann könnt ihr sagen was hilft meinem Vater das Handwerk zu legen."

"das machen wir auf jeden Fall. Danke Marisa, dass du für meinen Vater da bist...trotz allem." sagte Jean.
"Er war auch immer für mich da. Es ist das mindeste was ich tun kann."

Es war fast Mittag. "Ich muss los..." sagte ich.

"warte Marisa, können wir uns später nochmal sehen? Wir kennen die Kinder nur von Fotos...bitte?" Jean sah sehr geknickt aus.
Ohne lange zu überlegen lud ich alle sechs zu mir nach Hause zum Abendessen ein.

Tom konnte mich nicht verstehen. Als ich am Nachmittag schon in der Küche stand und kochte meinte er: "Warum tust du das? Du bist nicht mehr mit ihm verheiratet..." er kam dicht hinter mich und nahm mir das Messer aus der Hand mit dem ich grade Gemüse schnitt. Ich drehte mich zu ihm um "diese Leute waren mal Familie. Ich...ich kann nicht einfach alles abschließen, ich habe es versucht. Antoine ist der Vater meiner Kinder. Klar war die Ehe mit ihm schwer, aber er ist ein guter Mensch. Nicht als Ehemann, er war ein fürchterlicher Ehemann. Aber als Freund. Und als Vater. Ich weiß nicht wie ich es dir erklären soll."
Tom strich mir sanft über die Wange und sah mich fest an. "Du empfindest also nur Freundschaft für ihn?"
"Freundschaft und Verbundenheit. Er ist wichtig. Aber nicht so wichtig wie du."
Tom küsste mich. Seine Hände strichen über meine Taille. "Dann gehe ich mal..."
"Nein! Bitte bleib! Iss mit und lerne alle kennen. Du kannst Französisch, ihr könnt euch unterhalten. Ich will dass du siehst wo ich war."
Tom umschlang mich fester. Da stürmte Coral rein, Tom musste ihren Lego-Turm anschauen...

Am Abend kamen unsere Gäste. Sie waren beladen mit Geschenken für die Kinder. Laura und meine Schwägerinnen kamen mit mir in die Küche, sie hörten gar nicht auf mich zu loben und sich zu bedanken. Es wurde ein schöner Abend. Tom wurde freundlich behandelt. Er wurde akzeptiert und unterhielt sich sehr gut mit Jean.

Am nächsten Tag, ich war grade wach geworden und räumte von gestern auf, klingelte das Telefon. Unbekannte Nummer. Ich ging ran: "Ja?"
"Frau Montoya?"
"ja, das bin ich."
"kommen Sie bitte schnell ins Krankenhaus. Es ist etwas passiert. Ich kann es Ihnen nicht am Telefon sagen."

In großer Sorge bat ich Tom auf die Kinder aufzupassen und lief schnell raus, Richtung Haltestelle. An der Ecke der Straße riss mich unvermittelt jemand in den hinteren Teil eines Lieferwagens. Die Tür knallte hinter mir zu, jemand presste seine große Hand auf meinen Mund. Ich bekam Panik.
"sei still und hör gut zu, Schlampe!" rief eine Männerstimme. Ich kannte doch diese Stimme...

Ich hörte auf mich zu wehren. "Du hast schon genug angerichtet. Das müssen die schlechten Gene deiner Mutter sein, für mich bist du eine einzige Schande..."
Jetzt erkannte ich, wer da sprach...Mein Vater! Ich dachte er ist im Gefängnis?
"Hör gut zu, Marisa. Ich sage das einmal. Du bleibst jetzt bei mir. Du bist noch immer schön. Ich kenne jemanden der dich kaufen wird. Deine Schwester lasse ich in Ruhe, und wenn du mitmachst tue ich auch deinen Bastarden nichts. Solltest du versuchen zu fliehen, dann sind deine Kinder tot. Kapierst du das?"
Die starke Hand auf meinem Mund liess mich los. "Padre? Warum tust du das?"

"Weil ich es kann, Marisa. Antoine habe ich heute Nacht getötet, du bist also Witwe. Mach mit, sonst sind als nächstes dein Lover und deine Kinder dran."

Das Lieferauto fuhr los. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Ich wollte es nicht glauben. "wohin fahren wir?"
"zu dem Mann der dumm genug ist für dich Geld zu bezahlen!" lachte mein Vater....

Marisas Geschichte Eine ZwangseheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt