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Ich traf die letzten Vorbereitungen. Das Gerichtsverfahren würde in einer Stunde sein. Eine Stunde lang würde ich noch meine Freiheit genießen können. Dann würde ich auf ewig in die Stadt der Gebeine eingesperrt werden. Allein der Gedanke daran jagte mir pure Gänsehaut über den Rücken. Ich hatte nur Geschichten über den Aufenthalt dort gehört. Man sagt, dass die stillen Brüder einen nur Albträume träumen lässt und es am besten ist, wenn man nicht schläft.

Als es klopfte zuckte ich zusammen und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich erwartete die Institutsleitung schon fast, um mich abzuführen, doch es war keiner der mich zur Gerichtsverhandlung bringen wollte. Es war Jace.

"Störe ich?"

Ich schüttelte den Kopf und ließ ihn eintreten.

"Falls du mir Mut und Hoffnung für die Verhandlung machen willst, lass es bitte. Ich weiß, was mit Kreismitgliedern und Mördern passiert. Ich habe nur eine Bitte an dich: Vergiss nie, wer auf deiner Seite ist. Aldertree versucht alles, um dich aus dem Institut zu kriegen, wehr dich dagegen. Und kämpfe um das, was du liebst. Deine Familie, deine Freunde, um das alles. Ja?"

Er trat einen Schritt auf mich zu und versuchte zu lächeln, das beste aus der Situation zu holen. Doch da war nichts Gutes.

"Tessa, ich weiß, was du in deiner Vergangenheit gemacht hast. Und wäre ich noch der Alte, der Jace, der ich noch vor ein, zwei Jahren gewesen bin, hätte ich mit dir auch kein Mitleid. Aber es gibt Dinge im Leben die passieren einfach, und die kann man sich nicht aussuchen. Und ich bin mir sicher, wärst du bei deiner Familie aufgewachsen, wäre das alles nicht so gekommen, wie es gekommen ist." Er seufzte und suchte die richtigen Worte. "Was ich damit sagen will ist, dass ich dir einen Anwalt besorgt habe. Du verdienst ein besseres Leben, ein anderes Leben. Ein Leben, in dem du Gefühle zeigen darfst, in dem du du selbst sein darfst."

"Jace, das hat doch keinen Sinn. Ich kenne den Rat und er wird mich nicht freisprechen. Dazu habe ich zu viele Verbrechen begangen."

Er schüttelte den Kopf.

"Hodge durfte im Institut weiterleben. Er durfte es nur nicht verlassen. Vielleicht könnten wir..."

Ich brachte ihn mit einem Finger vor seinen Lippen zum schweigen.

"Verwende deine Kraft nicht darauf, zu versuchen, mich zu retten, sondern konzentriere dich auf dich. Ich weiß, dass du ein herzensguter Mensch bist, der seine Ideale verfolgt. Es ist besser, wenn ich meine Strafe bekomme und in der Stadt der Gebeine eingebuchtet werde. Ich weiß nicht, wie viel Kontrolle Valentine über mich hat und ich will keine Maschine sein, vor allem nicht das gefühllose Wesen, was ich vorher gewesen bin. Innerhalb von 24 Stunden alles zu fühlen, was man sich von klein auf verboten hat, ist nicht einfach, aber ich weiß, was ich verpasst habe."

Ich versuchte, wenigstens noch ein paar Sätze zu sagen, die Sinn ergaben, doch ich fühlte mich, als würde das, was ich sagte, nicht mal ansatzweise Sinn ergeben. Und das tat es wahrscheinlich auch nicht, denn alles, was Jace tat, war mich an sich zu ziehen. 

Ein lautes Klopfen riss uns auseinander und nun war es wirklich soweit. Mir wurden Handschellen angelegt und mein Kopf wurde von einem der beiden Männer rüde nach unten gedrückt. Ich schaute nur gequält lächelnd zu Jace und formte mit meinen Lippen nur das Wort 'Schwerverbrecher', während mir noch eine Faust schmerzlich in die Magengrube geschlagen wurde. Vorneüber gekippt und fast unfähig zu laufen, zogen sie mich aus meinem Zimmer, während ich Jace noch etwas rufen hörte, doch ich war mir nicht ganz sicher, was es gewesen war. Das Blut rauschte in meinen Ohren und die Schmerzen gingen von meinem Magen über in ein Gefühl der Übelkeit.

Im Verhandlungssaal des Instituts angekommen wurde ich auf einen Stuhl gestoßen, an dem ich mir den Kopf stieß und kurz darauf spürte ich etwas warmes meine Stirn runterlaufen - ich musste wohl bluten. 

Keine Minute später brachten sie Jace, aber nicht mal ansatzweise so rücksichtslos wie ich gebracht worden bin. Er wurde auf den Stuhl neben mich gesetzt und starrte entsetzt die blutende Wunde auf meiner Stirn an. Ich hingegen schüttelte nur den Kopf und versuchte mich so bequem wie möglich hinzusetzen, wie es mir eben möglich war mit den Händen auf dem Rücken gefesselt. 

"Wir sind heute hier, um zu einer Urteilsfällung der Angeklagten Tessa Morgenstern und Jace Wayland zu kommen. Tessa Morgenstern wird schweres Verbrechen in mehreren Fällen vorgeworfen, wie Mord, Folter und dem Beistehen zu Valentine Morgenstern. Jace Wayland wird mittelschweres Verbrechen in zwei Fällen vorgeworfen, die wären: Töten von Unterweltlern und Beistehen zu Valentine Morgenstern." sprach die Richterin, die älteste der Herondales. Sie war für ihre Strenge bekannt und die wenigen Hoffnungen, die mir Jace versucht hatte zu machen, waren innerhalb dem Bruchteil einer Sekunden verschwunden. "Ich bitte nun die Verteidigung, Stellung zu nehmen."

Magnus Bane erhob sich und öffnete eine Art Aktenkoffer. Als sie sah, wer unsere Verteidigung war, verdrehte sie die Augen. Denn, ob ich die Ideale meines Möchtegern-Vaters jetzt unterstützte oder nicht, Unterweltler waren auch im Rat keine angesehenen Wesen und eigentlich war es verboten, einen Unterweltler als Anwalt zu nehmen. Unsicher schaute ich zu Jace, der selbstsicher in Magnus Richtung schaute.

"Sehr geehrte Mrs Herondale, zuerst möchte ich einmal in Tessas Fall anbringen, dass sie so erzogen wurde und keine anderen Ideale als die Valentines gekannt hat. Zudem hat sie, sobald sie herausgefunden hatte, dass sie nicht Valentines Tochter ist, sich den Konsequenzen gestellt. Sie hat sich nicht mal einen Anwalt genommen. Im Fall Jace Wayland ist es ähnlich. Ihm wurde die Wahl gestellt, dass er sich entweder Valentine anschließt oder Clary Fray etwas passiert, seiner Schwester," ich sah Jace an, wie angespannt er bei diesen Worten wurde "und den Vampierverschlag rottete er aus, weil sie gegen die Vereinbarung verstießen. Ich beantrage für beide meiner Klienten Freispruch."

Ich spürte wie langsam mein Körper die Wunde an meinem Kopf registrierte und wie sich stechende Schmerzen an der Stelle durch meinen Kopf zogen. Ich bekam den größten Teil der Verhandlung gar nicht mehr mit, Jace bemerkte es.

"Tessa bleib hier, bleib bei mir. Du hast es fast geschafft. Wir haben es fast geschafft." 

Er lächelte mich sanft an und formte mit seinen Lippen ein 'Freispruch', als die Urteilsverkündung kam.

"Tessa Morgenstern wird zur Höchststrafe verurteilt: Lebenslange Haft in der Stadt der Gebeine. Jace Wayland wird zum niederen Dienst auf 2 Monate verurteilt. Gegen diese Urteile kann kein Einspruch eingelegt werden."

Und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass mein Leben vorbei war.

Broken Wings [Jace Wayland ff] (ON HOLD/ABGEBROCHEN)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt