Rüde wurde ich von den Brüdern aus dem Stuhl gezogen. Jace schrie neben mir, schrie die Brüder an, schrie Ms. Herondale an. Er schrie sich die Seele aus dem Leib. Doch ich grinste. Ich grinste, weil ich wusste, dass mein verkorkstes Leben bald vorbei war, der lebenslangen Haft würde mein Tod folgen, ob jetzt früher oder später. Ich wusste, warum sie mir die lebenslange Haft aufgebrummt hatten - sie wollten mich leiden lassen. Ich hatte viele Geschichten über die Stadt der Gebeine gehört: die Brüder ließen einen nicht schlafen, man wurde mit Albträumen gequält und es war besser, wenn man wach blieb.
Keine halbe Stunde später war ich in meiner Zelle, hatte Gefängniskleidung an und keine Handschellen mehr an. Ich sah mich um. Es war nichts hier drin. Kein Stuhl, kein Bett, kein Tisch. Als Toilette diente ein kleines Loch, was mit einer Rinne verbunden war, welche in den Abfluss führte, doch ich nahm keinen scharfen Geruch des Urins oder der Exkremente wahr.
Komisch.
Als ich mich umschaute, sah ich, dass die Wand gegenüber kahl und nur mit dem Licht einer Fackel gespickt war. Die Zellen neben mir waren leer, das sah ich durch die Lücken, die zwischen den Steinen waren. Kein sozialer Kontakt, kein richtiges Licht.
Ich lehnte mich an die Rückwand meiner Zelle und lehnte den Kopf zurück. Mein Schädel brummte und ich fasste nochmals an die Stelle, an der das vertrocknete Blut der Verhandlung klebte. Sie hatten mich nicht mal mehr geheilt, bevor ich hier runter gezogen worden war.
Müde schüttelte ich den Kopf. Wach bleiben war hier schwerer als gedacht ohne Zellennachbarn, mit denen man sich unterhalten konnte. Immer mal wieder huschte einer der Brüder an meiner Zelle vorbei doch würdigte mir keines Blickes. Es interessierte mich auch nicht.
Die nächsten Stunden waren nervenzehrend. Ich kämpfte dagegen an, einzuschlafen, doch irgendwann passierte es doch. Zuerst schlief ich traumlos, doch bald veränderte sich das Bild. Ich sah mich, keine drei Jahre alt, wie ich mit einem anderen Mädchen spielte. Sie war etwas älter als ich und hatte eine beschützende Haltung. Als wolle sie, dass ich kein Übel der Welt je miterleben müsse. Ich sah eine Frau Ende 20, die uns lächelnd beobachtete und wie ein Mann Anfang 30, sie dabei von hinten umarmte. Ich vermutete, dass das meine leiblichen Eltern waren, die ich nie wirklich kennenlernen durfte.
Das Bild wechselte und ich sah, wie Valentine mich zu sich nahm, nachdem ich mich im Einkaufsladen verlaufen hatte. Er versprach mir meine Eltern zu finden, doch er log. Er versorgte mich und spielte mir den perfekten Vater vor, der er nie war. Er erzählte mir, dass ich lernen müsse, mich selbst zu verteidigen und brachte mir damals schon mit knapp 4 Jahren die ersten Kampftechniken bei. Er gab mir eine Steele und brachte mich den Runen näher. Und er verbat mir jede Form der Gefühle.
Mit 8 Jahren war ich fester Bestandteil Valentines Crew. Ich war korrupt, ohne Gefühle tötete ich auf meinen Missionen. Ich war verhasst unter den Männern Valentines, doch niemand traute sich mir auch nur ein Haar zu krümmen, denn ich war die beste Kämpferin von allen.
Wieder wechselte das Bild, doch ich sah nicht Valentine. Nein, ich sah Jace. Den Mann, der mich verstand. Er lächelte breit, seine Augen funkelten. Ich kannte die Umgebung nicht, ich kannte die Menschen nicht. Ich hob nur meinen Bierkrug und stieß mit ihm an. Es war nichts, was ich schon mal erlebt hatte, es war pure Fantasie.
Doch das glückliche Bild hielt nicht lang. Nur kurz darauf war ich diejenige, die die blutige Seraphklinge hielt und über Jace stand, der langsam starb. Seine Organe versagten und das Blut quoll ihm über die Lippen. Entsetzt ließ ich das Schwert fallen und schaute in seine Augen, in denen sich nur Enttäuschung spiegelte.
Ich schreckte hoch und verkroch mich sofort ins hinterste Eck der Zelle, als ich vor meiner Zelle jemanden stehen sah. Ich zitterte am ganzen Körper und realisierte erst spät, dass es der blonde Shadowhunter war, von dem ich geträumt hatte.
"Komm mir nicht zu nahe, ich bin Abschaum." murmelte ich und hielt mit Mühe Tränen zurück, die sich anbahnten.
"Du darfst dich nicht von Ihnen brechen lassen, Tessa. Das ist das, was sie wollen. Vielleicht klingt es jetzt mies, wenn ich dir das so sage, aber solang du hier drin bist, verbiete dir deine Gefühle. Valentine hat es dir gezeigt, wie es geht und du weißt es noch."
Ich schüttelte den Kopf.
"Wenn sie mich brechen, können sie mich töten. Das ist das was sie wollen."
Er streckte seinen Arm durch die Gitter und versuchte mich aufzumuntern, ihm meine Hand zu geben. Perplex schaute ich auf und sah ihn fragend an.
"Du bist nicht allein. Ich weiß, wie das ist. Also vertrau mir."
Seine Worte klangen gut in meinen Ohren. Sie klangen nach Versprechen, die man Kindern gab, und mein inneres Kind hüpfte freudig auf und ab. Ich stand auf und nahm seine Hand, bevor er sie an sich zog und mich gleich mit sich.
"Ich komme hier nicht mehr raus Jace, der Rat will mich tot. Valentine will mich tot. Jeder will mich tot."
Er lächelte.
"Das Institut steht hinter dir. Und die Lightwoods, auch ich, haben angeboten, dich unter Beobachtung zu nehmen, wenn sie dich rauslassen würden. Du würdest in der Familie aufgenommen werden und ihren Namen bekommen. Niemand würde von deiner Vergangenheit erfahren und du könntest leben, ohne verurteilt zu werden."
"Jace, du weißt genauso gut wie ich, dass der Rat dabei niemals zustimmen würde."
"Maryse und Robert haben den Antrag schon eingereicht, Izzy, Alec und ich haben mit unterschrieben, sowie 95% des Institutes. Sie haben deine Reue gesehen. Und sie vertrauen unseren Entscheidungen."
Eine Stimme des Bruders durchschnitt die Luft.
"Jace Wayland, sofort von der Zelle weg!"
"Ich verspreche dir, du kommst hier raus, ich komme wieder."
Er drückte meine Hand noch kurz, bevor er rüde von dem Bruder von dem Gitter gerissen und damit der Kontakt zwischen ihm und mir unterbrochen.
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Broken Wings [Jace Wayland ff] (ON HOLD/ABGEBROCHEN)
FanfictionDISCLAIMER/PSA ZU DIESER GESCHICHTE WEITER UNTEN IM TEXT Tessa Morgenstern ist die Tochter des wohl bösesten Shadowhunters und Kreisgründers Valentine Morgenstern. Sie wusste nicht, was Gefühle waren, denn seit sie klein war, hatte Valentine sie dar...