Warum ich wegging... [Kiss]

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Ich hatte schon vor Ewigkeiten die Idee für diese Story und jezz habe ich sie endlich geschrieben... Leider ist sie ein bisschen außer Kontrolle geraten😅
Naja, 3000 Wörter sind vielleicht ein bisschen viel für einen Oneshot, also habe ich ihn in drei Teile geteilt.
Hier der erste...

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Also, als erstes: Ich will kein Mitleid.
Und auch keine Aufmerksamkeit.
Ich bin nicht depressiv.
Ich bin nicht wütend.
Nicht auf mich.
Nicht auf meine Freunde.
Auf niemanden.
Niemand hat Schuld.

Ich fühlte mich nur so unnötig.
Und so überflüssig.
Also bin ich von dort weg. Aus der UWG.
Ich, der Kerl, der irgendwie überall als Komparse zu sehen ist, im Hintergrund, auf jedem Kanal.
Nur nicht auf seinem eigenen.
Der Gitarre spielen kann.
Aber das können auch andere.
Der singen kann.
Aber das können auch andere.
Der sich mit dem ganzen Web-Zeugs auskennt.
Aber das tun auch andere.
Der nur durch seinen besten Freund bekannt geworden ist.
Aber der kann den gemeinsamen Kanal auch alleine schmeißen. Er hat ja noch andere Freunde.
Der kleine, seltsame, auf Metal stehende, Flachwitze reißende Hobbit.
Darf ich vorstellen? Ich.
Frodo.
Was ist an mir schon besonders? Was kann ich denn, was niemand sonst kann?
Gar nichts.
Musik macht Fewjar auch.
Tell You What Now kommt ohne mich zurecht.
Flo schafft das mit DoktorFroid alleine, der Kanal ist ja erst durch ihn überhaupt bekannt geworden. Genau wie ich.

Die Landschaft zog an mir vorbei, doch ich hatte keinen Blick für sie übrig. Ich fuhr nach Westen, nachdem ich einige Zeit in einer Jugendherberge in Berlin gewohnt hatte.
Ich dachte an den letzten Abend in der UWG. Alle hatten sich versammelt, doch den wahren Grund für meinen Auszug hatte ich ihnen nicht gesagt.
Doch natürlich hatten sie gemerkt, dass ich in den letzten Wochen anders war, also ließen sie mich gehen.
Fewjar und die Spacies sahen ziemlich traurig aus und Flo hatte sogar ein bisschen geweint.
Aber sie würden es schaffen.
Ich nahm mein Handy in die Hand, sah es lange an. Dann schaltete ich es aus.
Auf meinen Knien lag ein Schreibblock, in den ich meine ganzen Ideen aufgeschrieben habe. Neues Zeug, Ideen aus Frodos Kopf.
Ich grinste vor mich hin.
Als die junge Fahrkartenkontrolleurin kam, hatte ich sogar ein Lächeln für sie übrig.
"Hey, du bist doch... Bist du nicht Frodo?"
Ihre Augen glitzerten.
"Ja, der... bin ich"
"Oh wow! Du bist mein großes Idol! Du bist ein Allroundtalent, du kannst Musik machen, Gitarre, Drums, Singen, und die Videos mit dir sind eh die lustigsten! Ich bewundere dich wahnsinnig! Durch dich bin ich zur Musik, zum Schreiben und Drehen gekommen"
Sie strahlte.
"Cool, ich freu mich, dass ich dich inspirieren konnte" Tatsächlich hatte sich ein kleiner Funken Freude in mir bereitgemacht.
"Warum bist du eigentlich schon seit zwei Wochen in keinem Video mehr gewesen?"
"Ich..." Ich zögerte. Warum will ich es dieser fremden Person überhaupt erzählen?
Mein Blick wanderte zu meiner Tasche mit dem Equip, der Kamera, der Mikro und so weiter, weiter zu meiner viel kleineren Klamottentasche und meinem Longboard bis hin zu meiner Gitarre.
"Ich mach jezz erstmal mein eigenes Ding. Hast du auch einen Channel?"
"Ja, aber... Er ist nicht so bekannt und außerdem sehr durcheinander" Sie lachte nervös.
"Schreibst du mir den Namen auf?" Ich lächelte ihr beruhigend zu.
"Klar, wenn du willst"
Sie versuchte, cool zu bleiben, doch als ich ihr meinen Block reichte, zitterten ihre Hände vor Aufregung.
"Ju! Quatschst du schon wieder mit irgendwelchen Fahrgästen? Du sollst sie doch kontrollieren, Mensch! Da sind noch drei Wagen!"
"Ich muss los", murmelte sie hastig, lächelte noch ein letztes Mal und legte einen kleinen Tanz hin, als sie den Gang hinablief.
Ich grinste vor mich hin.

Bremen. Ich hatte einen Bekannten, Jonas, der hier studierte. Bei ihm war ich untergekommen. Er hat mit der ganzen YouTube-Sache nichts zu tun, aber er half mir, ein paar gute Videos zu drehen, auf die ich ziemlich stolz bin. Nach ein paar Wochen harter Arbeit hatte ich die ersten Videos abgedreht. Es fühlte sich gut an, einfach zu tun, was man möchte, ohne das Wissen, dass da jemand ist, der es auch oder sogar besser kann.
Doch nun hatte ich mir eine Pause verdient.
Ich klickte mich durchs Internet, doch mied die großen Kanäle meiner Freunde. Auch mein Handy blieb weiterhin ausgeschaltet. Stattdessen trieb ich mich auf kleineren Kanälen herum. Da fiel mir diese Ju aus dem Zug wieder ein. Ich hab den Namen ihres Kanals ein. 150 Abos, 20 Videos.
Ich sah mir das erste an. Sie tanzte in bunten Outfits durch ihr Zimmer, im Hintergrund lief ein Musikstück. In der Videobeschreibung stand, dass sie es selbst geschrieben hatte. Es klang außergewöhnlich gut.
Ähnlich aufwändig und kreativ waren auch ihre 19 anderen Videos.
Als ich mir die Kanalinfo durchlas, stellte ich fest, dass sie in Bremen wohnte. Zufall? Oder Schicksal?
Ich schrieb sie sofort an und fragte, ob sie vielleicht Lust auf eine Zusammenarbeit hätte.

Über einen Monat wohne ich schon bei Jonas, inzwischen war Ju zu uns gezogen, weil ihr Vermieter sie rausgeworfen hatte wegen ihrer lauten Musik. Sie studierte hier, nebenbei hat sie einen Job als Fahrkartenkontrolleurin und machte auch noch Videos. Und sie nannte mich ein Allroundtalent, das ich nicht lache!
Wir hatten unser erstes gemeinsames Musikvideo fertiggeschnitten und wollten es grade hochladen.
"Bereit?", fragte ich.
Sie atmete tief durch.
"Bereit" Sie klickte und das Video war on.

Wir waren unglaublich produktiv und es erfüllte mich mit wahnsinniger Freude, wenn ich unsere steigenden Abozahlen sah. Aber viel mehr als die Abos interessierten mich die Kommentare.
Die inzwischen weit über 7000 Abonnenten waren so gut wie alle sehr aktiv, viele ließen sich von uns inspirieren, andere bewunderten uns einfach. Die Zuschauer wussten nicht, dass ich Frodo war, mein Gesicht tauchte nie in den Videos auf und auch meine Stimme kam nur selten vor. Ich wollte nicht auf meine alte Bekanntheit aufbauen, ich wollte etwas vollkommen Neues kreieren, für mich, aber inzwischen vor allem für Ju. Sie hatte es verdient, sie war kreativ, produktiv, arbeitete oft bis tief in die Nacht.
Sie hatte die Anerkennung so verdient.

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