Berliner Cluster Oneshots

Die Burlesque-Tänzerin [Lady Marmelade]

Kurzinfo: Burlesque war eine Unterhaltungsform im 20. Jahrhundert. New Burlesque ist eine spezielle Art des Striptease, bei der es allerdings mehr um Kabarett und Unterhaltung (tease) als ums Ausziehen (strippen) geht, mit umwerfenden Kostümen auf einer großen Bühne. Es gibt einen sehr guten Film darüber (der heißt - Wunder oh Wunder - Burlesque!) aber solltet Ihr dafür keine Zeit habt, könnt Ihr als Einstieg auch das Musikvideo zu 'Lady Marmelade' ansehen.

(Ich habe diesen Oneshot btw lange vor dem Video zu 'Don't tell a weird weakling' geschrieben, aber er passt ziemlich gut)

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Es war eine blöde Idee.
Eine ganz hirnrissige Idee.
Die bescheuertste Idee, die ich je gehört hatte.
Ich seufzte und starrte zu den leuchtende Lettern auf, die in Großbuchstaben das Wort "Burlesque" in die ganze Straße schrieen.
Meine Freunde hielten das für eine gute Idee.
Ich nicht.
Gut, sie waren auch schon sehr betrunken.
Ich nicht.
Eine Burlesque-Tänzerin wollten sie abschleppen.
"Burlesque-Tänzerinnen sind zum Tanzen da", hatte ich eingewendet. "Sie werden von tausend Männern angehimmelt. Bei solchen Frauen habt ihr keine Chance"
Vergebliche Liebesmüh. Fünf gegen einen. Seufzend war ich Frodo, Felix, Flo, Rick und Steve gefolgt, um sie nach ihrem Misserfolg wieder nach Hause zu bringen. Zum Glück waren sie auch im betrunkenen Zustand lieb und handzahm.
Und furchtbar dämlich. Niemals würde eine der Tänzerinnen sich auf diese Männer einlassen, die beinahe noch Jungs waren. Sie würden unverrichteter Dinge wieder abziehen, traurig und gefrustet. Aber ich hatte es ihnen ja vorher gesagt.
"Jako, kommsst du?" Frodo hatte den Kopf zur Tür herausgestreckt, direkt hinter ihm Flo und Steve.
"Leute, diese Frauen werden euch nicht einmal angucken, geschweige denn mit euch reden"
"Egal. Die Musik ist gut!", rief Steve
Seufzend folgte ich den dreien und sah auch schon Rick und Felix, die zur Musik in einer Ecke tanzten.
Ich verdrehte die Augen, als sich auf Flo, Frodo und Felix ihnen anschlossen. Die Burlesque-Tänzerinnen schienen sie schon vergessen zu haben.
Der Raum war sehr groß, mit Tischen und Stühlen, einer Bar und einer großen Bühne mit schweren Vorhängen, doch die Vorhänge waren heruntergelassen und die Bühne verlassen.
Ein Mann mit Eyeliner, Ohrring und einem schwarzen Hut und eine große Frau mit langen lockigen, dunklen Haaren und stark geschminkten Augen, die mich sehr an Cher erinnerte, standen hinter der Bar und putzten Gläser. Ich ging auf sie zu.
"Hallo Süßer. Was darf ich dir bringen?", fragte der Mann und zwinkerte mir zu.
"Erstmal gar nichts, Danke" Ich lächelte. Süßer Kerl. "Ich wollte mich nur für meine Freunde entschuldigen...-" Dabei deutete ich über die Schulter. "-... sie sind harmlos. Wenn sie stören, ich hab sie in fünf Minuten soweit, dass sie wieder gehen"
"Das ist lieb von dir, Kleiner", meldete sich Cher mit sehr rauchiger, dunkler Stimme zu Wort. "Aber unter der Woche ist sowieso nicht viel los. Lass deine Freunde ruhig ihren Spaß haben"
Sie stellte ihr Glas ab und begab sich in feinster Kellnermanier zu meinen Freunden, um sie nach ihren Getränkewünschen zu fragen. Währenddessen hatte der Mann mir einen Longdrink gemischt.
Als ich dankend ablehnen wollte, winkte er ab.
"Geht aufs Haus, Schätzchen"
"Aber ich sollte keinen Alkohol..."
"Weiß ich doch, ist alkoholfrei", unterbrach er mich, legte mir verständnisvoll die Hand auf den Arm und wandte sich dann wieder seinem Glas zu, dass es zu polieren galt.
"Und du spielst für deine Freunde also den Aufpasser?"
"So in etwa, ja" Ich nahm den Strohhalm und trank einen Schluck.
"Ich bin Danny"
"Jako. Wow, der Drink ist wirklich lecker, Danke"
"Wie kommt ihr denn auf die Idee, in so einem Schuppen aufzutauchen, Jako?", fragte er interessiert.
"Naja, mein Freund Frodo, der Kleine da..." "Passender Name", grinste er.
"Stimmt. Also, er hat uns von einem Film erzählt, den er neulich gesehen hat. 'Burlesque'. Mit Cher und Christina Aguilera. Er war total begeistert davon. Naja, und später, als der Alkoholpegel stieg, kamen er und Steve auf diese bescheuerte Wette, eine Burlesque-Tänzerin abzuschleppen"
"Dann hat er den Film nicht aufmerksam gesehen. Wir sind doch kein Bordelle!" In Danny's Augen funkelte ein Hauch von Empörung.
"Weiß ich, nimms ihnen nicht übel. Sie haben die Wette auch bestimmt schon wieder vergessen..."
Ich sah über die Schulter. Cher kam grade zurück. Meine Freunde alberten herum, tanzten zu der Musik und ich dankte dem Himmel, Cher oder wem auch immer, dass sie wenigsten halbwegs leise waren.
Etwas perplex sah Cher zu Danny, dann kurz zu mir, dann wieder zu ihm.
"Danny... die wollen alle bloß Mate trinken"
"Kein Problem" Seine Wut schien verraucht. Schon war er munter im Hinterzimmer verschwunden.
"Das hatte ich noch nie... Mate... Kleiner, deine Freunde sind seltsam"
Cher musste sich erstmal setzen.
"Waschechte Berliner eben", grinste ich.
"Ja. Ja, das sind sie. Der eine hat mir in feinstem Berlinerisch erzählt, warum ihr hier seid"
"Wegen der Wette?"
"Wette? Welche Wette? Die möchten alle lernen, wie man Burlesque tanzt! Unglaublich... Kleiner, ich habe diesen Laden nun schon fast 30 Jahre und noch nie sind mir so liebe Kerle untergekommen" Cher schien es immer noch nicht glauben zu können. Danny war zurück, mit fünf Flaschen Mate auf einem Tablett. Sie hielt ihn am Arm zurück.
"Danny, bring mir einen Cognac. Einen ganz großen"
"Sofort, Mylady"
Er servierte meinen Freunden die Mate, dann brachte er Cher ihren Cognac. Sie schien sich wieder einigermaßen gefasst zu haben.
"Weißt du, Kleiner... Als Burlesque-Tänzerin muss man mit vielen Männern fertigwerden. Männer, die dir an die Wäsche wollen. So etwas bin ich einfach nicht gewöhnt. Verzeih mir, dass ich so auf deine Freunde reagiere"
"Kein Problem" Ich zuckte mit den Schultern und trank noch einen Schluck.
"Es tut mir leid, heute ist gar keine Show geplant...", entschuldigte sie sich abermals. "Aber eine unserer besten Tänzerinnen, Martina, wollte heute ihre neue Nummer üben. Du kannst sie dir umsonst ansehen"
Cher verschwand hinter der Bühne.
"Du wirst Martina lieben, glaub mir. Sie ist die wiedergeborene Christina"
Ich nickte bloß. Ich hatte den Film, von dem Frodo erzählt hatte, nie gesehen und somit hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukam.
Martina zeigte es mir.
Sie kam auf die Bühne geschritten, in einer roten Korsage, mit langen blonden Haaren und einem Make-Up, das einem Kunstwerk glich. Sie war umwerfend. Sie hatte diese Ausstrahlung, ich weiß nicht... Ich würde sie am liebsten sofort zeichnen wollen.
Doch ihr Aussehen war nichts im Vergleich zu ihrem Tanz. Ich bekam die nächsten fünf Minuten den Mund nicht wieder zu. Danny stand neben mir und grinste wie ein Idiot.
"Martina ist unsere beste Tänzerin" In seiner Stimme schwang ein gewisser Stolz mit.
Ich konnte die Augen nicht von ihr lassen, als sie mit ihrem nächsten Tanz begann. Sie hatte etwas an sich, dass mich unendlich faszinierte.