Kapitel 10

35 0 0
                                    

Mittlerweile ist es 18:43 Uhr und Jared und meine Eltern sind zu Hause angekommen. Bin gespannt was es zum Abendessen gibt. Wenn die Eltern nicht da sind und der Bruder nicht kochen kann, fällt die Auswahl sehr klein aus, außer ich bewege mich dazu etwas zu kochen. Deswegen freut man sich umso mehr, wenn es im Flur nach Essen riecht. Ich öffne die Tür zum Flur und atme den Duft von frischem Fisch ein. Yes, paniertes Seelachsfilet, mein Lieblingsessen. Ich rufe nach unten: "Mom? Wie lange dauert das Essen noch?"
Keine Reaktion.
Gut dann gehe ich halt runter und frag nochmal. Ich gehe die Stufen langsam nach unten, um nicht noch einmal mit dem Arm hängen zu bleiben.

"Mom? ", frage ich als ich kurz vor der Küchentür bin. Keine Reaktion. Alles ist irgendwie so still hier. Langsam betrete ich die Küche. Das kleine Licht über dem Herd brennt, ansonsten ist es dunkel. Das Essen brutzelt vor sich hin. Ich nehme es vom Herd bevor es anbrennen kann und rufe noch einmal. "Mom?"
Im Augenwinkel bemerke ich wie jemand in der Tür steht, doch als ich hinsehe ist er weg.
Ich gehe langsam auf die Tür zu.
5 Schritte
4...
3...
2...
1...
Ich luge um die Ecke. Niemand zu sehen.
Wo ist sie denn? Und warum fange ich schon wieder mit zählen an? Das hab ich früher immer gemacht, keine Ahnung warum. Oh man ich hab ne scheiß Angst...

Ich gehe den Flur entlang und rufe die Treppe nach oben: "Jared?"
Auch von ihm kommt keine Antwort.
Als ich mich gerade wieder umdrehen will um in die Küche zu gehen spüre ich wie jemand hinter mir steht. Ich drehe mich ruckartig um, ducke mich aus Reflex. Zum Glück, denn in dem Moment kommt irgendwas geflogen.
Ich stehe auf und renne zu der nächstgelegenen Tür, öffne sie, renne durch und schlage sie hinter mir zu.
Erst als ich wieder zu Atem komme, bemerke ich, dass ich das Haus verlassen habe.
Shit das war die Eingangstür. Natürlich musste es so kommen. Dein Schlüssel ist drin und du machst dich zum Obst wenn du jetzt klingelst. Außerdem könnte wer oder was auch immer das gerade war meine Eltern angreifen wenn sie zur Tür gehen... Oder mich...

Während ich überlege was ich tun soll, wird mir die Entscheidung abgenommen und Jared öffnet die Tür.
"Ähm, alles ok Schwesterchen? Ich hab dich schreien und dann die Tür knallen gehört. Hey, du weinst ja, komm rein kleine."
Jared ist nicht der typische große Bruder, der nur genervt von seiner Schwester ist, er ist einfühlsam und hat sich schon immer um mich gekümmert, da unsere Eltern viel beruflich unterwegs sind.
Nur das Kochen hab ich dann übernommen sobald ich älter war.

Er bringt mich nach drinnen und ich schaue mich panisch um, ob derjenige, der etwas nach mir geworfen hat noch da ist. Jetzt ist allerdings das Licht an und ich sehe niemanden. Genau wie das letzte Mal als Jared kam und ich ihm von dem "Einbrecher" berichtet habe.

Er führt mich ins Wohnzimmer auf die Couch, holt eine Decke und ein Glas Wasser, legt mir die Decke über die Schultern und reicht mir das Glas. Dankbar nehme ich einen Schluck und versuche mich zu beruhigen.
"Möchtest du drüber reden?", fragt er mich mit sorgenvollem Blick.
"Jared ich dreh langsam durch...", schniefe ich. Er reicht mir ein Taschentuch: "Warum, was ist denn los?"
"Ich... ich sehe Gestalten im Dunkeln. Sie beobachten mich. Ich weiß das klingt verrückt. Vielleicht werd ich ja verrückt..."
"Jess komm schon. Du bist die rational denkende Person hier. Es ist unmöglich, dass du verrückt wirst."
"Und wie willst du es dann nennen? Da ich rational denke, weiß ich, dass es nicht möglich sein kann das alles zu sehen und trotzdem seh ich es. Ich... ich denke ich werd jetzt schlafen gehen."
"Du solltest vorher etwas essen. Mom hat den Fisch schon in der Pfanne."
"Wo ist sie denn eigentlich?"
"Na in der Küche vermute ich. Warum?"

Ich stehe auf um nachzusehen und tatsächlich. Da ist sie.
"Mom? Ich hab den Fisch vom Herd genommen, wo warst du?"
"Oh danke Schätzchen, tut mir leid ich war im Garten frische Kräuter holen. Ist alles in Ordnung?"
"Ähm.. ja alles gut." Sie sieht mich misstrauisch an, belässt es aber dabei. Ich bin dankbar dafür. Es war schon schwer das Jared zu erzählen.
Beim Essen führt Jared die Gespräche und ich bin ihm dankbar, denn so lassen sie mich in Ruhe essen und ich kann auf mein Zimmer verschwinden.

Ich liege noch lange wach und versuche einzuschlafen. Meine Gedanken kreisen.
Was wenn ich verrückt werde? Aber verrückte denken nicht darüber nach ob sie verrückt sind oder...?
Was ist wenn morgen im Wald doch was schief geht? Hm naja, dass sich jemand verläuft denke ich nicht. Sie kennen alle den Wald. Zumindest den von uns abgegrenzten Teil. Aber andererseits ist es dunkel... Und wenn jemand anderes in dem Gebiet noch rumläuft, wo wir die Jungs erschrecken wollen? Oder jemand unbewusst durch die Absperrung läuft?

Ich schüttel meinen Kopf, als könnte ich damit die Gedanken vertreiben. Nicht so viel nachdenken, ich bin viel zu erschöpft.

Nach langem hin und her der Gedanken bin ich schließlich doch irgendwann eingeschlafen.

Als ich aufwache ist es bereits nach um 10 und ich quäle mich aus dem Bett und schleppe mich zur Dusche.
Ich genieße es, wie das heiße Wasser auf mich niederprasselt und versuche mich zu entspannen.

Alles wird gut gehen. Wir erschrecken die Jungs so richtig und dann denken sie sich wieder den nächsten Streich aus. So war es immer, so wird es wieder sein.
Ok, genug. Jetzt ab frühstücken und dann zu Amy, bzw zum Wald. Ich schreib ihr gleich, dass wir uns dort treffen.

Gesagt, getan.
Oder besser: Gedacht, getan. :D

Jetzt stehe ich am Treffpunkt und warte auf Amy.
Da hinten läuft wer, das könnte sie sein.
Okay so wie sie hüpfend und winkend auf mich zu kommt, kann das nur Amy sein.

"Hey, naa bereit für den großen Tag?? ", fragt sie während sie mich fast erwürgt.

"Amy, Luft...!"
"Oh, sorry"
Sie geht wieder etwas auf Abstand und ich atme durch.
Eigentlich bin ich nicht bereit, da ich mir viel zu viel Gedanken mache, aber naja... Jetzt ziehen wir es durch.

"Ja, denke schon."

Wir suchen uns eine Stelle mitten im Wald, wo die Bäume dichter sind und vermutlich, wenn es dunkel ist niemand weiter vorbeikommt. Das Absperrband befestigen wir in einem größeren Radius, damit es nicht langweilig für die Beteiligten wird, die Zettel zu suchen.

Die Zettel verteilen wir in dem Gebiet und uns fällt auf, dass hier ein kleines Häuschen steht. Es sieht so aus als wäre lange niemand mehr da drinnen gewesen. Wir öffnen die Tür und beschließen auf dem alten Holzstuhl, der an der Seite steht, einen Zettel zu platzieren. Mal sehen, ob hier jemand rein schaut. Amy will das Haus noch etwas erkunden und wir stellen fest, dass noch ein kleines Zimmer mit einem Bett, einer alten Couch und einem Kamin gibt. Dort ist noch eine Tür, ich vermute sie führt in einen Keller, doch sie ist mit einem stabilen Vorhängeschloss verriegelt.
Ist vermutlich besser so, nicht dass noch einer von den Jungs auf die Idee kommt dort runter zu gehen.

Wir verstecken die Kostüme im Wald. Ich hatte die Idee sie nicht anzuziehen, sondern auszupolstern. Dann können wir sie einfach nehmen und im Dunkeln auf die Jungs zurennen, das wird ein Spaß.

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt