Liv und Beorn (von Marry @zwillingsherzen)

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Lautlos und immer auf der Hut, pirscht Liv sich an das Haus der Beute an. Bald war es so weit. In einer Stunde würde die Sonne unter gehen. Sie hatte bereits vieles von diesem mysteriösen 'letzten Hautwechsler' gehört. Hier solle er wohnen, Dutzende Orks auf dem Gewissen und es spricht sich herum, jede Nacht würde er die Gestalt eines großen Bären annehmen, durch die Wälder streifen und sein Haus bewachen. Jeder der sich ihm oder dem Haus näherte war tot. Doch Liv nicht! Nein, sie war eine Waldläuferin mit Erfahrung. Einen Drachen hatte sie schon auf dem Gewissen, einen ganzen Orkstollen und den ein oder anderen Elben.

Liv musste lächeln, was konnte sie dafür dass sie von dieser hässlichen Visage Augenkrebs bekam? Diese arrogante Haltung und mit ihren Anmachsprüchen möchte sie lieber gar nicht anfangen. So schön wie eine Birke im Frühling, also bitte!

Doch nun war es Zeit ein weiteres Wesen auf ihrer Liste abzuhaken. Den letzten Hautwechsler! Heute Nacht würde sie ihn töten und sein Fell würde ihr neuer Umhang werden. Doch dazu musste sich dieser über 2 Meter große Typ erst einmal verwandeln. Sobald es dann so weit ist, ein einziger Giftpfeil und er würde binnen kurzer Zeit sterben. Das Ziel war jedoch, ihn in Bären Gestalt zu töten, was es noch schwerer machte. Liv konnte nicht einfach schießen und abwarten, er könnte sich zurück verwandeln. Nein, sie musste ihn sofort töten, mit Speer und Schwert.

Durch ihre Gedanken verlor sie jedoch den Blick auf den Hautwechsler, Beorn, glaubte sie, war sein Name und nun war er nicht mehr hinter dem Haus und hackte Holz, nein, er War weg! Verdammt! Aufmerksam lauschte Liv den Geräuschen der Natur. Eine Lerche sang, ein Hase verkroch sich schnell in seinem Loch. Irgendwo hörte sie Schafe und das Wiehern der Pferde kam von der Weide. Der Wind ließ die Blätter rascheln und der Geruch von nassem Holz kam ihr entgegen. Aber da War noch etwas. Ein stechender Schweiß Geruch stieg ihr in die Nase, dann ein dumpfes Gefühl dass sie durch ihre Hand die auf dem Boden lag wahr nahm. Er war hinter ihr!

Sofort griff Liv nach ihren Schwertern und drehte sich Ruckartig um, als sie direkt auf seinen verschwitzten Körper schaute. "Wer bist du und was willst du, Fremder?" Seine Stimme war Rau und tief, getränkt in Misstrauen und Hass. "Ich bin auf der Durchreise, sah euer Haus und hoffte auf einen Platz um mich schlafen zu legen." "Und deshalb beobachtet ihr mich?" "Man kann nie vorsichtig genug sein, ich wollte erst sehen ob es auch sicher ist, dort wo ich schlafe." "Ihr schlaft hier nicht!" "Es wird spät, bis zum Düsterwald ist es noch lang. Orks streifen durch die Gegend. Ich hatte nicht vor bei solch gefahren im freien zu übernachten, schon gar nicht, wo man einen Stall zur Wahl hat." "Ihr meint ihr seit auf der Durchreise?" "Wohl wahr." "Erzählt mir eure Geschichte! Ich will entscheiden ob ihr bleiben dürft."

Gerade als Liv fertig mit ihrer Geschichte war, wobei sie ein paar wichtige Details ausgelassen und andere Übertriebene Dinge dazu getan hatte, kamen Schafe an den Tisch, mit vielem leckeren Essen darauf. "Ich glaube zwar nicht dass eure Geschichte ganz der Wahrheit entspricht, doch ihr seit eine gute Geschichtenerzählerin, erzählt mir mehr bei einem Abendessen. Ihr müsst doch sicher hungrig sein." "Oh ja und wie!" Sofort nahm sich Liv ein Brot, bestrich es mit Honig und machte einen großen bissen. "Lecker!" Seufzte sie. Schon lange hatte sie nichts anderes mehr als Orkfleisch gegessen. Oder war es doch Menschenfleisch? Das war jetzt auch egal. Wie sagen die Trolle immer so schön, alles schmeckt nach Hühnchen, ausser Hühnchen, das schmeckt nach Fisch. Liv meinte zwar, Hühnchen schmecke immernoch nach Hühnchen, doch was will man von Trollen auch anderes erwarten?!

Trotzdem genoss sie dieses Abendessen in vollen Zügen. Sie war vor wenigen Tagen aus den Orkstollen entkommen. Diese hatten sie auf einem Pass auf welchem Liv zu Beorn wollte abgefangen und für ein paar Monate gefoltert. Trotz ihrer Kampf-Fähigkeiten war sie jedoch nie entkommen. Wie sollte sie denn auch wissen dass der einzigste Weg nach draussen, dort unten ist? Erst nach Ihrem Sturz wusste sie überhaupt von diesen Gängen.

"Ihr scheint lange nicht mehr richtig gegessen zu haben." "Hm?" Mist! Mal wieder in Gedanken versunken und nicht mitbekommen was andere für ne scheiße reden! "Sie haben wohl lange nicht mehr richtig gegessen, so wie sie zugreifen." "Ach, sie haben ja keine Ahnung." Liv nahm noch den letzten Schluck aus ihrem Krug mit leckerer Milch und stand dann auf. Ich wollte morgen früh los, könnten sie mir vielleicht den Ort zeigen an welchem ich mich schlafen legen kann?" "Natürlich!" Beorn stand ebenfalls auf und ließ noch geschwind eine süße kleine Maus von seiner Hand, als er voraus ließ, in den Stall.

"Hier könnt ihr schlafen, eine Decke kann ich Ihnen noch besorgen, aber versprechen sie mir über nach hier drinnen zu bleiben, draußen ist es zu gefährlich bei Nacht." "Geht klar!" Beorn ging und Liv machte es sich bequem. Pff, was dachte der denn? Sie würde nun warten bis er das Haus verließ und dann würde sie ihm folgen!

Liv lag sicher Stunden so da, als sie etwas hörte. Ja, jemand verließ das Haus! Sofort sammelte sich Liv all ihre Sachen zusammen und folgte Beorn nach draußen, als sie ihn auf einem Hügel sah und sich plötzlich verwandelte. In Einen Riesen großen Bären. Jetzt oder nie! Sofort pirschte sie in Richtung des Bären, als dieser jedoch bereits los rannte, direkt in den Tiefen Wald. Verdammt!

Sofort nahm Liv die Verfolgung auf. Bäume und Büsche zogen an ihr vorbei, als ein Schrei ihre Aufmerksamkeit erweckte. Ein Orkschrei! Liv folgte dem Geschrei, das Gemetzel wurde immer lauter, doch als sie dort war, waren schon alle tot und der Bär weg. Mist! Als sie eine große Kratzspur an einem Stamm entdeckte, ging sie näher heran um diese genauer zu betrachten, als ein Knurren und ein erstickter Schrei direkt hinter ihr hörbar wurden.
Als Liv sich umdreht sah sie Beorn in Bärengestalt, welcher gerade einen Ork zerfleischt. Nur auf kurze Entfernung spannte so eben ein Ork seinen Bogen, weshalb sie schnell den ihren zückte und den Übeltäter ermordete. Doch dies war nicht der einzigste. Liv hielt es nie für möglich dass Orks mal so schlau sein würden, doch so eben hatten diese Beorn und sie in einen Hinterhalt geführt. Kaum war der eine Bogenschütze tot, schossen Pfeile aus allen Richtungen und kaum das sie sich versah, lag sie schon auf dem Boden, ein Riesen Bär über ihr, der das Feuer abfing um sie zu retten.
Er atmete schwer, war jedoch noch immer bei voller Stärke und in Bärengestalt, weshalb sie den Eifer des Gefechts nutzte und ihr Schwert umklammerte. Noch immer flogen die Pfeile und sie wusste Beorn konnte sich nun einfach aufrichten und alle vernichten, doch das tat er nicht. Er ließ nicht von Liv ab. Schaute ihr tief in die Augen, während er unter jedem neuen Pfeil zusammenzuckte. Das reicht!

Sie festigte ihren Griff um das Schwert, flüsterte ein es tut mir leid und rammte es ihm in den Bauch. Sie konnte den Schmerz in seinen Augen sehen, als sie sich schon weg rollte, damit Beorn nicht auf sie fiel. Dieser krachte sogleich auf den Boden und sie nahm noch Ihr zweites Schwert und machte kurzen Prozess mit den Orks, als sie auch bald wieder schwer atmend neben ihrer Beute stand und das Gemetzel betrachtete. "Dass Orks neuerdings auch Bogenschießen ist eine Sache. Aber keiner durchlöchert mir meinen neuen Umhang!"

Noch in dieser Nacht häutete sie Beorn, welcher tatsächlich in Bärengestalt geblieben war und nahm ein Stück seines Fleisches als Proviant mit. Den Rest ließ sie liegen. Es war keine Zeit ihn zu begraben, Orks oder andere Tiere würden ihn schon essen. Gefühle waren hier fehl am Platz. Er war ein netter Kerl dieser Beorn. Und auch wenn er für sie Dutzende von Pfeile abgefangen hatte. Die Mission war klar, der Zeitpunkt günstig und das Ziel greifbar. Das Leben einer Kreatur steht nicht über der Ehre eines wahren Trophäenjägers. Ja, sie war kein einfacher Waldläufer. Liv war eine Trophäenjägerin und nun in dem Besitz eines Umhangs aus dem Fell des letzten Hautwechslers.

Wieso sie wirklich in den Orkstollen war? Gollum war einzigartig, der eine Ring ist einzigartig. In ihrer Tasche hatte sie ihn, den einen Ring und einer von Gollums Zähnen schmückte nun ihre Kette, an der nun auch Beorn s Zahn hing. Direkt in der Mitte neben den Zähnen all ihrer Opfer. Ausser des einen Ents. Aus seinem Holz, machte sie die Schnur!

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