Kapitel 7

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PoV Palle

"Sou, die letzte Stunde fällt ja aus. Dann möchte ich mal nicht so sein. Einen schönen Nachmittag euch. Ihr dürft gehen", schloss unser Lehrer den zweiten Stundenblock fünf Minuten früher. Sofort schmiss ich alle meine Dinge in die Tasche und rannte förmlich zum Bus. Basti und Freddie schauten zwar komisch, akzeptierten es aber.

Die Minuten im Bus kamen mir viel zu lang vor und kaum kam die Durchsage, dass wir die Station von Tim und mir erreichen würden, stand ich schon wieder wartend vor der Bustür. Ich sprang hinaus und lief in die Richtung von Tims Wohnung. Kaum stand ich vor dem Haus, klingelte ich stürmisch und trat ungeduldig von einem Bein auf das andere. Als das Summen ertönte, das mir zeigte, dass die Tür zu öffnen war , sprintete ich zu der Wohnung von Tim. Er erwartete mich schon an der Tür von dieser und zog mich in eine Umarmung. Ich erwiderte diese und, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten, begutachtete ihn. Er hatte ziemlich rote Augen. Er hatte also wieder angefangen zu weinen. Gut, oder Drogen genommen, aber das bezweifelte ich. „War sie schon da?", fragte ich zaghaft. Er schüttelte den Kopf und zog mich ins Wohnzimmer. Dort sah es schrecklich aus. Überall lagen gebrauchte Taschentücher und auf dem großen Flachbildschirm konnte ich sehen, wie Marty McFly im Wilden Westen unterwegs war. Der Film lief auf lautlos und als ich auf den Tisch zutrat, um die Fernbedienung zu nehmen und den Ton wieder einzuschalten, erblickte ich eine Reihe von Bildern, die allesamt Tim und Marie zeigten. Mal standen sie vor irgendwelchen Sehenswürdigkeiten, mal saßen sie in einem Restaurant und bei einigen saßen sie mit Katzen auf der Couch. Stimmt, die Katze, von der Basti erzählt hat. Ich griff die Fernbedienung und drehte mich wieder zu Tim um. „Wie gehts eigentlich deinen Katzen?", fragte ich, mehr um ihn von Marie abzulenken. Er schaute mich irritiert an: „Woher weißt du von Indie?" „Indie? Von Indiana Jones?" Er nickte: „Ich hatte auch mal eine mit Namen Marty, aber er musste eingeschläfert werden." Traurig blickte er auf den Boden und ich schluckte. Eigentlich wollte ich ihn doch ablenken. „Das tut mir Leid", murmelte ich daher. Er winkte ab. „Ist schon länger her" Ich nickte. Es herrschte eine peinliche Stille. Keiner von uns wusste so recht, was er sagen sollte, also richtete ich mich wieder zum Fernseher und schaltete die Lautstärke hoch.
Wir vertieften uns beide in den Film und keiner von uns sagte ein Wort. Als wir den Schlüssel in der Wohnungstür hörten, zuckten wir beide zusammen. „Hallo, Tim? Bist du schon zuhause?", hörten wir eine Frauenstimme. „Wohnzimmer", antwortete dieser. „Oh, was ist passiert? Bist du krank? Sonst hättest du doch heute bis 17 Uhr", Sie eilte ins Wohnzimmer, „Oh, Patrick, was willst du hier, habt ihr schon wieder Nachhilfe." Sie lachte gekünstelt. „Er hat es mir gezeigt, Marie. Ich weiß Bescheid, es ist aus!", sagte Tim mit erstaunlich fester Stimme. Marie schluckte. „Tim, du verstehst das nicht. Es war nicht das, wonach es aussieht. Ich liebe dich, nur dich. Bitte, bleib bei mir." Tim schüttelte den Kopf. „Die Wohnung läuft über dich. Ich hab das nötigste gepackt und such mir für die erste Zeit ein Hotel. Wenn ich eine Wohnung gefunden habe, komm ich zurück und nehm Sachen wie meinen PC und den Fernseher mit. Indie kommt jetzt mit. Mach dir ein hübsches Leben mit dem Kerl. „Tim, nein, warte, lass uns reden, bitte" „Nein, komm Pat, wir gehen", Tim verließ den Raum und verschwand in einem anderen. Ich machte mich daran, ihm zu folgen. Als er wieder hervortat drückte er mir eine Tasche in die Hand. „Kannst du die nehmen? Ich nehm den Rest" Etwas perplex nickte ich. Tim schien alles geplant zu haben. „Patrick? Kommst du?", riss mich seine Stimme aus den Gedanken. Er stand an der Tür und hielt diese auf. In der Hand hielt er einen Käfig mit einer weißen Katze und auf dem Rücken trug er einen großen Rucksack. Ich nickte nur und folgte ihm in das Treppenhaus. „Ich bring dich jetzt nach Hause. Ich muss dir nochmal danke sagen, dass du es mir erzählt hast. Bist irgendwie, wie ein Kumpel", begann er zu reden. „Ähm, Danke?", grinste ich. „Du siehst das wahrscheinlich nicht so als Kompliment, von deinem Lehrer als Kumpel betitelt zu werden", meinte er mit einem Lächeln auf den Lippen. „Naja, der normalste Lehrer bist du für mich jetzt nicht, auch eher Freund, zumindest außerhalb des Matheunterrichtes", erwiderte ich. Er lachte kurz auf, während er einen schwarzen VW Golf aufschloss. „Steig ein!" Ich nickte und öffnete die Beifahrertür. „Du wohnst hier in der Gegend oder?", fragte er mich. Ich nickte erneut. „Super, dann sag mir einfach, wo ich abbiegen muss" „Tim, hast du schon einen Ort für die Nacht? In ein Hotel kannst du mit der Katze wahrscheinlich nicht, oder?", fragte ich. Er schüttelte den Kopf. „Zu Not schlaf ich eben im Auto" Bestürzt sah ich ihn an. „Tim, du bist 1,93 Meter groß, du kannst nicht in einem Golf schlafen" Er zuckte mit den Schultern. Ich schluckte: „Wenn meine Mutter nichts dagegen hat, kannst du auch mit zu mir, besser als im Auto..." Er sah mich an. „Wirklich? Das wäre okay? Ich meine, ich bin dein Lehrer" Ich nickte. „Wenn meine Eltern sagen, es ist okay, dann kannst du das machen" „Danke Patrick, was würde ich ohne dich machen"

Ein Lehrer ist mein Freund? | Bergluten [ABGEBROCHEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt