Kapitel 1

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Welcome to the Thomson Stabels- oder wie blamiert man sich am aller besten vor einem Vielseitigkeitsreiter

Ich seufzte als ich die Autotür hinter mir zuschlug. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Ich ließ meinen Blick schweifen.

Der Hof schien klein. Das gelbverputzte Haupthaus mit dem weißen Fries bildete das Zentrum des Hofes. Als ich einen Schritt machte um mich zu drehen knirschte grauer Kies unter meinen Füßen. Zwei Wege führten um das Haus herum. Wo führte die wohl hin? Schon auf der Hinfahrt waren mir die vielen Weiden aufgefallen, die die Auffahrt zum Hof säumten und das kleine Gut umgaben.

Früher hatte ich immer davon geträumt auf so einem Hof zu leben. Mit 22 war dieser Wunsch in den Hintergrund getreten und ich war einfach nur froh meinen Bachelor in der Tasche zu haben.

„Livina? Right?" rief eine Frau mit starkem britischen Akzent. Ich wandte mich zu der Person um. Eine Frau Anfang 60 in schwarzen Gummistiefeln, Jeans und dunkler Steppjacke kam mit großen Schritten auf mich zu. „Ja" bestätigte ich verwirrt. Lächelnd blieb sie vor mir stehen. „Susanna Thomson. Ich freu mich dich kennenzulernen. Deine Eltern haben mir schon so viel von dir erzählt." begrüßte sie mich und streckte mir ihre Hand hin. Ich ergriff sie. Hatte die Frau einen starken Händedruck! „Ich glaube du wirst David gefallen." fuhr sie fort „Lass uns ins Haus gehen und ich stelle ihn dir direkt vor. Wir haben schon auf dich gewartet" „Was ist mit Maitänzer?" wies ich auf mein Pferd hin, das ungeduldig auf dem Hänger stand. „Um den wird sich unsere Pferdepflegerin kümmern." winkte sie ab. Mir gefiel der Gedanke eigentlich nicht, dass sich eine fremde Person um meinen Haflinger kümmern sollte. Trotzdem folgte ich ihr die ausladend Steintreppe hinauf und durch die hölzerne Flügeltür in das Haus.

Innen fühlte ich mich etwas von den Eindrücken erschlagen. Auch innen gefiel mir das Gebäude unglaublich gut und wirkte wie aus einem meiner Prinzessinnenträumen aus meiner Kindheit. Alles wirkte so herrschaftlich und ich fühlte mich in meinen ausgetretenen Sneakern, der bunten Karobluse und der zerrissenen Jeans total fehl am Platz. Ich glaube kaum, dass ein Typ der so lebt sich für mich interessieren könnte. Geschweige denn das dieser David mein Typ ist.

Erst jetzt bemerkte ich das Modepüppchen das ebenfalls im Eingangsbereich stand. Sie schien jedenfalls besser in dieses ganze Haus zu passen. In dieser ordentlichen beigen Reithose, den zum Oberteil perfekt passenden Reitsocken und den hellblondgefärbten langen Haaren. Sie musterte mich ebenfalls. Wenig begeistert. Wer war sie überhaupt?

„David? Darling are you here?" rief Frau Thomson nach ihrem Sohn. Oben auf der Treppe bewegte sich etwas. Eine Tür öffnete sich. „Mum? What's wrong?" ein schlanker Mann Mitte zwanzig trat auf den Treppenabsatz und blickte fragend zu seiner Mutter runter. „Who is that?" abschätzig blickte er aus blauen Augen zu uns runter.

Zuerst stellte seine Mutter das Modepüppchen vor „This is Estefania von Buecke" dann wandte sie sich mir zu „and this is Livina Keubel". Diese Estefania war schon hin und weg. Mir hingegen war dieser David einfach zu unfreundlich! „Why are they here?" kein hallo, keine Vorstellung nein! Einfach mal weiter so tun, als ob wir Luft wären. Seine Mutter warf ihm einen Blick zu. „Mum! No! No way!" entrüstet sah er seine Mutter an und fuhr sich durch die dunklen Haare. „No way? Common! You are so lonely." er schüttelte den Kopf „I am not lonely. I have..."  „I know! You have your horses! But these Girls are really nice and would suit you very well. Get to know each of them and then we talk again!" da hatte wohl jemand ein Machtwort gesprochen. Danke! Der Brite zuckte bloß mit den Schultern und wirkte wenig begeistert. „Estefania is a good Dressagerider. She has won some prices last season" das erklärte den Aufzug der Dressurzicke. „Effi, please" warf das Püppchen ein. Die Stimme ging ja runter wie Öl. Engelsgleich wenn auch ein kleines bisschen zu hoch. „And?" griftete David genervt. „Livinia is such a cute Person. I know her Parents. Such a lovely Familie" Naja was man eben so mitbekommt wenn man im Hofladen einkauft. „Levinia, Lavinia or what ever. Was reitest du?" Oh fast Akzent frei. Respekt. „Livinia. Livi ist glaube ich einfacher für alle Beteiligten" gab ich säuerlich zurück. Sah ich da gerade seine Mundwinkel belustig zucken. Das war jawohl nicht sein Ernst! „Ich reite ‚nur' Freizeitmäßig" erklärte ich schon etwas ruhiger und rang ihm damit nur ein belustigtes schmunzeln ab. „Dann ist das dein Pony, das Viviane gerade in den Stall gebracht hat?" wieder dieses arrogante Grinsen. „Ist das schlimm?" Ich entgegnete das Grinsen. „I see. You already like eachother." ging seine Mutter dazwischen. Yeahy! Perfekter erster Eindruck aka voll Blamage!  „Not at all" grummelte er und drehte sich um. Damit verschwand er wieder.

„Er ist ein bisschen compli..kompli...kompliziert" entschuldigend sah Frau Thomson zwischen mir und Effi hin und her. „Ich zeige euch erstmal the Stable" damit lief sie wieder vorne weg und wir dackelten hinter her.

Dieser David war mir ja mal ein komischer Typ. Das klang in der Einladung alles ganz anders. Nicht so unwillig. Gut was hatte ich erwartet? Welche Mutter muss schon für ihren Sohn eine Freundin suchen?!

Der Stall war luftig und groß. Genau nach meinem Geschmack. Zuhause stand Maitänzer mit einem kleinen Pony und einem Pferd in einem Offenstall auf unserem Bauernhof. Aber hier dürfte sich mein Dunkelfuchs auch wohlfühlen.  

Effi hatte ein richtiges Dressurpferd mitgebracht. Muskelbepackt, schlank mit freundlichen Augen und strahlendem weißem Fell. Kurz ihr Pferd passte zu ihr.

Und mein Pony passte zu mir. Klein, frech, alles andre als elegant auf den ersten Blick und arbeitswillig. Und passte auf einen Bauernhof. So ein Sportpferdchen einfach nicht.

„Wir haben noch eine Reithalle, ein Außenplatz und hinten auf den Weiden ist noch ein XC- Parcours. Die müsst ihr unbedingt mal ausprobieren." nee nichts für mein Pony. Effi wirkte hingegen total begeistert „Auch Springen ist für ein Dressurpferd sooo wichtig". Das brauchte ich alles eigentlich gar nicht „Kann man hier auch ausreiten?" fragte ich deshalb. „Naturally! Es gibt einen Weg durch den Wald. Wirklich schön. David kennt hier alle Wege. Er kann sie dir zeigen." vielleicht kam er dann von dem hohen Ross von eben runter. „Ja das wäre nett" meinte ich lächelnd. „Ich werde ihn gleich mal fragen" „Also ich würde mich, dann auch anschließen!" warf Effi sich dazwischen. Sie sammelte auch gerade keine Sympathiepunkte.

„Was machst du eigentlich zuhause? Ich habe bei euch auf dem Hof nie eine Reithalle oder einen Platz gesehen." die blauen Augen von Davids Mutter blickten mich neugierig an. „Ich reite nur aus" Effi klappte der Kiefer runter „Und wie trainierst du dann? Dein Pferd muss doch auch Muskeln aufbauen?" „Wir machen Dressurarbeit im Gelände. Man muss sich eben den Gegebenheiten anpassen." Frau Thomson zog beeindruckt die Augenbrauen hoch „Good Attitude!". „Also unsere Anlage am Schloss ist gut ausgebaut nur für mich und meine Geschwister damit wir richtig trainieren können. Ich bitte dich Dressurarbeit im Gelände? Wem willst du was vom Pferd erzählen?" Dressurdiva und sie begab sich gerade in den Sympathieminusbereich.

Keiner macht Witze über mein Pony und schon gar nicht so eine dahergelaufene Dressurbitch. Ich schwor mir ruhig zu bleiben.

„Wirklich schöner Hof!" wandte ich mich deshalb zurück an Davids Mutter. „Danke. Das wird meinen Mann freuen zu hören. Er hat sich so viel Mühe mit diesem Hof gegeben." sie lächelte „Ihn werdet ihr beim Abendessen kennenlernen." So lange Herr Thomson nicht genauso drauf war wie sein Sohn sollte mir das recht sein. Ich war mir immer noch unsicher warum ich mir das hier antat oder viel mehr den übellaunigen Vielseitigkeitsreiter.

Catch the Eventer- oder wie verdrehe ich einem Vielseitigkeitsreiter den Kopf?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt