Kapitel 4: Plan B

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Sky


Es vergingen ein paar Tage seit meinem Besuch bei Undertaker.
Sie waren normal gewesen: Unterricht, Fag-Zeit, Swan Gazebo, ein bisschen Freizeit, die seit unserer Ernennung aber relativ knapp geworden war. Des Weiteren schrieben wir Ende dieses Jahres unsere Abschlussprüfungen. Ich starb an den Gedanken daran.
Nach der Fag-Zeit sagte Amy zu mir, dass sie rausgehen wollte. Frank war wohl nur noch heute in der Stadt und wollte mit ihr und Fred noch etwas unternehmen, bevor er zurück nach Deutschland fuhr. Sie bot mir an mitzukommen, doch ich winkte ab. Frank war für Amy wie ein Onkel, nicht für mich. Ich kannte ihn und Fred nicht gut und das fünfte Rad am Wagen wollte ich nicht sein.
So verließ die Phantomhive nachdem sie sich umgezogen hatte unsere 2-Frau-WG und ich steckte meine Nase in ein Buch über 'Rokoko'.
Ich hatte mich gerade an meinen kleinen Schreibstich gesetzt und mein Buch aufgeschlagen, da klopfte es an meine Zimmertür.
„Hm?", machte ich und Amy steckte ihren schwarzen Schopf durch den Rahmen: „Sky?"
„Du bist noch da?"
„Ich war noch kurz beim Postkörbchen. Du hast einen Brief", sie streckte mir einen Umschlag hin. Sie sah irgendwie leidend drein: „Vom Jugendamt."
Ich blinzelte, als ich skeptisch den Kuvert entgegennahm: „Aha?"
„Soll ich hier bleiben?", fragte Amy mitfühlend.
Ich schüttelte dünn lächelnd den Kopf: „Nein, geh du. Fred und Frank warten sicher schon."
„Also, wenn du mich brauchst..."
„Amy, jetzt geh", ich wedelte mit dem Umschlag: „Da wird schon nichts dramatisches drin sein. Ich werde bald 18. Wahrscheinlich nur so ein Formbrief der mich darüber belehrt, dass ich bald für mich selbst verantwortlich bin."
„Okay", machte Amy gedehnt: „Dann bis heute Abend."
„Bye, bye."
Amy schloss die Tür und ich starrte auf den weißen Brief. »Youth Office, London« prangte es unheilvoll in einer Ecke des Umschlages. Einige Minuten starrte ich den weißen Brief nur an. Post vom Jugendamt war eigentlich immer ein Bote drohenden Unheils. Seufzend riss ich schließlich mit einer gewissen Frustration den Brief auf und meine Augen flitzten über die getippten Zeilen. Ich überflog sie immer und immer wieder vollkommen fassungslos. Ich glaubte meinen Augen nicht, als ich die Nachricht zum 6 x las:

»In Angelegenheit von Skyler Rosewell, Aktennummer 52499116:

Anfrage auf Kontakt von der leiblichen Mutter Tonia Rosewell und dem leiblichen Vater Graham Rosewell zu der in Obhut genommenen Tochter, Skyler Rosewell.

Sehr geehrte Miss Rosewell,

wir möchten Sie hiermit informieren, dass ihre leiblichen Eltern eine Anfrage auf Kontaktaufnahme zu Ihnen gestellt haben.
Daraufhin prüften wir die derzeitigen Verhältnisse Ihres Elternhauses.
Wir stellten zu unserer großen Freude fest, dass ihre Eltern alle ihnen auferlegten Vorgaben zur unserer vollsten Zufriedenheit abgeschlossen haben und nun geregelte Verhältnisse in dem Umgang zwischen ihrer Mutter, ihrem Vater und deren Umfeld besteht.
Daraufhin steht einer Wiederaufnahme des elterlichen Umgangs von unserer Seite nichts entgegen.

Bitte finden Sie sich am 08.10.2015 um 14:30 Uhr in meinem Büro ein, um weitere Details mit mir persönlich zu besprechen.

Mit freundlich Grüßen

Ilona Hemsworth, Sozialarbeiterin«

Mir fiel alles aus dem Gesicht, als mir klar wurde, was diese Zeilen bedeuten konnten. Schwerer Schock lähmte meinen Körper förmlich und ich starrte weiter auf das Papier, ohne es weitere Male durchzulesen. Ich starrte einfach nur, während ich versuchte meine rasenden Gedanken zu sortieren und mein wild hämmerndes Herz zu beruhigen. Doch es gelang mir nicht richtig. Der Brief rutschte aus meinen Fingern und segelte zu Boden, als ich mein Gesicht in meinen Händen vergrub und meine Füße auf den Rand meines Stuhls stellte. Ich wusste nicht wie lange ich so zusammengekauert auf meinem Schreibtischstuhl gesessen hatte, doch es war sicherlich länger, als eine ganze Stunde gewesen. Ich entfaltete mich irgendwann und griff mein Handy:
- Sky [30.09.15, 14:12] Hey. -
- Amy [30.09.15, 14:16] Hey! -
- Sky [30.09.15, 14:16] Na? Wie ist es bei euch? -
- Amy [30.09.15, 14:16] Gut :) Wir haben viel Spaß! Es tut gut mal wieder mit Fred und Frank unterwegs zu sein. Essen gerade einen Burger und quatschen über alte Zeiten. Danach wollen wir spontan ins Kino! Clockwork Orange läuft mal wieder in Rahmen von nem Retroprogramm. Frank lädt uns ein! Schade, dass er morgen schon wieder fährt. Könnten wir öfter machen! -
- Amy [30.09.15, 14:16] Was stand eigentlich in dem Wisch vom Jugendamt? -
Ich las ihre Antwort mit schwerem Herzen. Amy hatte gerade einfach keine Zeit zum Reden. Sie hatte Spaß mit ihrer Familie und das sollte so bleiben und nicht von meinem melodramatischen Geplärre unterbrochen werden.
- Sky [30.09.15, 14:23] Cool! Ich wünsch euch viel Spaß ;) Ach nichts Wichtiges. Die übliche Leier -
- Amy [30.09.15, 14:24] Dann ist ja gut :D Danke, werden wir haben! ;)-
Ich schaute mein Handy an. Ich hatte furchtbare Angst. Natürlich werde ich die Kontaktaufnahme ablehnen, doch ich hatte Angst, dass es das Jugendamt einfach nicht interessierte. Meine Eltern wollte ich nie, NIE wieder sehen. Ich legte meine Hand auf meine Augen, als ich zu Schluchzen anfing und zog meine Beine an mich heran, um sie mit dem anderen Arm zu umklammern.
Mein Vater würde sich nie ändern. Von mir aus konnte er so trocken sein wie er wollte, aber was er mir und meiner Mutter angetan hat, konnte er nicht komplett auf den Alkohol abwälzen.
'Er ist krank', sagten die Sozialarbeiter: 'Eigentlich liebt er dich.'
Doch wenn man Menschen liebt, dann verletzt man sie nicht. Wenn man Menschen liebt, dann bringt man sie nicht zum Schreien und zum Weinen. Lügt nicht, schlägt sie nicht. Dann bricht man ihnen nicht die Knochen und schickt sie immer wieder ins Krankenhaus.
Meine Mutter würde sich auch nicht ändern. Sie hatte meinen Vater immer mehr geliebt als mich. Hat ihn in Schutz genommen, während ich mit geschientem Arm und gebrochenen Knochen im Krankenhaus lag. Nicht selten lag sie neben mir.
Sie hatte mich nie beschützt. Immer nur ihn.
Die Beiden haben mich nie geliebt. Nur zu oft hatte mein Vater mir eindrucksvoll und wunderbar ausgeschmückt beschrieben, dass ich der Grund für all sein Leiden war. Warum sie kein Geld hatten und in einem Drecksloch hausen mussten.
Nein, solche Menschen änderten sich nie. Ich war alleine. Ich hatte niemanden mit dem ich reden konnte. Niemanden, dem ich erzählen konnte wie viel Angst ich hatte. Niemanden, der mich versteht. Amy war beschäftigt und außer ihr hatte ich doch niemanden.
„Dann gibt es jetzt zwei", surrte eine tiefe Männerstimme durch meinem Kopf. Ich erinnerte mich, dass diese Stimme eigentlich immer irgendwie quietschte und viel zu hoch sprach, doch dieser Satz war natürlich über seine Lippen gekommen. Ein scharf geschnittenes, doch irgendwie elegantes Gesicht umrahmt von silbernen Haaren erschien vor meinem inneren Auge. Vielleicht... Quatsch! Das war sicherlich... nur so... gesagt gewesen. Ich renne doch jetzt nicht zu ihm und heule einen Wildfremden mit meinen Problemen zu!
Allerdings... fiel mir ein, dass es draußen langsam ziemlich kalt wurde und ich hatte noch den Mantel des Bestatters. Nicht, dass er frieren musste, weil ich ihm seine Jacke noch nicht zurück gebracht hatte. Schließlich machte er ja Grabpflege und war viel draußen...
Lernen konnte ich dank dieser Hiobsbotschaft eh nicht mehr.
Ich wickelte mich in meinen Poncho und griff mir die Jacke des Totengräbers, bevor ich das Wohnheim verließ und mir meine Kopfhörer in die Ohren steckte. Laut dröhnte meine Musik durch meine Ohren und versuchte verzweifelt meine unschönen Gedanken wegzugröllen. Mit mäßigem Erfolg. Der Schock saß noch immer tief in meinem Inneren, als ich durch die frischen Straßen Londons ging. Die Wolken hingen tief, grau und schwer am Himmel. Sie warteten nur darauf sich zu erbrechen und das regnerische London ein weiteres Mal zu versenken. Scharfe Winde zogen durch die Straßen der großen Stadt und ließen mich frösteln. Sie zogen durch meinen Körper direkt in mein Herz, welches sich genau so schwer, nass und grau anfühlte wie die spätseptemberlichen Regenwolken. Plötzlich realisierte ich, dass ich immer noch meine Schuluniform trug. Ich hatte vergessen mich umzuziehen. Gott sei dank trug ich eine dicke Strumpfhose unter den langen Strümpfen, so dass ich nicht wirklich furchtbar frieren musste, während ich darauf wartete, dass die Wolken zu regnen anfingen. Ich hatte keinen Regenschirm dabei: 'Ach sei's drum... Ich bleib eh nicht lange...'
Vom Friedhof aus lotste mich mein Handy wieder durch die schmalen Gassen, in deren Inneren sich irgendwo der kleine, verschrobene Laden befand, der mein Ziel war.
Obwohl es noch mitten am Tag war standen einige zwielichtige Gestalten in kleinen Gruppen in den schmalen Straßen herum. Ich schaltete meine Musik aus, als ich die kleinen Wege betreten hatte. Mir war es lieber mich auf alle fünf Sinne berufen zu können. Irgendwie hatte die Atmosphäre dieser Gassen etwas Bedrohliches.
Ich war ein Heimkind. Bis ich mit 13 auf das Weston Ladys College gekommen war, habe ich im East End gelebt. Einer wahrlich schlechten Gegend. Wie jedes Heimkind hatte ich den größten Teil meiner Zeit auf der Straße verbracht. Ich kannte also die dubiosen Gestalten, die in Grüppchen in dunkle Ecken herumlungerten, auf der Lauer nach etwas was sich lohnte. Die Gassen durch die ich streifte lagen zwar mitten in der 'City of London', doch auch dieser eigentlich sehr gute Teil Londons war nicht gänzlich befreit von Bandenkriminalität, oder Kriminalität an sich.
Ich war ein junges Ding und trug die Schuluniform einer renommierten Schule, die dafür bekannt war fast ausschließlich sehr gut situierte Schüler zu beherbergen. Ich war dankbar, dass mein Poncho den größten Teil meiner Uniform verdeckte. Trotzdem spürte ich gierige Blicke in meinem Rücken und meine Schritte wurden schneller, als ich den Mantel des Bestatters fester an mich drückte. Ich musste mich nur beeilen und schnell zu dem kleinen Laden kommen. Das letzte Mal war mir schließlich auch nichts passiert.
Während ich durch die verschlungenen Straßen wanderte, hörte ich irgendwann Schritte hinter mir. Ein kalter Schauer rieselte durch meine Wirbelsäule hinunter und war um Längen schlimmer als die kühle Herbstluft. Wenn dieser Tag noch schlimmer werden konnte, fing er wohl jetzt damit an.
Ein weiteres Mal wurden meine Schritte schneller und hallten mit den Schritten hinter mir um die Wette. Ich bog um eine Ecke, joggte fast, dann um eine weitere und die Schritte hinter mir verstummten.
'Komisch...', stoppte ich und schaffte es mich umzudrehen. Dort war niemand. Die Schritte verblassten wieder in der Ferne. Das war mir ziemlich rätselhaft und so richtig erklären konnte ich es mir auch nicht. Doch ich drehte mich wieder nach vorne und erkannte, dass ich schon die Gasse erreichte hatte in deren Mitte das kleine Bestattungsunternehmen lag.
Zögerlich ging ich weiter. Ich war mir meiner Sache nicht ganz sicher. Vielleicht sollte ich doch wieder gehen. Dann fiel mein Blick auf den Mantel des Totengräbers. Es war kalt. Am Ende wird er noch krank, wegen mir...
Ich blieb vor der Türe unter dem großen Ladenschild stehen und streckte die Hand aus. Als meine Fingerkuppen die kalte Metallklinke berührten zuckten sie zurück. Was, wenn er zu tun hatte? Aber ich wollte ja nicht viel von ihm.
Wieder streckte ich die Finger aus und zog sie doch wieder zurück. Er sagte doch, ich sollte die Tage wieder bei ihm vorbei schauen, also wird es wohl ok sein, oder?
Also streckte ich wieder die Hand nach der Klinke aus und stoppte ein drittes Mal. Was, wenn das nur so gesagt war und er eigentlich wollte, dass ich Amy den Mantel bei Gelegenheit mitgebe? Ich wollte ihn wirklich nicht nerven...
„Du musst sie runter drücken, hehe", hauchte es auf einmal von hinten direkt in mein Ohr.
„AAAAAAAAAAHHHHHHHHH!!!!", kreischte ich und fuhr herum. Der Mantel flog aus meinem Griff. Ich sah das breit grinsende Gesicht des Totengräbers, der sich sehr über mich zu amüsieren schien. Dabei stolperte ich zurück und merkte die harte Eingangstür in meinem Rücken. Unglücklicherweise... drückte ich just in diesem Moment die Klinke mit meinem Ellbogen herunter... Die Tür schwang auf und da mir nun der Gegendruck im Rücken fehlte, rasselte ich polternd hinten über in den Laden. Der Boden fing mich auf. Nett von ihm...
Mein Hinterteil, mit dem ich voran in den Laden geplumpst war, schmerzte und ich saß reichlich desillusioniert auf dem Fußboden.
Der Bestatter zog lachend den Mantel von seinem Kopf. Ich muss ihn damit beworfen haben, als ich meinen reichlich unfreiwilligen Abgang hingelegt hatte.
Er zeigte mit dem Finger auf mich, als er mich ungeniert auslachte: „Pahahahahahahahahahahahahaha! Dein Gesicht! Herrlich! Köstlich! Possierlich!"
Ich blinzelte ihn von unten an, mein Mund ein Stück offen stehend.
„Ahahahaha! Puhuhuhuhu! Wie amüsant! Wirklich, wirklich amüsant!"
Dann grinste er mich an und beugte sich nach unten, als er mir seine lange Hand hinstreckte. Sie war wirklich ungewöhnlich und das nicht auf eine negative Art und Weise.
Er lächelte mich an: „Du machst die besten Gesichter. Ich liebe dein Gesicht, wenn du dich so herrlich erschreckst, meine Liebe."
Mein Mund klappte weiter auf und ich merkte wie mir die Hitze ins Gesicht schoss: „Wa wa was?!"
Undertaker kicherte: „Ich sagte ich liebe dein Gesicht."
Fassungslos starrte ich Undertaker an. Er liebte mein Gesicht? Was? Wie? Hä?!: 'Warte, warte, warte Skyler', sagte ich stumm zu mir: 'Damit meint er sicher nur meinen blöden Gesichtsausdruck. Natürlich. Das muss es sein. Was denn auch sonst...?'
„Das ist übrigens nicht gut für dich", sagte eine Stimme hinter mir und riss mich aus meinen verwirrten Gedanken. Sie klang jung und ich hatte sie schon einmal gehört.
Als ich über meine Schulter lugte sah ich einen jungen Mann mit blonden Haaren, die im Nacken braun gefärbt waren. Unter einer schwarzen Brille schauten mich zwei grell grüne Augen freundlich an und er lächelte jugendlich. Er hatte schwarze Streifen im Gesicht und in den Haaren.
Er trug einen Anzug mit Ärmelhaltern und Lackschuhe, allerdings ohne Jackett, Weste und Krawatte. Die drei oberen Knöpfe seines weißen Hemdes standen offen, er hatte die Ärmel hochgekrempelt und schwarze Flecken zogen sich über den ganzen Stoff. Seine Hände wischte er an einem schmierigen, weißen Tuch ab.
„Ronald?", fragte ich ein bisschen irritiert und nicht ganz sicher, ob ich den Namen von Amys Ball richtig zugeordnet hatte. Ich erinnerte mich aber genau, dass er bei dem rothaarigen Mann mit den seltsamen Zähnen und dem strengen Schwarzhaarigen gestanden hatte. Ich mein die beiden hießen Grell und William.
Der Junge lachte: „Genau."
„Was... ähm tust du hier?", ich bereute meine Frage sofort. Es stand mir nicht zu zu hinterfragen von wem der Totengräber Besuch bekam: „Ähm... ich meine... ich.. du... du musst es mir natürlich nicht erzählen."
Ronald lachte und schaute Undertaker an: „Du hast es geschafft. Sie ist total durch den Wind", dann wandte sich Ronald wieder zu mir: „Ich hörte ein Schreien, ich hörte ein Poltern und wollte mal schauen, ob Undertaker Besuch oder neue Arbeit hat."
Ich drehte meinen Kopf wieder, als der Bestatter sprach. Er beugte sich immer noch zu mir herunter und hielt mir immer noch die Hand hin: „Ahihihihi! Ich glaube, das ist sie öfter. Kann das sein, Skyler?"
Ich nahm seine Hand und sah, dass er einen Stapel Stoffe auf dem Arm hatte: „Ähm... Vielleicht..."
Er zog mich auf die Füße. Undertaker legte seinen Kopf schief, ohne meine Hand los zu lassen: „Ronald ist hier um mein Kühlregal zu reparieren. Es ist kaputt gegangen."
„Was schlecht ist", führte Ronald weiter aus: „Die fangen nach ein paar Tagen furchtbar an zu stinken. Ich lüfte schon seit Stunden."
Mir ging auf, dass die schwarze Schmiere in Ronalds Gesicht und Klamotten wahrscheinlich die Kühlflüssigkeit aus den Kühlzellen war.
Undertaker lachte: „So dramatisch ist es auch nicht. Dieses Bouquet ist wunderbar!"
Ich erinnerte mich, dass Amy mir erzählt hatte, dass der Bestatter immer Ronald fragte, wenn etwas bei ihm kaputt ginge. Laut ihr war der Totengräber nicht sonderlich geschickt im Umgang mit Technik.
Doch auf seine Aussage klappte mir der Mund wieder auf. Ronald bezog sich sicher darauf, dass Undertakers... Gäste... (wie ich mittlerweile herausgefunden hatte er die Leute nannte, die er unter die Erde bringen sollte) einen unangenehmen Geruch entwickeln, sobald sie nicht mehr gekühlt werden konnten. Den Totengräber schien das nicht zu stören... im Gegenteil...
„Doch", begann Undertaker wieder und lenkte mich so ab: „Was tust du hier?"
„Öööööhm", kam es wieder unheimlich intelligent aus meinem Munde: „Ich... ich... ich wollte dir nur deinen Mantel zurückbringen..."
„Ahehehehehe und deswegen nimmst du den ganzen weiten Weg auf dich? Du hättest ihn mir geben können, wenn wir uns das nächste Mal gesehen hätten."
Erst jetzt ließ er meine Hand los, doch nur um sie vor seinen kichernden Mund zu halten.
Ich faltete die Hände vor meinem Bauch und schaute nach unten: „Es wird kalt draußen und... und... und... Ich wollte nicht, dass du dich erkältest, weil ich deinen Mantel noch hab. Du... Du bist ja viel draußen...denke ich."
Ronald fing hinter mir an zu lachen. Ich schaute ihn kurz an, konnte mir aber nicht erklären was an meiner Aussage so lustig war. Hatte ich was Falsches gesagt?
Auch Undertaker giggelte weiter in seinen Ärmel hinein. Die Beiden schienen zu wissen weshalb sie lachten. Nur ich leider nicht. Ich fühlte mich ein weiteres Mal wie ein Stück trocken Brot.
„Was ist so lustig? Ich hab mir Sorgen gemacht!", fragte ich ansatzweise empört.
Ronald lachte nur noch mehr. Auch Undertakers Kichern ebbte nicht ab, doch er wuschelte mir durch die Haare. Die Geste hatte nicht abwertendes... sie war... das Wort blieb mir in den Gedanken stecken.
Der Leichenbestatter schien mich durch seinen Pony zu mustern: „Es ehrt mich, dass du dir Sorgen um mich machst, liebe Skyler. Doch sei dir sicher, dass dies nicht nötig ist."
„Aber... es ist so kalt draußen!"
Ein helles Zucken gefolgt von einem Krachen unterstrich meine Aussage. Dann sah ich durch die geöffnete Türe wie ein Wolkenbruch geräuschvoll auf die kleine Gasse niederprasselte. Undertaker, der noch halb in der Tür stand, blinzelte in den Himmel, als er am Rücken nass zu werden schien.
Er kicherte wieder: „Ja, vielleicht hast du Recht."
'Vielleicht? Wir haben 8°C!'
Dann trat er in den Laden und schloss die Tür. Ich ging einen Schritt nach hinten, damit ich nicht fast in dem Bestatter stand. Ein Klacken von hinten. Ich sah, dass Ronald dabei war die Fenster zu schließen, damit es nicht rein regnete.
Jetzt fiel mir auf, dass es tatsächlich in dem Laden müffelte. Nur unterschwellig, doch ich verstand nun was Ronald meinte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen wie es vorher gerochen haben musste.
Undertaker ging zu dem großen Eichentresen und legte den großen Stoffstapel und seinen Mantel ab. Sie sahen teuer aus. Alle waren aus Seide, hell, einige hatten dezente Muster, andere nicht. Dann streckte er seine Hand aus: „Lass mich dir deine Jacke abnehmen."
„Ähm...", machte ich: „Ich wollte nicht lange bleiben, eigentlich wollte ich dir nur kurz den Mantel wiedergeben und dann wieder verschwinden..."
Undertakers Grinsen drehte sich wieder um. Er wirkte nicht ganz ernst, aber auch nicht mehr amüsiert: „Das klingt so, als wärst du nicht gerne bei mir zu Gast. Sag, hat dir meine Gastfreundschaft in irgendeiner Form nicht zugesagt?"
„Nein!", machte ich hastig und wedelte unbeholfen mit den Händen: „Nein, nein, nein das ist es nicht. Ich... Will dich nur nicht von wichtigen Dingen abhalten."
Der Bestatter kicherte wieder: „Ich habe nichts zu tun was wichtiger wäre als du, liebe Skyler."
Ich klimperte mit den Augen. So etwas hatte noch nie jemand zu mir gesagt und ich wusste nicht so richtig wie ich damit umgehen, oder darauf reagieren sollte. Nicht mal meine eigenen Eltern sagten so etwas zu mir. Sie... hatten immer irgendwas was wichtiger gewesen war als ich. Auch wenn es nichts tun war.
Mein Blick wechselte von verdutzt zu traurig, als ich mich an meine Familie und den Brief vom Jugendamt erinnerte. Ich schaute zu Boden um ihn zu verstecken.
Dann schaute ich auf und versuchte dem Bestatter anzulächeln: „Aber du... hast Besuch. Ich möchte euch beide wirklich nicht stören."
Ronald lachte: „Wie könnte so ein schönes Mädchen wie du stören."
Ich schaute den Blonden an und er zwinkerte mir zu.
Ein wenig beschämt schaute ich schräg nach unten.
Ich hörte Undertaker kichern: „Ich bin nur allzu geneigt Ronald zu zustimmen."
Dann merkte ich zwei Finger unter meinem Kinn. Sie drückten sanft mein Gesicht wieder nach oben und ich schaute dem Bestatter in sein, von Haaren verhangenes, Gesicht. Obwohl er eben noch gekichert hatte, sah er irgendwie verstimmt aus: „Außerdem geht draußen gerade die Welt unter, hehehe. Und ich sehe bei dir nirgendwo einen Regenschirm. Du denkst nicht wirklich, ich lasse dich in diesem Wetter nach Hause laufen, nass und wieder krank werden?"
„Genau", pflichtete Ronald bei: „Draußen regnet es junge Hunde. Es ist schön dich gesund und munter wiederzusehen, Sky. Geht es dir wieder gut?"
Ich drehte meinen Kopf ein Stück zu Ronald und lächelte ihn dünn an. Eigentlich war mir nicht nach lächeln zumute. So gar nicht: „Ja, danke. Es geht mir wieder gut."
Ronald legte den Kopf schief: „Sicher? Das muss ein ziemlicher Schreck gewesen sein."
„Ja schon...", ich schaute wieder schief zur Seite: „Aber ich bin wieder in Ordnung."
Kurz herrschte Stille. Nur der Regen prasselte schnell und schwer gegen die Fenster, begleitet von einem hellen Zucken dann und wann, gefolgt von einem dumpfen Grollen.
Dann drehten mich die Finger des Bestatters wieder zu ihm. Er hatte seinen Kopf schief gelegt und schien mich immer noch durch seinen silbernen Vorhang aus Haaren zu mustern: „Nun? Was ist nun? Wie wäre es mit einem warmen Tee. Es ist ja kalt draußen", sein Kopf neigte sich kurz nach unten. Ich tippte der Totengräber musterte mich bis zu den Füßen. Dann schaute er wieder hoch: „Vielleicht hättest du dir etwas anderes anziehen sollen."
„Och", machte Ronald neben uns: „Find' ich jetzt nicht."
Undertakers und mein Kopf wanderten synchron zu dem Jüngling, als die Hand des Bestatters mein Kinn verließ und ich eine Augenbraue hoch zog.
Er hatte sich lässig mit gekreuzten Beinen auf den Tisch gelehnt und musterte uns irgendwie mit einem komischen, aber schelmischen Gesichtsausdruck. In seinen hellen, grünen Augen stand eine Bedeutung, die ich nicht verstand, aber ihm sichtlich Pläsier bereitete.
Ronald hob die Hände aufgrund unserer Blicke: „Ist gut, ist gut. Ich habe nichts gesagt."
Dann zog sich sein Mund in ein unterdrücktes Lächeln, als er die Hände wieder lässig auf die Tischplatte legte. Zumindest versuchte er es zu unterdrücken, doch es gelang ihm nicht sonderlich gut: „Ihr beide habt 1:1 den selben Gesichtsausdruck drauf."
Der Totengräber und ich sahen uns wieder an. Undertaker giggelte. Ich fragte mich eher woher Ronald wissen wollte wie der Bestatter schaute. Schließlich reichte sein beachtlich dichter Pony fast bis zu seiner Nasenspitze.
„Nun", grinste der Bestatter: „Was ist nun?"
Er streckte mir wieder seine Hand entgegen.
Ich seufzte: „Wenn es euch wirklich nicht stört...", sagte ich leise und wickelte mich aus meinem Poncho. Der Totengräber nahm ihn mir ab, griff dann seinen Mantel vom Tisch und hing die Jacken an den kleinen Garderobenständer neben der Tür. Ich sah, dass schon ein Jackett und eine Anzugweste an dem kleinen Ständer hingen. Ich tippte sie gehörten Ronald.
Ronald grinste zweideutig: „Diese Uniformen sind wirklich nicht schlecht."
Ich war ein wenig irritiert: „Äh... Ja..."
„Also ich meine...", doch der Jüngling kam nicht weiter. Undertaker ging gerade an ihm vorbei und haute ihn leicht auf den Hinterkopf: „Benimm dich, du Schandmaul."
„Aua", machte Ronald leise und rieb sich die Stelle am Hinterkopf: „Ich hab doch gar nichts gemacht..."
Der Totengräber kicherte, als er zu der versteckten kleinen Türe ging. Ich tippte, dass hinter ihr die Privaträume des Bestatters lagen: „Noch nicht, hehe."
Dann entschwand der Leichengräber in der Tür.
Ich stand ein wenig verloren in dem kleinen Laden und wippte unruhig auf meinen Füßen von vorne nach hinten.
„Warum bist du so nervös?", lächelte der blonde Junge.
„Ähm... Ich weiß nicht. Ich hatte einfach keinen guten Tag..."
„Es liegt nicht an unserem allseits geliebten Sonderling?"
Ich schaute zur Seite und verschränkte die Hände hinter meinem Rücken: „Nein. Das glaube ich nicht."
„Du glaubst?"
„Ja..."
Ronald lachte einmal kurz und versuchte dann sich mit der einen die Fingernägel der anderen Hand sauber zu schaben.
Eine komische Stille legte sich wieder über den Laden und wurde mir schnell unangenehm: „Ähm", brach ich sie unelegant: „Du... kennst Amy gut?"
Ronald schaute von seinen Fingernägeln auf und blinzelte kurz: „Joa schon."
„Woher?"
„Och", sagte er nonchalant: „Der Arbeit wegen."
„Okay...", ich legte den Kopf schief: „Als was arbeitest du? Mechaniker? Amy sagte, du bist öfter hier um etwas zu reparieren."
Ronald lachte: „Ja, ich habe eine Zeit lang als etwas gearbeitet, was man als Mechaniker bezeichnen könnte."
„Und was machst du jetzt?"
Der Junge schwieg kurz. Er schien sich seine Antwort gründlich zu überlegen: „Äh... Außendienstmitarbeiter."
„Aha. Welche Firma?"
Ronald schaute zur Seite. Er wirkte irgendwie, als wüsste er nicht so recht was er antworten solle. Irgendwie kam mir das komisch vor. Was war daran so lange zu überlegen? Ich wollte doch nur wissen für welche Firma er arbeitete. Arbeitete er vielleicht für eine Firma, die irgendwie krumme Dinger drehte? Mir wurde mulmig.
Das Aufgehen der Türe rettete Ronald vor der Antwort. Der Bestatter war zurückgekehrt und hatte wieder das Tablett in der Hand, nur diesmal mit drei Bechern und Löffeln. Er blieb hinter dem Tresen stehen, stellte es ab und reichte einen Becher an Ronald. Dieser nahm den Becher entgegen und musterte ihn annähernd sorgenvoll: „Da war aber nichts Unappetitliches drin, oder?"
Undertaker kicherte: „Ahihihi. Ich glaube nicht."
„Ich hoffe", sagte Ronald, warf sich zwei Zuckerstückchen in den Becher und rührte ihn mit einem der Löffelchen um: „Formaldehyd hat einen komischen Nachgeschmack."
'Formaldehyd?', dachte ich irritiert und merkte wie eine meiner Augenbrauen nach oben wanderte: 'Warum sollte der Tee nach Formaldehyd schmecken?'
Der Kopf des Leichengräbers hatte sich mittlerweile zu mir gedreht und hielt mir ebenfalls einen Becher hin.
Ich nahm ihn zögerlich und philosophierte noch über Ronalds Aussage.
„Schau nicht so skeptisch, ahehehe. Es ist nichts drin was irgendwie schädlich wäre", lachte er und schaufelte sich seinen Becher wieder mit Zucker voll.
Ich lächelte gezwungen und nahm dann einen Schluck Tee.
„Nein", machte Ronald sarkastisch und gedehnt: „Vielleicht nur ein Rest Leber oder Niere oder Herz, oder was du sonst noch so aus deinen 'Gästen' rausschnibbelst und in deinen Messbechern zwischen lagerst."
Ich prustete. Der Tee stieg mir in die Nase, als ich geschockt realisierte was Ronalds Worte zu bedeuten hatten. Angestrengt hustete ich um den Tee loszuwerden, den ich wortwörtlich in den falschen Hals bekommen hatte.
Undertaker lachte. Ich hörte, dass er mit der Hand dabei auf den Tisch schlug. Sein Teebecher hüpfte über den Tisch: „Herrlich! Ahahahahahahahahahaha!"
Auch Ronald musste kichern.
Ich schaute die Beiden an. Es dauerte wie immer eine Weile bis Undertaker sich gefangen hatte: „Wuwuwuwuwuwu! Nein, keine Sorge. Das ist nicht der Fall."
„Was?", fragte ich misstrauisch: „Dass du deine Gäste zerfledderst oder dass du Teile von ihnen in die Messbecher wirfst, aus denen du auch deinen Tee trinkst?"
„Äh... ehehe! Ich 'zerfleddere' sie nicht, ich seziere sie. Aber das mit den Organen stimmt schon. Irgendwo müssen sie ja bleiben, bis ich mich weiter mit ihnen beschäftigen kann. Aber die Becher sind unbedenklich. Wirklich. Oder schmeckt der Tee komisch?"
„Nun", ich schaute auf meinen Becher. Der Tee schmeckte gut. Es war derselbe wie beim letzten Mal. Fruchtig mit einem Hauch Minze. Ich mochte den Geschmack. Des Weiteren konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, dass der Totengräber Tee aus Bechern trank in denen tatsächlich mal Organe gelagert wurden: „Nein. Er schmeckt gut, danke."
Wahrscheinlich wollte Ronald mich nur ärgern.
Auch Ronald trank nun seinen Tee und schaute Undertaker an. Sein Blick wanderte ab von mir und musterte den Jungen, als dieser ihn ansprach: „Deine Kühlzellen funktionieren jedenfalls wieder."
„Ich danke dir zutiefst, lieber Ronald. Sage mir Bescheid, wenn ich etwas für dich tun kann."
„Oh, ich hätte was", grinste Ronald: „Trainiere mit mir!"
'Trainieren?'
Undertaker legte lachend den Kopf schief: „Willst du das wirklich?"
„Ja!", bestätigte Ronald fast aufgeregt: „Wenn ich von dem Besten lerne, komme ich vielleicht endlich an Grell und William heran! Es nervt ewig das Küken zu sein."
'Von dem Besten? Küken? Huh?', ich verstand kein Wort.
„Nun", Undertaker stützte seinen Kopf auf eine Hand, während er halb auf dem Tresen lehnte: „Wenn du dir wirklich sicher bist. Ein Spaziergang wird es aber nicht werden, ahehehe."
Ronald lächelte selbstbewusst: „Ich vertrag das schon."
Dann wanderte sein blonder Schopf herum und er sah mir ins Gesicht.
"Oh", machte er als habe er vergessen, dass ich da war. Er lächelte entschuldigend und erkannte wohl meinen verwirrten Gesichtsausdruck: „Äh. Vergiss es einfach."
„Ooookay", machte ich gedehnt. Doch die Fragen blieben in meinem Kopf hängen. Irgendwie schien Ronald Geheimnisse zu haben und ich war mir sicher Undertaker kannte sie genau. Erst die Ausflüchte, als ich ihn gefragt habe wo er arbeitete und nun diese seltsame Konversation über irgendein Training, die er mir nicht auflösen zu wollen schien. Doch wenn die Beiden mich nicht einweihen wollten, musste ich das wohl oder übel akzeptieren. Sie kannten mich ja genauso wenig wie ich sie. Das man da nicht alle seine Geheimnisse ausposaunt war verständlich. Doch was für ein Geheimnis könnte der Junge haben, das mit seinem Arbeitsplatz zu tun hatte? Und sagte er nicht er kenne Amy durch seine Arbeit? Außendienstmitarbeiter... Das war so ein richtig schwammiger Begriff, der alles und nichts bedeuten konnte. Nicht, dass er Drogen verkaufte oder so! Doch wie ein Drogendealer sah der Junge in seinem Anzug nun wirklich nicht aus und Amy nahm auch keine Drogen, das hätte ich wahrlich mitbekommen.
Während ich mich noch mit meinen Fragen beschäftigte, nahmen die Beiden ihre Konversation wieder auf.
„Wird es nicht bald Zeit für die Jahresendabrechnung? Soll ich dir William vorbei schicken?", fragte Ronald und trank eine großen Schluck Tee hinterher.
Der Bestatter sah gelangweilt drein, auch ohne das ich seine Augen sehen konnte: „Naaaaaa. Erinnere mich nicht daran."
„Wie kommst du eigentlich alleine zurecht? Ich meine du solltest nach den etlichen Jahren Bürokratie doch echt gewöhnt sein. Kannst du nicht oder willst du nicht?", Ronald lachte: „Sag mir nicht du lässt William immer antanzen nur weil du keine Lust hast es selber zu machen?"
„Gut", grinste der Bestatter nun: „Dann sage ich nichts."
Ronald lachte: „Du bist furchtbar."
Der Fortgang der Konversation war nicht gerade einleuchtender, als die Sätze zuvor. Ich verstand einfach nicht worüber die Beiden sprachen, aber irgendwas schien sie zu verbinden, abgesehen davon, dass sie befreundet zu sein schienen.
Irgendwie unerwartet drehte Undertaker seinen Kopf zu mir. Wahrscheinlich um mir zu signalisieren, dass er mich nicht vergessen hatte. Er griff in die kleine Urne mit den Keksen und hielt mir einen hin: „Keks?"
„Oh", machte ich und nahm ihn zögerlich: „Danke."
„Tu das nicht!", rief Ronald aus, doch ich hatte schon abgebissen. Ein komischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Ich konnte nicht verhindern, dass ich mein Gesicht verzog. Der Geschmack in meinem Mund war herzhaft, nicht süß wie ich erwartet hatte. Er erinnerte mich irgendwie an Gemüse.
Ronald sah ziemlich leidend drein, fast entschuldigend, als er in mein Gesicht schaute.
Ich drehte mich zu Undertaker. Er lachte wieder.
„Was sind das für Kekse?", fragte ich, nachdem ich es geschafft hatte herunter zu schlucken.
„Was denkst du?", fragte der Bestatter amüsiert.
„Ich... weiß nicht", sagte ich weiter und beschaute den angebissenen Keks in meiner Hand.
Ronald legte die Hand über die Augen: „Hundekekse..."
Ich schaute ihn an: „Bitte?"
Ron nahm die Hand wieder runter und lachte mitfühlend: „Das sind Hundekekse. Er isst sie ständig."
Ich schaute Undertaker an: „Ehrlich?"
Dieser wackelte mit dem Kopf hin und her: „Schmecken sie dir nicht?"
Dann streckte er seine langen Finger aus, nahm mir den Keks aus der Hand und schob den Rest in seinen Mund. Er kaute genüsslich und mit einer gewissen Glückseligkeit im Grinsen darauf herum.
Ich musterte ihn perplex. Formaldehyd im Tee? Hundekekse? Was war bei dem Kerl nur los?
„Nein", sagte ich schließlich bevor ich wieder in die Verlegenheit kam, den Bestatter einfach nicht zu antworten. Ich hatte mir seit dem letzten Mal ernsthaft vorgenommen das zu ändern: „Nicht mein Fall."
„Schade", grinste der Totengräber und schob sich noch einen Keks in den Mund. Meine Frage beantwortete er mir nicht.
Der Blondschopf trank seinen Becher aus und stellte ihn auf das Tablett zurück. Dann schaute er auf seine Armbanduhr: „Ich muss zurück. Ich hab noch Arbeit auf dem Tisch und habe keine Lust, dass mich William wieder zu Überstunden verdonnert."
Wieder wanderte meine Augenbraue hoch. William konnte Ronald mit Überstunden strafen? Also war er sein Chef? Ich stellte die Theorie auf, dass dann wahrscheinlich auch Grell ein Arbeitskollege war und die Drei deswegen auf dem Ball die ganze Zeit zusammen gestanden hatten. Aber was hatte Undertaker damit zu tun? Als was er arbeitete war klar: Er war Bestatter.
Undertaker lachte: „Melde dich bei mir um dir deine Belohnung abzuholen."
Ronald lachte mit: „Darauf kannst du Gift nehmen."
Der Jüngling krempelte seine Ärmel herunter und zog das Jackett über. Krawatte und Weste hielt er in der Hand. Er lächelte mich an: „Sky? Wir sehen uns sicher wieder. Kommst du zu Halloween?"
„Öhm", machte ich immer noch reichlich verwirrt: „Ja, komme ich."
„Dann sehen wir uns da", lächelte Ronald und winkte: „Bis dann. Bye Undertaker. Wir hören uns."
Er ging an dem Tresen vorbei und nach hinten raus. Undertaker wedelte mit einer Hand zum Abschied.
„Du hast doch auch keinen Schirm dabei!", stoppte ich den jungen Blonden.
Hatte er nicht eben noch zugestimmt, dass ich nicht in dem Regen nach Hause laufen sollte? Aber bei ihm war das ok?
Ron drehte sich um und zeigte mir ein 'Peace'- Zeichen mit der freien Hand: „Ich hab's nicht weit."
Dann verschwand er und wenig später hörte ich die Hintertür auf und zu gehen.
Ich drehte mich zu Undertaker, der nicht schlecht amüsiert immer noch auf seinem Tresen lehnte.
„Weswegen bist du wirklich hier?", fragte der Bestatter wissend und nahm einen weiteren Schluck seines Teesirups.
„Öhm... Sagte ich doch. Ich wollte dir deinen Mantel bringen."
„Und?"
„Nichts...", ich schaute zur Seite: „Und."
Ein Seufzen. Dann merkte ich wieder zwei Finger unter meinem Kinn und der Bestatter drehte meinen Kopf wieder zu sich: „Was habe ich über Lügen gesagt, meine Liebe?"
Ich fühlte mich ertappt: 'Aber das musst du nicht! Du wolltest ihm nur seinen Mantel bringen! Punkt!'
„Ich lüge nicht..."
Das Grinsen des Bestatters verschwand: „Also, zu lügen in dem man sagt man lüge nicht ist ziemlich dreist, oder?"
Ich drehte meinen Kopf energisch weg. Fast wütend. Dabei merkte ich wie seine Fingernägel über die weiche Haut unter meinem Kinn schabten.
Ich war nicht hier um über den Brief zu reden! Ich brauchte auch niemanden zum Reden! Helfen konnte er mir eh nicht. Niemand konnte das.
Ich starrte auf den Boden, während ich diese Gedanken immer wieder wiederholte. Doch diese furchtbare Traurigkeit, diese lähmende Angst war immer noch nur allzu gegenwärtig.
Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter. Mein Kopf zuckte herum und ich sah, dass Undertaker um seinen Tresen herum gegangen sein musste und nun hinter mir stand. Sein Kopf lag ein Stück schief und ein Auge lugte halb hervor: „Was hast du, Sky? Sag nicht nichts, oder schauspielere besser."
„Ich schauspielere nicht...", schaute ich wieder weg.
Mit einem Ruck drehte die Hand mich herum. Der Becher fiel mir aus der Hand, weil ich nicht damit gerechnet hatte und ging mit einem dumpfen Laut zu Boden. Der Tee bildete eine kleine Lache neben meinen Füßen. Eine Hand umschlang meine Taille, eine andere griff mein Kinn und fixierte es so, dass ich Undertaker ins Gesicht schauen musste. Ich drückte meine Hände gegen seine Brust um aus dem Arm des Totengräbers zu entkommen, aber der Mann kam mir extrem kräftig vor und schien mit Leichtigkeit gegen meine Rebellion zu halten.
„Warum lügst du mich an? Vertraust du mir nicht?"
Irgendwie traf mich dieser Satz und ich hörte auf mich zu wehren. Ich schlug die Augen nieder. Der Blick des Bestatters wirkte immer so, als ob er direkt in meine Seele schaute und das sah, was darin wirklich vor sich ging. Auch, wenn ich vielleicht selbst nicht wusste was es war: „Nein... das ist es nicht."
„Was ist es dann?", die Stimme des Totengräbers quietschte nicht mehr. Sie klang ernst. Sehr ernst.
„Ich... kenne dich doch gar nicht richtig..."
„Warum bist du dann hergekommen? Du sagtest zu Ronald du hättest einen schlechten Tag."
'Woher weiß er das?', meine Frage stand mir wohl deutlich im Gesicht.
„Ich habe sehr gute Ohren", antwortete Undertaker auf meine stumme Frage: „Doch nun erzähl."
„Ich...", ich merkte wie meine innere Mauer zu bröckeln begann: „Ich habe heute einen Brief bekommen..."
„Und darüber möchtest du sprechen?"
„Nein... eigentlich nicht."
„Sky?"
„Ja?"
„Belüge mich nicht. Du bist wirklich nicht gut darin."
In meinem Kopf waren 2 Stimmen: Die Eine sagte mir ganz deutlich, dass ich nicht log. Die andere sagt mir ganz deutlich, dass doch. Wo mein Kopf stand wusste ich nicht mehr. Folglich wusste ich auch nicht mehr ob ich wirklich gelogen hatte oder nicht. Diese Verwirrung verursachte mir Schwindel.
„Ich... weiß nicht ob ich lüge", antwortet ich schließlich zögerlich.
„Das glaube ich dir", antwortete der Bestatter: „Aber ich bin mir sicher du tust es. Vertraue mir. Schau mich an."
Die Stimme des Leichenbestatters war eindringlich und ruhig. Es lag kein Ärger darin, obwohl ich ihn belogen hatte. Vielleicht. Unter Umständen. Keine Ahnung.
Ich hätte damit gerechnet, dass er dachte ich würde ihn auf den Arm nehmen wollen, aber das schien nicht der Fall zu sein.
Langsam hob ich meine Augen wieder und schaute in sein scharf geschnittenes Gesicht, mit dem einen schmalen, halb verdeckten Auge.
Als ich ihn anschaute, sprach er wieder: „Und jetzt sage mir ein weiteres Mal, dass du nicht sprechen möchtest."
Ich... konnte nicht. Ich konnte dem Totengräber nicht ins Gesicht schauen und sagen ich wolle nicht reden. Also blieb ich stumm und ein schweres Gefühl lag mir in Brust und Bauch.
Ein mitfühlendes Lächeln erschien auf seinen Lippen: „Nun?"
Ich seufzte, was ein leichtes Zittern durch meinen Körper jagte. Daraufhin spürte ich den Griff des Bestatters fester werden. Ich stockte in meinen Gedanken und schaute ihn irritiert an.
„Ich hab ein offenes Ohr für dich", lächelte er weiter: „Wirklich. Vergiss nicht: Ich lüge nie."
„Der Brief war vom Jugendamt..."
Undertaker wirkte leicht irritiert: „Jugendamt?"
„Ja...", sprach ich weiter: „Seit ich sieben bin lebe ich im Heim."
In dem Auge des Totengräbers sah ich so was wie eine Erkenntnis, als ob sich ein paar Puzzelteile zumindest ansatzweise zusammengefügt hätten. Hatte er über mich nachgedacht? Na, warum denn? Es war sicher irgendetwas anderes.
„Warum?", fragte er.
„Weil", ich stockte. Eine Weile wusste ich nicht zu antworten.
„Hm?"
Ich atmete tief durch: „Weil meine Eltern nicht so dolle sind."
Warum erzählte ich ihm das alles? Außer Amy hatte ich es noch niemandem freiwillig verraten und sie hatte fast 2 Jahre gebraucht um es aus mir herauszubekommen. Doch irgendetwas in dem Blick des Bestatters sorgte dafür, dass ich meine Geheimnisse ausplauderte wie meine Wunschliste an den Weihnachtmann.
„Und was stand in dem Brief?"
„Das sie... Kontakt zu mir aufnehmen wollen..."
„Und das möchtest du nicht?"
Ich schaute ihn an während ich merkte, dass das Leid in meinen Blick stieg. Die Angst. Doch meinen Blick abwenden konnte ich irgendwie nicht. Etwas in dem Auge sagte mir, dass er mich verstand. Dass er meine Angst verstand.
„Glaub mir, Sky", begann er wieder: „Ich habe viel, viel gesehen in meiner beruflichen Laufbahn. Die menschlichen Abgründe sind tief. Ich kenne sie. Ich halte sicherlich nichts was du mir erzählen würdest für zu weit hergeholt, um es dir zu glauben. So viele Kinder sind mir begegnet die gestorben sind, weil ihre Eltern sie nicht beschützt haben, wie sie sollten. In einigen Fällen waren die Eltern sogar schuld gewesen. Das ist schrecklich und ich habe diese Menschen, die sich Eltern nennen wollten, zutiefst verurteilt."
Meine Unterlippe zitterte. Warum? Ich wollte das nicht, doch ich merkte wie meine Augen feucht wurden. Ich war eigentlich wirklich kein weinerlicher Typ. Ich war des Weinens vor langem einfach müde geworden. Doch der Totengräber hatte irgendwas an sich um meine Gefühlswelt auf links zu drehen. Seine Worte waren weich und warm. In ihnen lag ein ehrliches Verständnis und der Wille mir wirklich zuzuhören. Ich erlebte es so selten, dass ich fast vergessen hatte, dass Menschen so klingen können.
„Ich verurteile auch deine Eltern zutiefst", setzte er irgendwann nach, als ich stumm blieb, ohne den Blick aus meinen Augen zu nehmen. Diese grüne Iris zog mich an und seine Worte hallten durch meinen Kopf: „Niemand sollte so traurig schauen wie du gerade."
Ein Schluchzen entfloh meiner Kehle. Ich verfluchte es, kniff die Augen zusammen und bereute es im selben Moment, weil ich merkte, dass zwei große Tränen dadurch meine Wangen hinunter kullerten.
„Oh weh", hörte ich Undertakers einfühlsame Stimme. Die Hand löste sich von meinem Kinn und strich mir sanft die Tränen von den Wangen. Dann landete sie auf meinem Hinterkopf und drückte mich an die Brust des Bestatters. Ich konnte sein Herz schlagen hören und merkte wie seine langen Fingernägel durch meine Haare streiften: „Weine, wenn du weinen musst. Du musst dich hier nicht zurückhalten und für nichts schämen."
Meine Augen weiteten sich und ich hatte das Gefühl mein Herz blieb stehen, als mir der Geruch des Bestatters in die Nase stieg und er eine kleine Sprechpause einlegte. Nach einem kurzen Schweigen sprach er weiter: „Wenn ich etwas tun kann damit es dir besser geht, sag einfach Bescheid."
Mein Herz sackte ein Stück ab. Ich wollte nicht weinen und dann wieder doch. Es war mir peinlich, doch in mir war eine Spannung von der ich sicher war sie zerriss mich, wenn ich sie nicht irgendwie kompensierte. Als sich mein Hände hilflos in den dünnen Mantel des Bestatters krallten, brachen sich meine Tränen auch schon unkontrolliert ihre Bahnen. Ich presste eine meiner Hände vor den Mund um mein Schluchzen zu unterdrücken. Ich merkte wie der Totengräber die drei Spangen aus meinem Dutt zog und meine Haare hinunter fielen. Dann streiften seine Finger weiter durch meine Haare. Er sagte nichts. Undertaker stand einfach nur da, hielt mich fest und fuhr mir immer und immer wieder durch meine Haare. Ich kannte so etwas nicht. Ich kannte es nicht, dass jemand die Emotionen in meinen Augen las, dass man mich festhielt wenn ich traurig war und mir beruhigend durch die Haare strich. Ich mochte es. Irgendwie...
Geduldig wartete er, bis ich mich beruhigt hatte.
Irgendwann hob ich meinen Kopf und wischte mir durch das feuchte Gesicht: „Es tut mir leid..."
„Hehehe", lachte der Bestatter leise, aber nicht albern: „Warum entschuldigst du dich immer?"
„Weil... Mir das peinlich ist..."
Das Lachen des Bestatters wurde lauter: „Hahahahahaha! Warum denn?"
Ich schaute hoch in sein lächelndes Gesicht. Es wirkte wieder amüsierter. Ich rieb mir noch einmal durch die Augen und schlug sie dann nieder: „Weil... ich dich kaum kenne und hier stehe und dir die Ohren voll heule wie ein kleines Kind. Das war sicher... nicht so toll für dich..."
Er lachte durch die geschlossenen Lippen. So war sein Lachen sehr leise und ziemlich dunkel, doch es klang irgendwie schön: „Ich hab doch gefragt. Wer fragt muss auch den Schaden tragen. Vergessen?"
„Ja, aber...", begann ich, doch wurde unterbrochen. Eine Hand wuschelte durch meine Haare. Da sie jetzt oben nicht mehr von meinem Dutt gehalten wurden, flogen sie wirr durch die Gegend und auch in mein Gesicht. Ich schaute hoch und versuchte mir die Haare aus dem Gesicht zu pusten. Es funktionierte nicht, aber wenigstens hörte ich, dass der Bestatter anfing zu giggeln. Irgendwie wurde das Gefühl in meinem Bauch ganz warm, als ich Undertaker giggeln hörte.
Ich kicherte mit. Ich mochte das Lachen des Leichengräbers. Beide Versionen davon.
Auf einmal hatte ich etwas Weißes vor der Nase. Ich blinzelte verwirrt und schielte, als ich auf das Etwas vor meinen Augen schaute. Es war ein Taschentuch. Ich nahm eine Hand und wischte mir die Haare aus dem Gesicht. Zögerlich nahm ich das Taschentuch und murmelte leise: „Danke."
Als ich mir meine roten Augen und feuchten Wangen trocken wischte merkte ich, dass der Bestatter mich immer noch im Arm hatte. Mein Gesicht wurde warm und ich schaute wieder schräg zu Boden. Ich hörte Undertaker lachen. Als ich zu Boden schaute sah ich die Teelache neben meinen Füßen: „Oh!"
Ich tat einen Schritt zur Seite und schaute immer noch auf den zu Boden gegangenen Becher. Undertaker ließ seinen Arm von meiner Taille rutschen, als ich mich bewegte.
„Es tut mir leid!", quiekte ich und schlug die Hände vors Gesicht: „Ich...", hastig schaute ich mich um. Hier muss doch irgendwo ein Tuch sein: „Mach das sofort weg!"
Mein Blick fiel auf den schmuddeligen Lappen mit dem Ronald sich die Hände abgewischt hatte. Ich wollte zum Tresen gehen, doch eine Hand an meinem Handgelenk hielt mich auf. Ich drehte mich halb herum und schaute reichlich verwirrt in Undertakers Gesicht.
Dieser lachte: „Hehe. Lass nur. Ich mach das gleich."
„Aber... ich hab ihn fallen lassen."
„Wirklich?", er legte den grinsenden Kopf schief.
Ich zog eine Augenbraue hoch: „Äh... Ja?"
Der Totengräber hob die andere Hand vor den Mund, als er kicherte: „War das eine Frage oder eine Aussage?"
„Äh... Aussage?"
„Und das?"
„Öhm... Aussage?"
„Und das?"
„Ähm... Aussage?"
„Und das?"
Ich ließ die Schultern hängen und schaute ihn irgendwo zwischen genervt und dem Gefühl veräppelt zu werden an.
Darauf hin lachte der Bestatter los: „Ahehehehehehehehehehehe! Dieses Gesicht! Tihihihihihihi! Bezaubernd! Entzückend! Ahahahahaha!"
„Was hast du eigentlich mit meinem Gesicht?!"
Er zog an meinem Arm. Ich stolperte nach vorne. Meiner Meinung nach waren seine Arme für seine Kraft viel zu dünn. Oder zumindest wirkten sie zu dünn. Als ich wieder vor dem Leichengräber stand, streckte er mir seine Nase ins Gesicht: „Ich mag es, hehe. Deine Ausdrücke sind herrlich! So vielseitig! Und wie rot du immer wirst. Possierlich, wirklich. Hihi."
Meine groß gewordenen Augen blinzelten irritiert und ich merkte mein Gesicht noch wärmer werden, woraufhin der Bestatter nur noch mehr kicherte. Es war mir unverständlich warum mich dieser schräge Typ immer wieder aus der Fassung brachte. In so vielen Hinsichten. Eigentlich in allen. Das war mir ziemlich unangenehm... und es verwirrte mich zutiefst.
„Außerdem", weckte mich Undertaker aus meinen Gedanken: „Wenn meine Gäste anfangen bei mir zu putzen, leg ich mich selbst auf eine Bahre, ahehehehe."
„Oooookay", machte ich gedehnt. Der Gedanke schien ihm nicht sonderlich zu widerstreben, was ich ein weiteres Mal bedenklich fand: „Ist alles ok bei dir?"
Wieder brach ein kleiner Lachanfall des Leichenbestatters durch den kleinen Laden: „Fuhehehehehehe! Das fragt die Richtige!"
Ich zog eine Augenbraue hoch. Undertaker lachte noch mehr. Dann hob er einen Finger und wackelte an meiner hochgezogenen Augenbraue herum: „Und diese Augenbraue! Ahahahahahaha! Ich hab die wahre Freude meines Herzen gefunden!"
Jetzt klappte mir der Mund auf: 'Was?! Die wahre Freude seines Herzens?! Was soll das denn jetzt wieder heißen?!'
Undertaker lachte noch lauter und wackelte weiter an meiner Augenbraue, als hätte er selten so viel Spaß gehabt. Er nahm besagten Finger und klappte mir den Mund zu: „Hör auf so zu schauen! Puhuhuhuhuhu! Oder ich sterbe!", er wischte sich durch die Augen: „Das wäre Mord, hehe!"
„Klar", nickte ich langsam: „Klingt logisch... Oder so."
„Andererseits", er nahm wieder seinen Finger und bewegte ihn in Richtung meiner Augenbraue: „Das sieht zu gut aus! Fu fu fu fu! Mach's doch noch mal! Tehe!"
Ich nahm die freie Hand und paschte damit auf die Hand des Bestatters: „Hey!"
Er ließ nicht locker und wackelte mit dem Finger vor meinem Gesicht herum: „Ach komm schon! Hihi!"
Ich befreite meine andere Hand und nahm beide Hände um seine Hand weg zu wedeln: „Nein! Lass das! Hast du mal was von 'Persönlicher Komfortzone' gehört?!"
„Pahahahaha! Komfortzone! Hab dich nicht so!", griff er wieder eine von meinen Händen. Mit der anderen haute ich immer wieder auf seine, aber er zeigte eine ungeahnte Ausdauer darin mich ärgern zu wollen. Ich fühlte mich wie ein Kätzchen, das sich einer äußerst aufdringlichen Fliege erwehren musste.
Doch ich musste anfangen zu lachen. Irgendwann schaffte ich es meine andere Hand wieder aus seiner zu ziehen und drückte sie gegen seine Wange: „Haha! Jetzt hör auf damit!"
Doch das tat er nicht. Er mogelte seine Hand an meiner vorbei. Allerdings traf er meine Nasenspitze.
Wahrscheinlich, weil ich sein Gesicht mit meiner Hand ein Stück zu Seite drückte und er einfach blind war wie ein Maulwurf. War er zu stolz um seine Brille zu tragen? Er drehte seinen Finger auf meiner Nasenspitze, was meine Gedanken unterbrach: „Tihihi! Bitte! Ich will es noch einmal sehen!"
Ich tat zwei Schritte nach hinten: „Nein!", lachte ich noch immer.
Da ich zurück gegangen war, konnte sich der Bestatter wieder gerade hinstellen: „Bitte!"
„Haha, nein!"
Der Totengräber ging wieder auf mich zu, Finger voran: „Tu mir doch den Gefallen. Hehe!"
„Hey!", ich duckte mich unter seinem Finger hinweg, lief an ihm vorbei und stellte mich so, dass ein Sarg zwischen uns stand: „Nicht ins Gesicht!"
„Oh, eine kleine Verfolgungsjagd", der Bestatter grinste und legte kurz die Fingerkuppen aneinander: „Ist eine Weile her, dass ich so etwas mit Lebenden gemacht habe."
Ich machte große Augen: „Was?!"
Aber ich hatte keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn der Bestatter stützte eine Hand auf den Sarg und schwang sich mit Leichtigkeit darüber.
Ich blinzelte verwirrt und rannte weg, als sein Finger mir wieder näher kam.
„Haha! Hör auf!", ich flitzte durch den kleinen Laden. Undertaker folgte mir auf den Fuß. Er war schnell! Eher unbeholfen wich ich immer wieder dem Finger aus. Er lachte dabei wie ein Kind im Freizeitpark und hatte hörbar Spaß. Irgendwie freute mich dieser Umstand so ungemein, dass er auch bei mir für ungeahnt viel Pläsier sorgte.
Ich konzentrierte mich viel zu sehr auf seinen Finger und viel zu wenig auf meine Füße. Deshalb stolperte ich irgendwann über mein eigenes Bein. Ich wusste warum ich nicht im grünen Haus war. Ich strauchelte.
Dann gaben sich die Umstände und mein Karma wieder die Hand: Durch das Straucheln stoppte ich, als ich versuchte mein Gleichgewicht zu halten. Zu plötzlich für einen gewissen Bestatter. Ich spürte wie er gegen mich prallte und mich von den Füßen riss.
„WAAAAAAA!", fielen wir mit einem kleinen, doppelten Schrei nach hinten in einen offenen Sarg. Der Zylinder des Totengräbers segelte zu Boden.
Einen kleinen Moment drehte sich alles. Ich hörte und spürte den Bestatter lachen, während er auf mir lag. Er drückte mit seinem ganzen Gewicht gegen mich. Viele silberner Haare lagen auf meinem Gesicht. Sie fühlten sich ganz weich an. Wieder stieg mir der süße, natürliche Geruch in die Nase, den ich so gern mochte. Ich war immer noch furchtbar perplex, als er das Gesicht auf meine Schulter legte und ich nicht wusste, ob er einem Lach- oder Herzanfall unterlag. Ich hoffte einfach mal auf Ersteres.
Undertaker hob den Kopf und grinste mir immer noch lachend ins Gesicht. Mein Herz wummerte ganz furchtbar gegen den Körper des Totengräbers, doch der Bestatter schien sich an der extremen körperlichen Nähe nicht annähernd zu stören. Die Zeit zog sich wie Teer. Das Blut brannte durch meine Wangen und pulsierte merklich in meinen Venen: 'Zu... nah...', ächzte ich in meinen Gedanken: '...Oder...?'
Als ich den Mund öffnen wollte um etwas zu sagen, hatte ich plötzlich wieder einen Finger an meiner Augenbraue, der sie hoch und runter schob: „Hehehehehe! Gewonnen!"
Ich seufzte erst. Dann legte ich den Kopf in den Nacken und musste wieder anfangen zu lachen. Spontan empfand ich die Situation gar nicht mehr so unangenehm. Ein paar Minuten hallte unser Lachen im Chor durch den dunklen Laden.
Dann stützte Undertaker sich auf: „Hahahaha! Hach! Herrlich!"
Ich öffnete die Augen. Dann wurden sie gleich noch größer, als ich den Sargdeckel unheilvoll wackeln sah: „Vorsicht!"
KLONG! Das war so ungefähr das Geräusch was ertönte, als der Sargdeckel zuklappen wollte. Doch der Kopf des Bestatters war im Weg. Das war auch so ungefähr das Geräusch was durch meinen Kopf surrte, denn überrascht wie er war reichte Undertaker die saftige Kopfnuss, die ihm der Sargdeckel verpasst hatte, an mich weiter.
„Ohhhhhh", machte ich reichlich desillusioniert und hob eine Hand an meine pochende Stirn, als der dumpfe Schmerz durch meinen Kopf surrte: „Aua... Ich hasse mein Karma..."
„Ich finde dein Karma gar nicht so schlecht. Hehehehehehe!", lachte der Bestatter und hielt sich ebenfalls die Stirn.
Ich öffnete empört die Augen und wollte den Kopf heben, aber meine Nasenspitze stupste gegen etwas Kühles. Es war dunkel in dem Sarg. Nur weil unsere Beine aus der Kiste hingen sickerte etwas Licht von außen durch einen kleinen Spalt hinein. Ich schaute in zwei Augen. Grüne Augen. Doch keine normalen grünen Augen. Sie leuchteten im Dunkeln! Ich dachte erst ich habe eine mittelschwere Gehirnerschütterung davon getragen und blinzelte, doch es war wahr: Die Augen des Bestatters schimmerten sachte in einem satten limonengrün durch das Düster des Sarges und erhellten ein bisschen sein stattliches Gesicht. Dann realisierte ich wie nah diese Augen waren und dass ich mir die Nase an dem Gesicht des Bestatters platt drückte. Doch ich konnte mich nicht bewegen. Diese Augen bannten meinen Blick. Warum war die Haut des Totengräbers so kalt? Gleichzeitig mit diesem Gedanken schoss mir auch schon wieder Hitze ins Gesicht und ich blieb stumm. Undertaker war ausnahmsweise dieses mal vollkommen unschuldig. In dem Sarg war einfach kein Platz. Ich hatte das Gefühl die Zeit blieb stehen, als ich in diese schillernden Pupillen schaute. Ich konnte nicht einmal mehr blinzeln oder meinen Kopf wegnehmen. Ich hatte wirklich noch nie solche Augen gesehen!
Er kicherte. Sein Atem streifte sanft über meine Lippen, schickte ein Kribbeln hindurch und mir eine Gänsehaut über meinen ganzen Körper.
„Das war so nicht geplant", fing er wieder an zu lachen. Er lehnte seine Stirn ungefragt gegen meine und das leuchtende Grün verschwand, als er amüsiert die Augen schloss und weiter lachte: „Könnte aber schlimmer sein. Ahehehehehehe!"
Alles was ich sagen könnte und wollte blieb in meiner Kehle stecken. Selbst das Atmen gelang mir nur schwer bis gar nicht. Ich hatte das Gefühl mein Gesicht verbrannte und ich könnte gleich einfach in dem Sarg liegen bleiben, weil mein Herz aus meiner Brust sprang und schreiend davon lief.
Es knarzte und Licht erreichte wieder meine Augen, als Undertaker mit einem Arm den Sargdeckel wieder öffnete und sich mit der anderen am Rand des Sarges hoch stützte. Er nahm zwar sein Gewicht von meinem Körper, stand aber nicht ganz auf. Sein langes Haar hing wie ein Vorhang aus vielen Silberfäden zwischen mir, der Welt und all meinen Problemen.
„Besser?", fragte er dann vollkommen aus dem Kontext gerissen. Ich blinzelte und tatsächlich: In den letzten Minuten hatte ich gar nicht mehr über meine Probleme nachgedacht. Nicht einen Gedanken hatte ich daran verschwendet: „Öhm... ja."
Ich musste sogar zugeben, dass es eine Menge Spaß gemacht hatte.
„Gut", lächelte der Bestatter zufrieden: „Dann hat ja alles so funktioniert wie ich wollte."
Dann machte er eine kleine Sprechpause und musterte mein Gesicht: „Was willst du jetzt tun?"
Ich wog den Kopf hin und her: „Ich werde die Kontaktanfrage ablehnen. Viele reden schlecht von Kinderheimen, aber meine Familie war sehr viel schlechter."
„Willst du es erzählen?"
„Willst du es wirklich hören?"
„Warum nicht?"
„Naja... Es ist keine amüsante Geschichte."
Undertaker lachte: „Hehehe. Die wenigsten Geschichten, die das Leben schreibt, sind wirklich lustig. Man muss für sein Pläsier meistens schon selber sorgen."
Mein Blick wurde skeptisch. Irgendwie hatte ich nicht gedacht, dass der ewig lachende Leichengräber eine so ernste Auffassung von der Welt um sich herum hatte. Andererseits war er ziemlich gut darin selbst für Situationen zu sorgen, die ihn belustigen. Das habe ich mittlerweile herausgefunden. Ich war ja nicht selten Gegenstand seinem Amüsement, wenn ich ihn traf.
Ich seufzte: „Mein Vater ist ein Trinker", fing ich an: „Ex-Soldat. Für ihn hat der Krieg nie aufgehört. Auch zu Hause nicht."
„Ich habe ein ungutes Gefühl in welche Richtung diese Geschichte geht", verschwand sein Grinsen urplötzlich.
„Wirklich?", fragte ich zögerlich und ein wenig irritiert von dem ernsten Ausdruck auf den schmalen, aber geschwungenen Lippen.
Er nickte: „Du musst dem Kind keinen Namen geben. Ich habe verstanden. Deine Mutter hat nichts dagegen unternommen, schätze ich."
Ich schüttelte den Kopf und schlug die Augen zur Seite: „Nein, hat sie nicht..."
„Wirklich keine amüsante Geschichte. Daran finde selbst ich nichts zu lachen."
Ich zog annähernd überrascht beide Augenbrauen hoch. Irgendwie hatte ich das Gefühl es war schlecht, wenn Undertaker einem Umstand nichts zum Lachen abgewinnen konnte.
Doch dann zuckte ich mit den Schultern: „Es war auch nicht sonderlich amüsant."
„Naja. Die Vergangenheit kann niemand ändern. Nicht einmal Gott wäre dazu in der Lage. Wenigstens bist du sie jetzt los und musst sie nie wieder sehen."
„Ich hoffe..."
„Du willst nicht, also: Warum solltest du?"
Ich schaute ihm wieder ins Gesicht. Da er vornüberbeugt stand konnte ich seine Augen deutlich sehen. Die Augen, die im Dunkeln leuchten. Die Augen, die einem in die Seele schauten: „Naja... Wenn das Jugendamt entscheidet ich soll... dann muss ich..."
„Dann hör nicht auf sie", sagte er mit einer gewissen Verständnislosigkeit: „Das Einzige was du MUSST, liebe Skyler, ist sterben."
Ich war ein bisschen irritiert. Dieser Satz kam so dermaßen selbstverständlich, dass es sich wirklich so anhörte, als könnte es so einfach sein: „Naja... Das Jugendamt kann mir mit Sanktionen drohen..."
„Bringt dich irgendeine davon um?"
„Nein, aber..."
„Dann nichts aber."
„So einfach ist das nicht!"
„Aha? Warum nicht?"
„Naja weil...", mein Kopf ratterte: „Weil..."
„Weil?", der Kopf des Bestatters kippte ein Stück zur Seite. Er sah so aus, als ob er mein Problem wirklich nicht verstand und gerade selbst nach einer Erklärung suchte, doch keine fand.
„Ich auf das Jugendamt angewiesen bin..."
„Und inwiefern?"
„Ich bin minderjährig. Sie sind für mich verantwortlich."
„Das impliziert nicht im Mindesten, dass du auf sie hören musst."
Ein bockiger Teenager hätte wahrscheinlich ähnliche Dinge gesagt, nur wirkte der Bestatter weder bockig, noch wie ein Teenager. Ich war eher geneigt zu glauben, dass er wirklich dachte was er sagte. Schon allein, weil er immer behauptete er lüge nie.
Ich wusste allerdings auch nicht so recht, was ich antworten sollte. War es nicht klar, dass man staatlichen Institutionen Folge leisten musste? Sonst kam man halt in Probleme.
Der Bestatter lachte, als er mein verwirrtes Gesicht musterte: „Ich halte nicht viel von der Queen und ihren Institutionen."
Ich klimperte mit den Augen: „Wirklich?"
„Jup", machte er leger: „Ich finde diesen ganzen bürokratischen Kram furchtbar unwichtig. Ich meine: Das ist doch der reine Wahnsinn! Und ich bin wahnsinnig. Ich weiß also wovon ich spreche. Hehehehe!"
Ja, diese Einstellung hat man bei dem kurzen Gespräch mit Ronald schon deutlich heraus gehört: „Aber... du hältst dich dran, oder? Ich meine, du zahlst doch Steuern und so weiter."
Er lachte: „Hehehe! Gezwungenermaßen, ja."
Ok gut. Ich kannte jetzt nicht viele, die am Ende des Monats auf die Lohnabrechnung schauten und meinten: 'Yey! Steuern!' Doch irgendwie schwang in diesem Satz noch etwas anderes mit. Ich konnte nur nicht mit dem Finger drauf zeigen.
Undertaker lachte: „Doch was genau du jetzt tun willst weiß ich immer noch nicht. Du willst ablehnen, klar, doch wie?"
„Wozu musst du das wissen?"
„Na, damit ich dir helfen kann."
Ich konnte förmlich spüren wie ich meine Zunge verschluckte.
Undertaker giggelte: „Kam das jetzt wieder unerwartet?"
Ich nickte langsam. Dann seufzte ich: „Naja... Du kannst mir nicht wirklich helfen..."
„Man kann immer helfen. Es verlangt manchmal nur nach ein wenig gesteigerter Kreativität."
Ohne Vorwarnung griff er eine dicke Strähne meiner Haare, die mir über die rechte Schulter gefallen war und begann sie zu flechten.
Ich schaute relativ irritiert auf seine Hände. Routiniert und geschickt hantierten die langen Finger mit den drei Haarsträhnen.
„Was machst du da?", fragte ich irritiert.
Er lachte: „Das wird ein Zeichen."
Meine Irritation wurde eher schlimmer anstatt besser: „Zeichen für was?"
„Für unsere Verbundenheit."
Ich stockte: 'Verbundenheit?'
Erst konnte ich mir das nicht erklären. Dann sah ich die dünne, geflochtene Strähne in der rechten Seite von Undertakers dichter, langer Mähne. Sie war mir vorher nie aufgefallen. Ich schaute von der Strähne zurück in sein Gesicht. Er flechtete meine Haare an derselben Stelle. War das das Zeichen? Ein geflochtener Zopf an derselben Stelle? Es standen immer noch einige Fragen auf meinen Zügen, doch ich konnte sie weder erfassen, noch aussprechen. Ein weiteres Mal war ich total sprachlos.
Er lächelte mich an, als ihm ein leises Lachen entfloh und er mit einem Auge zwinkerte: „Damit du nicht vergisst, dass es jemanden gibt der dir helfen möchte, wenn du Hilfe brauchen würdest."
Ich schaute ihn immer noch reichlich perplex an. Irgendwie war diese kleine Geste unglaublich überwältigend. Wahrscheinlich, weil sie so durch und durch ehrlich wirkte.
„Also", begann er wieder: „Wenn ich dir helfen kann zögere nicht mir Bescheid zu geben."
„Ähm", machte ich stümperhaft: „Danke, aber... ich werde zu dem Termin gehen, sagen dass ich den Kontakt nicht wünsche und dann... werde ich beten. Was anderes kann ich nicht tun."
„Beten? Aha?", er lachte. Dieses Lachen wirkte so, als wüsste er ganz genau, dass ich nicht weiß worüber er sich amüsierte: „Wenn du denkst es hilft. Hihi."
Ich seufzte. Dann musste ich auch lachen: „Wahrscheinlich nicht."
„Wann hast du den Termin?"
„Am 08.10. um 14:30 Uhr..."
„Nun", er lachte: „Viel Glück."
Dann griff er kurz in seine Manteltasche und band mir ein Haargummi in den Zopf. Er ließ ihn durch seine langen Finger gleiten, bevor er mir auf die Schulter fiel: „Und wenn deine Eltern dein Nein nicht akzeptieren, dann bekommen sie halt ein Problem mit mir."
„Inwiefern?", fragte ich verwirrt.
„Mir fällt schon etwas ein. Hehehehe! Ich bin da kreativ."
Das glaubte ich und der Gedanke, wie meine Eltern vor dem morbide lustigen Bestatter schreiend wegrannten, war wunderbar: „Klingt gut!"
„Wie alt bist du, Skyler?", fragte er nach einem gefälligen Lachen.
Ich klimperte mit den Augen: „Öhm... 17, fast 18."
Er lachte wieder kurz auf: „Mein Gott, so jung."
„Wie alt bist denn du?"
„Äh", kam es kurz aus seinem Mund. Dann kicherte er: „Hehehehe. Zu alt."
„Wie alt?"
Ein breites Grinsen erschien endgültig auf seinem Gesicht: „Rate, hehe."
„Öhm", machte ich. Ich war nicht gut im Schätzen: „So... 32?"
Als ich es aussprach, fühlte es sich irgendwie komisch an. So im Vergleich war er sicherlich viel älter als ich. Irgendwie bedauerte ich es und wusste nicht warum.
„Pahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahaha!", brüllte Undertaker auf einmal los. Er nahm eine Hand, um sich den Bauch zu halten. Von allen Lachanfällen, die ich von ihm schon erlebt hatte, war dies der heftigste. Hatte ich so weit daneben gelegen? Nicht, dass ich ihn viel zu alt geschätzt hatte!
„32!", japste er: „Ich werd nicht mehr! Wahahahahahahahaha!"
Eins meiner Augen zuckte vor Unbehagen: „Bin ich... so weit daneben?", fragte ich unsicher.
Sein Lachen erstarb. Eine Weile antwortete er nicht und musterte mich abwägend. Es wirkte, als müsste er sich die Antwort gut überlegen. Dann grinste er: „Das ist ein Geheimnis."
'Geheimnis', wiederholte ich verwirrt in meinem Kopf: 'Warum sollte das ein Geheimnis sein?'
„Wann hast du Geburtstag?"
Ich blinzelte: „Warum?"
„Interesse."
Ich zog provokant die Augen zu Schlitzen. Wenn er mir nicht alles erzählte, warum sollte ich?
„Das ist ein Geheimnis", zahlte ich es ihm mit gleicher Münze heim.
Er giggelte: „Dann frag ich Amy."
Mist! Wie unfair!: „Das ist nicht fair!"
Er lachte: „Ich sagte ich sei ehrlich, nicht ich sei fair. Hehehehehe! Also?"
Ich seufzte. Es nützte ja doch nichts. Er hatte mich ausgespielt: „31. Oktober..."
„Oh!", machte er begeistert: „An Halloween! Wie entzückend! Dann wird es ja dieses Jahr auch noch eine Geburtstagsfeier!"
„Oh nein, nein, nein", machte ich vehement: „Ich hab meinen Geburtstag noch nie gefeiert und ich fange sicherlich jetzt nicht damit an!"
Sein Grinsen drehte sich um: „Warum nicht?"
„Naja, weil...", ich stockte. 'Weil er nie wichtig war', antwortete ich stumm in meinem Kopf.
„Was wünscht du dir?", streckte er mir ein weiteres Mal seine Nase ins Gesicht. Die grünen Augen wirkten wieder so, als hätten sie meine stumme Antwort sehr wohl verstanden.
„Komfortzone!", rief ich aus.
„Abgelehnt", lachte der Bestatter einfach.
'Wie abgelehnt?!', mein Mund klappte wieder auf
Der Bestatter kicherte wieder amüsiert: „Also?"
„Also ich... weiß nicht, was ich darauf antworten soll..."
Ihm entfloh eine Mischung aus Seufzen und Lachen. Dieser Laut klang irgendwie immer komisch: „Ich habe hin und wieder das Gefühl wir würden nicht dieselbe Sprache sprechen."
„Üff...", machte ich beschämt. 'Ich bin ein Stück Toast...' : „Ähm doch schon..."
„Was war dann so unverständlich?"
„Ich... dachte einfach ich habe deutlich gemacht, dass mir mein Geburtstag nichts bedeutet. Folglich wünsche ich mir auch nichts."
„Hehehe. Dann muss ich mir selber etwas einfallen lassen."
Ich merkte wie mein Gesicht dunkel wurde: „Mach dir keine Umstände wegen mir..."
„Umstände? Ich finde Geburtstage herrlich! Mein zweitliebster Anlass zum Feiern!"
„Und was ist dein liebster Anlass?"
Er antwortete mir mit einem vielsagenden Grinsen. In meinem Kopf machte es Klick: „Oh nein, sag jetzt bitte nicht..."
„Doch", antwortete der Bestatter auf meinen halben Satz: „Genau was du denkst."
„Woher willst du wissen was ich denke?!"
„Skyler bitte. Ich bin sehschwach, nicht blind. Hehehehehe!"
„Geh aus meinem Kopf und mach die Hintertüre zu", sagte ich beleidigt.
Lachanfall die Dritte: „Pahahahahahaha! Nö."
„Wie nö?!"
„Ich finde es gemütlich da drin. Hehe."
Mit einem Schmunzeln ging er von dem Sarg weg und leichten Fußes zu dem Tresen. Auch ich setzte mich auf und sah wie er sich Ronalds Lappen schnappte und ihn dann ziemlich achtlos auf die kleine Pfütze warf. Mit der Spitze seiner schnallenbesetzten Lackstiefel tippte er von unten gegen den, auf dem Boden liegenden, Plastikbecher und dieser hüpfte hoch. Nonchalant fing er ihn aus der Luft und trat auf den Lappen, um dann mit seinem Fuß die kleine Lache aufzuwischen. Die Einlage war nicht schlecht. Ungeschickt wirkte der Bestatter nun wirklich nicht. Ich tippte bei ihm wohnte 'Ich kann nicht' zu 99% auf der 'Ich will nicht'-Straße, oder auf dem 'Ich habe kein Lust'-Weg. Auch den nassen Lappen warf er mit seinem Fuß hoch, um ihn zu fangen.
Mein Kopf kippte zur Seite, als ich ihn beschaute.
Sein Kopf zuckte zu mir: „Ist irgendetwas?"
„Nein", machte ich fast ertappt: „Ich... schau nur."
„Interessant?", grinste er, als er zu der versteckten Türe ging.
Mein Kopf folgte ihm, während ich aus dem Sarg kletterte.
Er öffnete die Tür, beugte sich hinein und ich hörte ein leises Scheppern. Wahrscheinlich hat er den Becher und den Lappen einfach ins Waschbecken geworfen.
Dann schloss er sie wieder und setzte sich mit verschränkten Armen auf seinen großen Tresen.
Ich schaute aus dem Fenster. Das Zucken der Blitze hatte aufgehört, aber es goss immer noch wie aus Kübeln. Ein nahes Ende war nicht in Sicht. Kleine Tropfen leisteten sich an der Fensterscheibe ein Wettrennen und ich folgte ihnen einige Momente mit meinen Augen. Irgendwie drehten sich meine Gedanken furchtbar schnell in meinem Kopf, um alles was gerade gesagt und getan worden war.
Ich drehte mich wieder um, als ich die Blicke des Bestatters in meinem Rücken spürte. Dann vibrierte etwas in meiner Brusttasche.
Mit einem entschuldigenden Lächeln zog ich mein Handy heraus und schaute was es von mir wollte:
- Amy [30.09.15 18:30] Hey! Wo bist du? -
Öhm: 'Mist! Was sag ich ihr denn jetzt?' Irgendwie konnte ich ihr nicht erzählen, dass es mich wieder zu dem Bestatter verschlagen hatte.
Ich hörte ein Lachen: „Gefällt dir nicht, was deine kleine Wunderkiste dir da zeigt?"
Ich schaute in an und zog wieder eine Augenbraue hoch: „Wunderkiste?"
Er kicherte wieder und hielt sich die Hand vor den Mund: „Ja. Ich kann den Dingern nichts abgewinnen."
Das hört man selten: „Ok. Gut, ist ja nicht schlimm. Aber... mir wurde eine Telefonnummer angezeigt."
Er wirkte verdutzt: „Hö?"
„Na", machte ich zögerlich: „Im Internet..."
„Aha?", er wirkte etwas verwundert. Dann schaute er nach links auf seinen Tresen: „Naja... ein Telefon hab ich..."
Ich folgte seinem Blick. Das Telefon war ein großer, weißer Kasten. Es war ein altes Model mit Schnur und großen, grauen Tasten.
„Das ist ja antik", sagte ich ohne zu überlegen.
Er lachte: „Hahahaha! Man merkt du bist mit Amy befreundet."
„Warum?"
„Sie sagt das auch immer", dann grinste er mich wieder an: „Das erklärt aber alles nicht, warum du so komisch auf dein", er kreiste mit dem Zeigefinger in der Luft: „Dingsda schaust."
„Handy."
„Was auch immer."
Ich musste schmunzeln: „Amy hat mir geschrieben."
„Aha?"
Ich wedelte mit einer Hand und lachte: „Vergiss es."
„Lachst du mich aus?", kicherte er.
„Öhm...", ich kicherte mit: „Ich glaub ein bisschen schon..."
Daraufhin lachte er: „Hahahahaha! Dann ist gut!"
„Stört dich das denn gar nicht?", fragte ich verwundert.
„Nicht im Geringsten", er breitete die Arme aus: „Ich liebe es, wenn Leute lachen! Vor allem du."
Ich hob meine Hand an den Mund, als ich merkte wie ich wieder rot wurde: „Wie... Wie meinst du das?"
„Du hast ein schönes Lachen", er grinste: „Vorausgesetzt es ist ehrlich."
„Wie...?"
„Ich hasse künstliches Lächeln und gespieltes Lachen. Du musst nicht so tun als wärst du glücklich, wenn du es einfach nicht bist."
„Ich..."
„Mache es ständig", grätschte er mir ins Wort, bevor ich aussprechen konnte und beendete meinen Satz für mich.
Mit einem Seufzen schaute ich noch mal auf mein Handy: 'Was antworte ich denn jetzt?'
- Sky [30.09.15 18:34] Hey! Ich bin spazieren... -
- Amy [30.09.15 18:34] Bei dem Wetter?! -
- Sky [30.09.15 18:34] Ja... -
- Amy [30.09.15 18:35] Du bist doch bescheuert. Sag mal? Wo ist eigentlich Undertakers Mantel hin? -
Ich schloss die Augen und legte die Hand darüber: 'Shit...'
Ein Surren in meiner anderen Hand. Ich schaute durch die Finger auf meinen Display:
- Amy [30.09.15 18:36] Ah! Verstehe! Viel Spaß euch beiden! Grüß schön von mir! -
'Shit...'
Ich hörte Undertaker wieder lachen.
Ich schaute ihn gespielt böse an.
Er legte die Finger an die Brust und breitete dann die Hände aus: „Hey! Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen."
„Das ist dein Spruch, oder?"
Er zeigte mit einem Zeigefinger auf mich: „Oh ja. Hehehe!"
Ich lachte und verstaute mein Handy wieder: „Schöne Grüße von Amy."
„Oh wie reizend!", grinste er: „Zurück, zurück."
„Apropos zurück...", ich schaute leidend aus dem Fenster und ließ die Schultern hängen: „Ich muss so langsam. Wenn ich wieder um Punkt 22 Uhr im Wohnheim bin, dreht Ms. Lowell mich durch den Reißwolf."
Undertaker lachte: „Ich..."
Ich hob die Hand und unterbrach ihn: „Du fährst mich nicht schon wieder!"
„Gut", schmunzelte er: „Dann laufen wir. Gegen einen Spaziergang im Regen mit einer schönen Frau hab ich nichts einzuwenden."
Mein Kopf war LEER! Ich muss ihn angeschaut haben wie eine Kuh wenn es donnert und brachte kein anständiges Wort heraus. Minuten lang. Er fing an heiter zu giggeln.
„Wa Wi Wo Wa...", überschlug sich meine Stimme wie meine gerade zurückgekehrten Gedanken.
Der Bestatter fing wieder an mich ungeniert auszulachen: „Puhuhuhuhuhuhu! Hat dir noch niemand gesagt wie schön du bist?"
Ich glaubte in dem Moment mein Gesicht explodierte, so heiß war es geworden. Ich brachte wieder nicht mehr als ein unbeholfenen Gestammel zustande und hatte spontan einen staubtrockenen Mund. Ich schaffte es mich zu räuspern: „Nein", piepste ich.
Der Bestatter stand auf und legte den Kopf schief, als er heftig zu kichern anfing. Wieder rutschte sein Pony von einem seiner Augen: „Eine Schande. Naja, jetzt weißt du's."
Er ging an mir vorbei und hob seinen Zylinder auf, der bei unserem Sargunfall herunter gefallen war. Dann setzte er ihn auf und ging zu dem Garderobenständer. Ohne große Eile zog er seinen wiedergewonnenen Mantel und sein Tuch über. Er hielt mir meinen Poncho hin.
„Du... musst nicht mitkommen! Wir müssen nicht Beide nass werden!"
Ein weiteres Schmunzeln, als er noch einmal nach dem Ständer griff. Von der zur Wand gewandten Seite zog er einen großen, schwarzen Regenschirm heraus. Er wackelte damit bedeutungsschwer und grinste, als er seinen Arm noch ein Stück weiter zu mir streckte.
Ich schaute ein Stück leidender: „Du musst wirklich ni... Au! Spinnst du?!"
Der Bestatter hatte mir leicht mit dem Regenschirm auf den Kopf gehauen, als ich ihm Widerworte geben wollte.
Ich nahm den Poncho mit einem missbilligend Blick: „Das war nicht nötig", wickelte ich mich darin ein.
Er lachte: „Wenn ich jedes mal 1 £ bekommen würde, wenn du mir widersprichst, wäre ich Millionär."
Ich zog meine Augen ein Stück enger: „So schlimm ist es auch nicht..."
Ich streckte ihm meine Hand hin und winkte mit den Fingern. Nach einem kurzen Moment verstand er und legte mir meine drei Spangen in die Hand, die er mir aus den Haaren gezogen hatte. Routiniert drehte ich meine obersten Haare in einen Dutt und steckte ihn fest. Prompt fiel mir mein langer Pony wieder heraus und ich seufzte.
Mit einem weiteren Lachen stieß Undertaker die Türe auf und hielt mir seinen Ellbogen hin, nachdem er mit einem Knopfdruck den Schirm aufsprangen ließ. Ich schaute reichlich unintelligent auf die Geste, als ich zu ihm zur Türe ging.
Er schüttelte lachend mit dem Kopf, schnappte sich einen meiner Arme und klemmte ihn unter seinen. Dann ließ er meine Hand wieder los. Mit einem Gesichtsausdruck, der immer noch weit entfernt von geistreich lag, ließ ich es geschehen und schaute zur Seite, um die erneut emporgestiegene Röte zu verstecken. Wir verließen den Laden, hielten noch einmal kurz inne und ich hörte das Klimpern eines Schlüsselbundes. Der Totengräber schloss seine Türe ab ohne mich loszulassen. Dann bahnte er sich routiniert seinen Weg durch die kleinen Gassen und zog mich mit. Der Regen prasselte schwer gegen den Stoff des Regenschirms und meine Gesichtsfarbe beruhigte sich irgendwann wieder ein Stück.
Unwillkürlich fiel mir etwas Merkwürdiges auf: Als wir durch die schmalen Straßen schlenderten, standen immer noch die dubiosen Grüppchen in den dunklen Ecke der Gassen herum. Allerdings duckten sie sich in den Schatten sobald der Bestatter und ich sie passierten. Sie wirkten dabei irgendwo zwischen ehrfürchtig und verängstigt. Mir fiel wieder die Situation ein, in der ich vor dem Laden angekommen war: Die Schritte hinter mir, die sich prompt umgedreht hatten, als ich in die Gasse des Totengräbers eingeschlagen war. Hatten meine Verfolger vielleicht doch wegen dem bizarren Leichenbestatter von mir abgelassen? Mieden sie die Gasse in der sich sein Laden befand aus irgendwelchen Gründen? Wegen ihm? Hier in dem kleinen Komplex aus Nischen und Sackgassen war er sicher bekannt wie ein bunter Hund.
Ich hörte neben mir ein Lachen: „Sie sollten dich ab jetzt in Ruhe lassen."
Ich drehte irritiert den Kopf zu ihm. Sein Grinsen stand wie gewohnt in seinem Gesicht, doch er schaute auf die Straße vor uns und nicht zu mir: „Okay... Warum?"
Er lachte: „Ich hab meinen Ruf."
„Kein guter wie es scheint."
Undertaker lachte lauter: „Das kommt drauf an wen man fragt", er schaute mir belustigt ins Gesicht: „Das sind hier ja alles 'ganz harte Kerle'. Es gibt Dinge, die würden die nie zugeben. Ahehehehehe! Trottel!"
Ich musste in sein Lachen einsteigen. Dann verlief sich die Konversation zu Gott und die Welt. Es war lustig! Wir plauderten und lachten, hatten Spaß und eine gute Zeit. Ich fand Gefallen an dieser ungezwungenen Art von Konversation.
Er brachte mich durch das Tor des Campus. Wir wurden nicht aufgehalten. Dann hielten wir vor der Tür meines Wohnheimes. Dort entließ er meinen Arm. Ich lächelte schüchtern zur Seite: „Ähm... Danke. Für... alles."
Er nahm meine Wange in die Hand und drehte meinen Kopf zu seinem lächelnden Gesicht: „Nicht dafür."
Sein Daumen strich mir über die Wange und ein Hauch rosa flog mir wieder auf meine Züge: „Doch... Das ist nicht selbstverständlich..."
Er lachte: „Mach es gut. Halt die Öhrchen steif und fühle dich frei zu jeder Tages- und Nachtzeit bei mir vorbei zu schauen."
Ich schloss die Augen, als sich meine Mundwinkel hochzogen: „Mach ich!"
Dann verschwand die Hand von meinem Gesicht: „Bis dann", wandte er sich ab.
„Tschau", warf ich zurück. Dann ging ich ins Wohnheim.
Ich verbrachte meinen Abend wie gewohnt mit Amy. Sie berichtete von ihrem Tag und schien eine Menge Spaß gehabt zu haben. Dann wollte sie wissen wie meiner war. Ich erzählte ihr, dass ich bei Undertaker Ronald getroffen hatte, wir nur geredet und eine Menge gelacht hätten. Sie schien keinen Verdacht zu schöpfen, dass ich ihr mehr als die Hälfte verschwieg.
Nach dem Duschen ging ich zu Bett. Ich lag lange wach und meine Gedanken klebten unnachgiebig an dem seltsamen Mann. Das Kribbeln in meinem Bauch machte mich fast verrückt. Mir war dieses Gefühl einfach unerklärlich. Ich kannte es nicht. Irgendwann schlief ich ein und träumte von einem großen Mann mit silbernen Haaren.

Tears and LaughterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt