Kapitel 6

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P.o.v. Derek

Sofort fuhr ich meine Krallen aus und stellte mich schützend vor Stiles, der immer noch nicht wusste was vor sich geht und mich verblüfft ansah.

Er wollte gerade etwas sagen, als die Gestallt auch schon den Raum betrat.

Ihr Geruch strömte sofort auf mich ein und versetzte mir ein übles Schwindelgefühl, woraufhin meine Sicht leicht verschwamm.

Verblüfft griff ich nach der Sofalehne, um nicht auf der Stelle umzukippen.
Ich war noch nie einer Kreatur begegnet, dessen Geruch alleine den Gegner schwächen konnte.

Doch, da ich, der Person gegenüber nicht allzu schwach aussehen wollte, riss ich mich zusammen und verdrängte das Gefühl.

Als ich zu ihr aufsah konnte ich erkennen, dass sie einen langen Mantel trug, der ihren gesamten Körper bedeckte und eine Kaputze, die es mir unmöglich machte ihr Gesicht zu sehen.

"Wer bist du?", knurrte ich während ich vorsichtig auf sie zu ging.
Ich konnte keine Waffe an dem Mantel ausmachen, doch ich war mir bewusst, dass darunter durchaus ein ganzes Waffenarsenal sein könnte.

Doch die Person machte keine Anstallten sich zu bewegen, noch nicht mal ihre Augen entblößte sie.

Erst als ich nur noch wenige Meter von ihr entfernt war hob sie ihren Kopf und ich konnte deutlich zwei glühend violette Augen erkennen.

Ich stoppte augenblicklich und starrte sie verdutzt an.
Ich hatte noch nie eine Kreatur mit violetten Augen gesehen, was hieß, dass sie einen großen Vorteil mir gegenüber hatte, falls sie auf einen Kampf aus war.

Ich hatte keinen blassen Schimmer wozu sie fähig war und dass war ein großer Nachteil.
Man konnte in einem Kampf noch so stark sein, wenn man den Gegner nicht kannte, war man mehr oder weniger hilflos, was nicht hieß, dass ich Stiles nicht vor ihr beschützen konnte, wenn es darauf ankam.

Doch es schien nicht ihre Absicht zu sein, mich oder ihn zu verletzen, da sie wie angewurzelt stehen blieb und mir mit ihrem Blick ein Gefühl der Ruhe vermittelte.

Als auch ich meine Haltung entspannte und meine Krallen einzog nahm sie langsam ihre Kaputze ab und entblößte ihre kurzen schwarzen Haare, die ihr nicht mal bis zu den Schultern gingen.

Es war eine junge Frau mit fast weißer Haut, blutroten Lippen und spitzen Wangenknochen, die ihre Erscheinung zerbrechlich schienen ließen.

Sie schaute mich eindringlich an und musterte die Wohnung, die im Tageslicht nur noch schäbiger und verfallender wirkte als bei Nacht.

Während sie mit ihren Augen alles in der Wohnung zu mustern schien und ihr Blick dabei immer nur wenige Augenblicke auf einer Sache lag, schwieg sie.

Es verflogen einige Momente, in denen keiner von uns ein Wort sagte, wahrscheinlich auch, weil ich mich fast davor fürchtete, die Konzentration einer so einschüchternden Kreatur zu stören.

Stiles hingegen fühlte diese leichte Beklämmnis anscheinend nicht, denn er räusperte sich vorsichtig und als der Blick ihrer violetten Augen auf ihm ruhten fragte er ohne jegliche Spur der Einschüchterung:
"Wer bist du?"

Zuerst schien es, als ob die Frau seine Frage ignorierte, da sie ihren Blick von ihm abwandte und ihn wieder im Raum herum schweifen ließ, doch als Stiles erneut ansetzte etwas zu sagen, hob sie die Hand und ließ ihn mit nur einem kurzen Blick verstummen.

Sie öffnete ihren Mund und hauchte Luft in den Raum.
Zu meiner Verwunderung, wurde es auf einmal um mindestens Zehn Grad Kälter, obwohl es eigentlich schon eisig Kalt in der Wohnung war.

Doch jetzt bildeten sich, innerhalb von wenigen Sekunden, kleine Eisblumen an den Wänden und ließ den Putz an einigen Stellen vor Kälte aufreißen.

Auch mich durchfuhr eine plötzliche Kälte, die mich verblüfft aufkeuchen ließ.
Ich warf einen besorgten Blick zu Stiles, der seine Finger in die Decke krallte und krampfhaft versuchte die Kälte zu ignorieren.

Es gab keinen Zweifel, dass die Frau diese Kälte verursacht hatte, was mich nur noch mehr beunruhigte.

Sie war unglaublich stark und ihre Fähigkeiten überschritten bei weitem das Wissen der Hale Familie.

Ich schaute mit erfürchtigem Blick zurück zu dem Wesen, das mir direkt in die Augen starrte.

Ich keuchte erschrocken auf und viel auf meine Knie, als sich ihre Augen plötzlich komplett weiß färbten und ein brennender Schmerz durch meinen Körper zuckte.

Ich wollte meine Augen von ihrem starren Blick abwenden, doch ich war wie versteinert und konnte nichts anderes machen, als mir vor Schmerz die Kehle aus dem Leib zu schreien.

Ich versuchte aus leibeskräften mich zu bewegen, als das Wesen langsam auf Stiles zu ging, doch ich konnte nicht.

Unter dem lauten Rauschen des Blutes in meinem Ohr, konnte ich Stiles dünne Stimme hören.
"Derek? Derek!"

Ich wollte mir nicht vorstellen, was sie ihm antuen würde, wenn sie sogar einen Werwolf in wenigen Sekunden ausnocken konnte.

Und Stiles war nur ein gebrechlicher, kleiner Junge, ohne irgendwelche Kräfte, die ihn wenigstens ansatzweise schützten.

Er hatte nur mich und ich hatte versagt...

Mich durchströmte wieder der unaufhörliche Drang, Stiles zu beschützen, der Drang ihn über alles in der Welt am Leben zuhalten.

Ich rief mir ins Gedächtnis den Schmerz zu unterdrücken und schaffte es, meine Krallen auszufahren.

Ich konnte spüren, wie mein Äußeres sich langsam in einen Werwolf verwändelte und meine Augen ein helles Blau annahmen.

Inzwischen konnte ich nichts mehr hören, außer dem rauschenden Blut in meinen Ohren, doch ich konnte  sehen, dass Stiles seinen Mund zu einem lauten Schrei geöffnet hatte, während die Kreatur über ihn gebeugt war.

Ich stieß ein lautes Knurren aus und zog damit ihre Aufmerksamkeit auf mich.

Ich wollte gerade auf sie losstürmen, als sich ein seichtes Lächeln auf ihre Lippen schlich und sie mir zu zwinkerte.

Plötzlich verdoppelte sich der Schmerz und es war, als würde mein ganzer Körper von tausenden Messern durchbohrt.

Es zwang mich erneut auf alle viere und ich konnte sehen, wie ein Blutschwall aus meinem Mund floss.

Mein Körper wurde von Krämpfen durchzuckt und vor meinen Augen tanzten schwarze Punkte, die drohten meine gesamte Sicht einzunehmen.

Langsam sammelt ich meine letzten Kräfte und warf einen letzten Blick zu Stiles, der einen Arm nach mir ausgestreckt hatte und mich mit Tränen in den Augen anstarrte, sein Mund war zu einem Schrei geöffnet, doch ich konnte nichts hören.

Ich zwang mich zu einem letzten Lächeln, das ich ihm zuwarf, bevor meine Sicht komplett schwarz wurde und meine Muskeln nachgaben.

Mein Atem ging schnell und röchelnd und ich drohte daran, an dem Blut in meinem Mund zu ersticken.
Panisch fasste ich mir an den Hals und hustete krampfhaft, bis das Blut aus meinem Hals verschwunden war.

Schwer atmend und erschöpft blieb ich bewegungslos am Boden liegen.

Erst einige Momente später merkte ich, dass der Schmerz schon längst aufgehört hatte.

 I won't let you down || SterekWo Geschichten leben. Entdecke jetzt