Halb Vier

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Es war eine ganze Weile lang still zwischen den beiden. Niemand sagte ein Wort, Louis sah auf den Boden und Rose betrachtete ihn noch immer von der Seite. Die Gitarrenklänge des Mannes wurden lauter, sie übertönten beinahe die Stimmen der anderen Menschen und Rose hörte nur mit einem Ohr zu.

„Einfach loslassen." Louis Stimme drang ganz leise an ihr Ohr, sie war kaum lauter als ein Flüstern. Rosie ließ ihren Blick über sein Gesicht wandern, sie schwieg einen Moment lang und dann räusperte sie sich. „Ich weiß es ist schwer, schwerer als es bloß zu sagen, aber wenn du immer daran denkst, dann wirst du niemals mehr glücklich sein können...Nicht so richtig, verstehst du?" Sie dachte über ihre eigenen Worte nach und dann spürte sie, wie Louis ihre Hand drückte. Sie lächelte leicht und ohne groß darüber nachzudenken, lehnte sie ihren Kopf gegen seine Schulter. Louis löste seine Finger aus ihrer Hand und legte seinen Arm stattdessen um sie, ehe seine Finger sanft über ihren Arm strichen.

„Dabei ist glücklich sein so wichtig", murmelte sie und dann versank sie für einen Augenblick lang in ihren Gedanken. Es war leicht, Louis diesen Rat zu geben, doch sie selbst hatte ihn bis heute noch nicht befolgt. Ihre Mutter war es gewesen, die ihr diesen Rat einst gegeben hatte, doch Rose konnte einfach nicht mit ihrer Vergangenheit abschließen. Sie fürchtete sich davor, obwohl es gleichzeitig genau das war, was sie so unbedingt wollte.

„Rosie?" Louis betrachtete die junge Frau in seinen Armen, seine Finger hielten in ihren Bewegungen inne und er neigte den Kopf ein wenig, um sie besser ansehen zu können, doch Rosie erwiderte seinen Blick nicht. Sie sah auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen und betrachtete den roten Nagellack, der an manchen Stellen bereits leicht absplitterte. Es verstrichen einige Minuten, doch dann drang ihre Stimme an Louis Ohr. „Meine Mutter hat mir diesen Rat vor langer Zeit gegeben, aber ich habe ihn bis heute noch nicht befolgt, weil ich es nicht schaffe." Erneut schwieg sie und sobald Louis Rose dichter in seine Arme zog, schmiegte sie sich an ihn.

„Ich will endlich mit meiner Vergangenheit abschließen, damit ich nicht mehr daran denke und immer wieder daran erinnert werde, aber ich fürchte mich auch davor." Louis hörte ihr stumm zu, seine Fingerspitzen strichen nun wieder sanft über ihren Arm und er betrachtete sie. „Kennst du dieses Gefühl?", fragte sie dann und sah Louis an. Er nickte langsam und die Berührung an Rosies Armen wurde noch ein wenig sanfter.

„Ich habe Angst davor, dass ich mich eines Tages nicht mehr an meine Mutter erinnern kann, wenn ich nicht mehr ständig an sie denke", flüsterte er so leise, dass seine Worte beinahe in der Musik untergegangen waren. Rosie griff nach Louis Hand, sie drückte seine Finger ganz leicht und sah ihn an. „Das kann ich verstehen, aber Erinnerungen kann dir niemand nehmen, Louis und außerdem ist deine Mutter doch noch immer in deinem Herzen."

Nun war er es, der für einen Augenblick lang schwieg und Rosie einfach nur stumm betrachtete. Seine Mundwinkel zuckten ein wenig und als Rose das Lächeln auf seinen Lippen bemerkte, lächelte auch sie ein wenig. Erneut wurde es still zwischen den beiden, die dunklen Gedanken in ihrem Kopf waren verschwunden, doch mit Louis nächsten Worten kehrten sie augenblicklich wieder zurück.

„Was ist mit dir passiert?"

Rose spürte Louis Blicke auf ihrer Haut, sie schluckte und dann wandte sie ihm zögerlich das Gesicht zu. „Ich habe einfach kein Glück", sprach sie dann, es war nicht die ganze Wahrheit, aber sie wollte Louis in diesem Moment nicht von sich stoßen und ihr selber wehtun, denn wenn sie die Wahrheit laut aussprechen würde, dann würde das geschehen und sie würde die Worte nicht mehr rückgängig machen können.

„Bitte lass uns nicht weiter darüber reden, ich will das hier lieber noch genießen", flüsterte sie und ein kleines Lächeln lag auf ihren Lippen. Louis sah sie noch einen Moment lang an, doch sobald er spürte, wie sie sich ein wenig an ihn schmiegte, da musste auch er lächeln.

„Das möchte ich auch, Rosie".

Louis vertrieb ein weiteres Mal die Gedanken aus Rosies Kopf und Rosie fühlte sich in Louis Armen so wohl, wie sie es lange nicht mehr getan hatte. Eine sanfte Röte lag auf ihren Wangen und sie war froh, dass er ihr Gesicht in diesem Moment nicht sehen konnte.

Louis Anwesenheit löste in ihr Gefühle aus, die sie sehr lange nicht mehr verspürt hatte und von denen sie nicht gedacht hatte, dass sie überhaupt noch existierten.

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Da Wattpad mir am Wochenende einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, kommen die restlichen Kapitel heute online. Allerdings hat sich die Geschichte um ein Kapitel verlängert!

18. Januar 2018

Die Unendlichkeit einer Nacht | l.tWo Geschichten leben. Entdecke jetzt