Zwei Uhr

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Ich bin also noch immer ein Fremder?"

„Ich weiß nichts über dich."

„Du weißt mehr als ich über dich und doch rede ich mit dir."  

Ein kleines Grinsen spielte um seine Lippen, seine Hand lag noch immer ganz dicht neben ihrer Hand und ihre Mundwinkel zuckten für einen Augenblick lang in die Höhe.

„Du könntest mir wenigstens deinen Namen verraten." Sie schüttelte ihren Kopf, eine braune Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht und Louis beobachtete, wie ihre Finger die Strähne zurück hinter ihr Ohr schoben.

„Komm schon, Klassische Musikliebhaberin, verrate mir deinen Namen." Ganz leicht berührten seine Finger ihren Arm, sie verfolgte die Bewegung einen Moment lang und dann seufzte sie. „Gibst du denn niemals auf?" Ihr Blick fiel auf sein Gesicht und während er den Kopf schüttelte, wuchs das Grinsen auf seinem Gesicht. Sie sagte nichts, sie sah ihn nur an und eine ganze Weile lang war es still, bevor sie die Stille, die sich über sie gelegt hatte, mit einem leisen Seufzen brach.

„Ich heiße Rose."

Rose. Er wiederholte ihren Namen in seinem Kopf und sie legte den Kopf schief, während sie ihn beobachtete. „Was ist?", fragte sie und ihr Gesicht verfinsterte sich. „Gefällt dir mein Name nicht?" Louis hob abwehrend seine Hände und schüttelte den Kopf. „Nein, nein das ist es nicht." „Was ist es dann?", hakte sie nach und musterte sein Gesicht. Louis lächelte leicht. „Ich frage mich nur ob du vielleicht noch einen Spitznamen hast?"

„Hast du denn einen?" Sie überging seine Frage, Louis schmunzelte einen Augenblick lang und dann tat er das selbe. „Wie könnte dein Spitzname lauten?", murmelte er nachdenklich. „Rosa? Red?" Ein leises Kichern kam über ihre Lippen. „Red?" Sie schüttelte ihren Kopf. „Niemals würde ich Red heißen wollen."

Über Louis Lippen kam ein Lachen und Rose lehnte ihren Kopf gegen die Wand. „Also, wie lautet dein Spitzname?" „Das verrate ich dir nicht." „Warum nicht?" Fragend musterte er sie und Rose drehte ihren Kopf ein wenig um ihn anzusehen. „Weil du dann viel mehr über mich weißt, als ich über dich und außerdem" – habe ich gar keinen Spitznamen.

Sie verstummte und schüttelte stattdessen ihren Kopf. „Ach so?" Louis grinste und Rose nickte. „Du weißt, dass ich klassische Musik höre und du kennst meinen Namen. Ich weiß nur, dass du Louis heißt." Seine Mundwinkel zuckten in die Höhe, denn er mochte es, wie sie seinen Namen aussprach und am liebsten hätte er sie gebeten, seinen Namen ein weiteres Mal zu sagen.

„Na gut." Nachdenklich seufzte er und ließ seinen Blick dabei durch den Raum wandern. Er war längst nicht mehr so voll, wie er es gewesen war, als er mit Rose hierhergekommen war. Einige Menschen mussten nach draußen verschwunden sein, aber der Sturm tobte noch immer über die Stadt und der Wind ließ die alten Rohre in regelmäßigen Abständen unheimlich pfeifen.

„Ich mag keine klassische Musik." Kaum waren die Worte über seine Lippen gekommen, da schüttelte sie den Kopf. „Das zählt nicht." Louis verdrehte die Augen und Rose grinste. „Dann stell mir eine Frage." Zögerlich nickte sie und dann dachte sie eine Weile lang über eine Frage nach, so dass Louis schon beinahe glaubte, sie würde nichts mehr sagen. Doch dann fiel ihr Blick auf das Tattoo an seinen Fingern. „Was bedeutet dein Tattoo?"

Ihre Finger schwebten nur wenige Millimeter über der Stelle, an der die beiden Ziffern in seine Haut gestochen waren. Louis senkte seinen Blick und betrachtete die Zahlen. „Das ist meine Glückszahl." „Deine Glückszahl?", fragte sie und musterte die Ziffern. „Sowas wie Glück gibt es doch gar nicht", murmelte sie kopfschüttelnd und Louis sah sie aufmerksam an. Er wollte etwas sagen, doch sie kam ihm zuvor: „Das Glück stand noch nie auf meiner Seite." Sie flüsterte die Worte so leise, dass er sie beinahe nicht gehört hätte.

„Vielleicht tut es das heute", sagte Louis und sie sah ihn eine Weil lang stumm an und dachte über seine Worte nach. Schließlich schüttelte sie den Kopf. „Ich glaube nicht an das Glück." Und dieses Mal war es Louis, der sie stumm ansah. „Ich schon und ich glaube das Glück steht heute ganz auf meiner Seite."

Sie erwiderte nichts auf seine Worte und griff stattdessen nach ihrem Handy. „Hast du schon einmal klassische Musik gehört? Abgesehen von Mozart und Beethoven?" Er dachte einen Moment lang nach und schüttelte seinen Kopf. „Nein?" Ihre Augen weiteten sich ein wenig, dann tippten ihre Finger flink auf dem Display ihres Smartphones herum und schließlich hielt sie Louis ein Ende ihrer Kopfhörer hin. Er sah auf das Ende des Kopfhörers, das vor seinem Gesicht baumelte und steckte es sich ins Ohr. Das andere Ende schob sie in ihr Ohr.

„Das ist mein Lieblingslied."

Sanfte Klänge erklangen und während Rose ihre Augen schloss, beobachtete er sie und lauschte der Musik nur mit einem Ohr. Die junge Frau zog all seine Aufmerksamkeit auf sich, so dass er sich kaum noch auf das Musikstück konzentrieren konnte. Er betrachtete ihre roten Lippen, ihre kleine Nase und ehe er sich versah, war das Lied zu Ende und sie öffnete ihre Augen. „Und?"

Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und ihre Augen glänzten. Louis schluckte, versuchte sich an das Musikstück zu erinnern, doch mehr als den Anfang hatte er nicht mitbekommen. „Schön", sagte er dann, denn er wollte ihr nicht verraten, dass er kaum etwas von dem Musikstück mitbekommen hatte. „Wie heißt es?"

„Rosie." Louis Lächeln wurde breiter, doch Rose bemerkte es nicht, denn sie sah bereits wieder auf ihr Handy und klickte sich durch ihre Playlist, während der Name des Musikstückes in Louis Ohren widerhallte.

Rosie.

„Ich kenne deinen Spitznamen", sagte er plötzlich und sie drehte verwirrt den Kopf in seine Richtung. „Ich habe keinen Spitznamen."

„Doch." Louis nickte und Rose schüttelte erneut den Kopf, aber Louis wusste es ganz genau und schon im nächsten Moment kam ihr Spitzname über seine Lippen.

„Rosie."

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Mein Lieblingskapitel💕

05. Januar 2018

Die Unendlichkeit einer Nacht | l.tWo Geschichten leben. Entdecke jetzt