Halb Drei

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Rosie.

Rosies Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln, als Louis Stimme an ihr Ohr drang.

Das Herz in ihrer Brust machte einen kleinen Hüpfer und ihre Wangen verfärbten sich in einen sanften Rotton. Sie sah ihn einen Moment lang von der Seite an, doch als Louis den Kopf drehte und ihren Blick erwiderte, da sah sie weg, denn sie wollte nicht, dass er die Röte sah, die auf ihre Wangen getreten war. Doch er hatte ihre geröteten Wangen längst bemerkt.

Er lächelte, betrachtete sie von der Seite und dann streckte er ganz zögerlich seine Hand nach ihrem Arm aus, um sie erneut zu berühren. Kaum lagen seine Fingerspitzen auf dem Stoff ihres Mantels, da hob sie den Kopf und sah zu ihm herüber.

Ohne ein einziges Wort zu sagen, sahen sie sich an. Sanfte Klänge eines weiteren Musikstückes drangen in ihren Ohren und Rosie nahm noch ein anderes Geräusch in ihren Ohren wahr. Seine Stimme, die den Spitznamen wiederholte, den er ihr gegeben hatte.

Rosie.
Rosie.
Rosie.

Augenblicklich wuchs das Lächeln auf ihren Lippen. Noch nie hatte sie jemand Rosie genannt und noch nie hatte jemand ihren Spitznamen nach ihrem Lieblingslied benannt. Louis Daumen strich ganz sanft über ihren Arm, doch Rosie nahm die Berührung gar nicht wahr, viel zu sehr war sie in ihre Gedanken versunken und lauschte Louis Stimme.

Sie mochte seine Stimme, sie mochte es, wie er ihren Namen aussprach und sie mochte seinen Akzent, beinahe hörte sich ihr Name besonders an. Rosie wandte den Blick ab und auch Louis senkte den Kopf. Er betrachtete das Loch in seiner Hose und es dauerte nur wenige Augenblicke, bis er Rosies Blicke wieder auf sich spürte. Er hob den Kopf und erwiderte ihren Blick und Rose stockte für einen Augenblick lang der Atem, denn plötzlich war er ihr wieder ganz nahe.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich und Louis ließ seinen Blick über ihr Gesicht wandern. Er sah auf die kleinen Sommersprossen an ihren Wangen und am liebsten hätte er seine Hand danach ausgestreckt und über die weiche Haut gestrichen, doch er hielt sich davon ab und stattdessen betrachtete er sie weiterhin. Als seine Augen an ihren Lippen hängen blieben, da sah Rose erneut weg. Louis lächelte und lehnte sich ein wenig zurück. Sein Hinterkopf berührte die Mauer hinter sich, doch durch seine Mütze spürte er die Kälte nicht.

Und dann schmunzelte er und dachte darüber nach, wie verrückt es war, dass er hier mit ihr saß. Normalerweise machte er solche Dinge nicht, doch mit Rosie schien auf einmal alles anders zu sein. Noch nie hatte er jemanden kennengelernt, der ihn so schnell beeindrucken konnte, er hatte noch nie zusammen mit jemandem auf dem dreckigen Bahnhofsboden gesessen und klassische Musik gehört, die er eigentlich verabscheute. Doch mit Rose war es tatsächlich ganz anders.

Rosie spürte Louis Blicke auf ihrer Haut und sie wurde ganz nervös, weil er sie so lange anstarrte und dabei kein Wort sagte. Normalerweise verabscheute sie solche Situationen, doch mit Louis war es anders. So nervös sie auch unter seinen Blicken wurde, es fühlte sich schön an und er ließ ihr Herz ganz schnell in ihrer Brust klopfen.

Unauffällig betrachtete sie ihn von der Seite. Louis war schön. Er war so anders, als sie selber, aber er war schön. Rose mochte keine Löcher in den Hosen und wuschelige Haare, doch bei ihm mochte sie all diese Dinge. Seine Jeans mit dem Loch am Knie stand ihm ausgezeichnet gut und die wuscheligen Haare ließen ihn niedlich aussehen. Rose schmunzelte und dann riss sie ein Rascheln aus ihren Gedanken. Sie drehte den Kopf in seine Richtung und plötzlich tauchte ein Schokoriegel vor ihren Augen auf.

„Möchtest du die Hälfte meines Schokoriegels?" Rosies Blick wanderte erneut zu der Süßigkeit zurück und als ihr Magen brummte, nickte sie. Louis brach den Schokoriegel in zwei Hälften und wenig später biss Rose genüsslich in die Schokolade. „Danke."

„Schon gut, ich kann dich ja nicht verhungern lassen", grinste Louis und Rosie schluckte die Schokolade hinunter. „Vielleicht willst du mich auch einfach nur vergiften?", sprach sie und Louis lachte. Dann schüttelte er den Kopf. „Das würde ich niemals tun."

Rose lächelte nur stumm und so verputzten sie lautlos ihre Schokoriegel und schließlich griff Louis nach Rose Handy. Noch immer spielte die Klassische Musik und als sie verklang, sah Rose empört zu Louis. „Was machst du da?" Er tippte auf ihrem Bildschirm, hielt das Handy so, dass sie keinen Blick darauf werfen konnte. Er las doch nicht etwa ihre Nachrichten?

„Siehst du gleich." Sie wollte erneut protestieren und ihm das Handy abnehmen, doch da erklang Musik, die Rose erst zusammenzucken ließ. Louis Blick glitt zu ihr und neugierig beobachtete er sie. Die Musik klang fremd in Roses Ohren, sie mochte diese schnelle, laute Musik nicht. „Was ist das?", fragte sie.

„Mein Lieblingssong."
„Und wie heißt er?"

„2:45 am."
„2:45 am?" Ihr Blick wanderte auf die Uhr ihres Handys. „Was für ein Zufall."

„Glaubst du an den Zufall?", fragte er und sah sie neugierig an. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Manchmal schon, manchmal nicht." Er nickte und dachte einen Moment lang nach. „Denkst du es ist Zufall, dass wir beide hier gefangen sind, Rosie?" Ein Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel. Rosie.

„Ich weiß es nicht, sag du es mir, Louis", sprach sie und er grinste.

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07. Januar 2018

Die Unendlichkeit einer Nacht | l.tWo Geschichten leben. Entdecke jetzt