Kapitel 1

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Das Meer rief mich. Rief meinen Namen.
Das Rauschen der Wellen trug diesen Ruf zu meine Ohren und...

"Das klingt aber voll bescheuert", nörgelte ich an mir selbst herum und begann die Zeile wieder Wort für Wort zu löschen. Ich stützte meinen Kopf in meine Hände und durchforstete mein Gehirn nach den passenden Worten.
Das Meer sprach meinen Namen.
Sagte man, das Meer sprach. Oder doch sagte? Oder rief? Genervt schnaubte ich auf und nahm einen großen Schluck des Tees. Erstens war er gut zur Beruhigung und zweitens schmeckte er himmlisch!
Ich schloss die Augen und versuchte die Szene vor mir zu sehen.
Das Mädchen steht am Strand und starrt in die Wellen. Das Rauschen des Meeres trägt den Namen zu ihren Ohren.
Oh, der Satz ist gut...den muss ich mir merken, nahm ich mir vor.
Freya. Sie schaut erschrocken auf und sieht sich um. Keine Menschenseele ist in Sicht. Doch dann wieder. Freya.

"Lissa!"
Erschrocken fuhr ich zusammen. Meine kleinen Schwester stand im Türrahmen und grinste mich unschuldig an. Dabei kam ihre neueste Zahnlücke zum Vorschein.
"Hannah, ich hab dir doch schon tausend mal gesagt, dass du anklopfen sollst", schimpfte ich, doch milderte meine Worte mit einem amüsierten Lächeln ab.
"Tschuldigung", nuschelte sie und lächelte verlegen. , Vorsichtig schloss sie die Türe, bevor sie zur mir ins Bett krabbelte. Schnell klappte ich den Laptop zu, und schützte den Inhalt vor ihren neugierigen Augen.
"Also, was ist los?", erkundigte ich mich und pickte sie in die Seite. Schrill kicherte sie los, und wehrte sich mit Hand und Fuß.
"Was machst du da?", antworte sie mit einer Gegenfrage und lehnte sich noch näher zu mir.
"Ich schreibe etwas", wich ich wage aus.
"Und was schreibst du?" Mit großen, unschuldigen Kinderaugen blickte sie mich an.
"Hausaufgaben", log ich und rückte ihre eisblauen Brille zurecht. Passend zu ihrem Lieblingsfilm Frozen hatte sie sich Bettdecke, Pyjama, Stiefel und sonst noch was ausgesucht. Als es keine Brille mit den Figuren gab, brach ihre wunderschöne Seifenblasen  Welt zusammen. Oder zumindest bis Mum eine Brille in der Farbe von Elsas Kleid gefunden hatte.
Oft wünschte ich mir, meine Probleme wären auch so schnell zu lösen.
"Also, was wolltest du fragen?"
"Darf ich wieder an deinen Laptop?" Sie sah mich mit ihren süßesten Augenaufschlag an.
"Auf gar keinen Fall! Ansonsten bekomme ich wieder Ärger mit Mum", wehrte ich sofort ab. Ich konnte mich noch zu gut an das letzte mal erinnern. Mum war der Sonnenschein schlechthin, doch sie hielt an ihrer Theorie fest, Laptop, i Pads, Smartphones und sonstige elektronische Geräte wären die Wurzel alles Bösen. Wenn Sie heraus fand, dass Hannah ohne ihre Erlaubnis am Laptop saß, würde sie in die Luft gehen.
"Biteeeeee! Ich brauch ihn auch für die Schule", bettelte sie.
"Für die Schule?", hackte ich nach. "Sag mal, Hannah, wofür braucht eine Volksschülerin denn den Laptop für ihre Hausaufgaben..."
Verlegen kuschelte sie sich enger an mich. "Na ja...eigentlich brauch ich ihn ja nicht für den Unterricht..."
"Aha", meinte ich und zog eine Augenbraue hoch.
"Also das ist so, ich möchte gerne für meine beste Freundin, die an die Schule geht, also war das keine Lüge, ein Weihnachtsgeschenk suchen, und da..." Die Kleine erzählte mir lang und breit, warum sie den Laptop unglaublich dringend brauchte. Und das in einem einzigen Satz und ohne Luft zu holen.
Ab und an nickte ich und tat so, als würde ich unglaublich interessiert zuhören. "Von mir aus", machte ich schließlich ein widerwilliges Einverständnis. "Schau, dass Mum dich nicht erwischt!" Schnell sichere ich meinen nicht so glamourösen Fortschritt und loggte mich aus.
Glückselig nickte sie und ließ mich wieder alleine.
Kritisch suchte ich mein Zimmer nach einer Beschäftigung ab. Mein Blick fiel auf die Schulsachen. Schnell sah ich in die entgegengesetzte Richtung. So langweilig war mir auch nicht.

Schlußendlich grabschte ich nach meinen Handy. Schmerzvoll verzog ich mein Gesicht, als ich erkannte, dass mein Arm zu kurz war. "Ach nö!"
Zu tiefst enttäuscht warf ich dem Nachttisch einen Blick zu. Dann drehte ich mich einmal im Bett um, und begann die schrägsten Verrenkungen auszuführen, nur um an mein Handy zu kommen.
Schließlich schaffte ich es irgendwie mein Smartphone in die Hand dazu bekommen. Und fiel dabei prompt vom Bett. Zuerst geschockt blinzelte ich ein paar Mal, bevor mir überhaupt bewusst wurde, was passiert war.
"Ist alles in Ordnung?", drang die besorgte Stimme meiner Mutter zu mir nach oben.
"Jaha", rief ich quer durchs ganze Haus zurück.
"Ist niemand verletzt?"
"Neihein!" Ich verdrehte genervt die Augen.
"Was?"
"Nein!", schrie ich aus Leibeskräften zurück.

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