Vorsichtig betrat ich den Bus, darauf bedacht nicht auszurutschen, da der Boden von nassen Fußspuren geprägt war. Ich ließ meinen Blick kurz durch den Bus schweifen, um zu checken wo ich mich hinsetzten könnte. Langsam taumelte ich weiter voran, als ich die eindringlichen Blicke des Busfahrers bemerkte, welche auf mir ruhten. Ich zwang mir ein freundliches Lächeln auf die Lippen, doch alles was ich dafür erntete, war ein genervtes „Fahrschein?", welches der gereizte Mann, der mich gleich zur Schule fahren sollte, aus seinen trockenen Lippen presste.
Mit einem tiefen Seufzer tastete ich meine Hosentasche, auf der Suche nach meinem Portmonee ab. Shit. War ja klar das mein Portmonee, in dem sich auch mein Busausweis befand, noch in meiner Jacke war, welche ich ja zu Hause vergessen hatte. „Äh... Hmmm... lustige Sache..." stotterte ich und atmete leicht aus bevor ich fortfuhr: „Ich, äh... Hab mein Portmonee zu Hause vergessen... irgendwie..." „Kein Fahrschein, keine Fahrt." schnauzte er mich an. „Hören sie, mein Tag war bis jetzt schon anstrengend genug. Sie wissen genau so gut wie ich das Montage ätzend sind. Könnten sie nicht einfach kurz aus dem Fenster schauen, während ich unauffällig mich in die hinterste Reihe setzte? Ich schwöre es ihnen. Morgen hab ich ihn wieder mit dabei."
Ein kleiner Funke Hoffnung keimte in mir auf. Doch nach nur wenigen Sekunden wurde dieser auch schon in einer unfreundlichen Antwort erstickt. „Schätzchen, wenn ich du wäre würde ich entweder sofort den Bus verlassen, oder mir schleunigst einen Fahrschein kaufen." Einmal schwer ausatmend kramte ich das restliche Kleingeld aus meinen Hosentaschen zusammen und legte es auf den Tresen(?), unmittelbar vor ihm. „Ne Einzelfahrt. Zum Jefferson-Gymnasium." „3,80€" „Was? Wieso ist das so teuer? Die Fahrt geht doch nur 10 Minuten." Die Entrüstung über den Preis war mir deutlich anzusehen. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit, als ich erneut das Kleingeld zusammen zählte. Ok, 2€ und 95 Cent. Er wird dich schon mitfahren lassen. Kein Stress. Tief in Inneren hat auch dieser Mensch ein Herz.
Doch erneut sollte ich eines besseren belehrt werden. „Was soll das sein?" Skeptisch ließ er seinen Blick über das kleine Häufchen Kupfergeld schweifen. „Das ist alles was ich habe." nuschelte ich mehr zu mir, in der leisen Hoffnung er hätte mich nicht verstanden. Natürlich war dies jedoch nicht der Fall. „Hör zu, ich mache hier nicht die Preise. Ich bin nur dafür verantwortlich, dass die Preise bezahlt werden. Hast du kein Geld, bekommst du keinen Fahrschein. Und ohne Fahrschein-" „Keine Fahrt. Ja Ja. Das hatten wir ja alles schon." enttäuscht und mit einem gespielten Schmollen schaute ich auf den Boden. Ich schaute erst wieder auf, als ich ein ungeduldiges Räuspern an meinen Ohren vernahm. Mit einer noch ungeduldigeren Handbewegung deutete er mir den Bus zu verlassen.Und so kam es, dass ich an einem Montag Morgen, 30 Minuten vor Schulbeginn, an der Bushaltestelle, ohne Jacke, im strömenden Regen stand, während der Bus unmittelbar vor meiner Nase, davon fuhr.
Zurück nach Hause konnte ich nicht, da ich keine Lust hatte das Gespräch von heute Morgen jetzt schon weiter zu führen. Jemanden anrufen, der mich abholen hätte können, war auch keine Möglichkeit, da mein Dad schon auf Arbeit war, mein Freund keinen Führerschein hatte und ich weiter keinen kannte. Hatte ich also eine Wahl? Nein. Ohne weiter sinnlos hier Zeit zu verplempern, steckte ich mir meine Kopfhörer ins Ohr, suchte mir eine Playlist raus, die mich aufmuntern würde, drückte auf Play und machte mich auf meinen Weg in die Schule. Hach ja, gab es etwas schöneres als an einem verregneten, kalten Morgen in die Schule zu laufen? Ich gehe stark davon aus. Natürlich hätte ich, da ich ja eh schon mal draußen war, auch die Natur genießen können, mit dem ganzen Vogelgezwitscher und so. Aber was hätte mir das schon gebracht? Die Musik die ich hörte, bestärkte mich in einer gewissen Weise. Warum ich mich sogar ein kleinen wenig wie ein Abenteurer gefühlt habe, wie jemand der etwas großes vor hatte, nur weil ich "I'm gonna be" (500 miles) von the Proclaimers hörte, keine Ahnung. Das Lied gab mir einfach ein gutes Gefühl und verlieh mir eine Art Leichtigkeit. Es machte mir nichts aus, dass ich schon bis auf die Knochen durchnässt war und ich noch einige Meter hinter mich bringen musste. Doch das Gewitter welches noch einsetzte, war, jetzt mal ernsthaft, einfach übertrieben. Es war als wäre mein Leben eine schlechte, nicht enden wollende Sitcom. Doch das Schlimmste war, das es das alles nicht einmal wert war.
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But Honey, It's just Love
Storie d'amore"Wie kann etwas falsch sein, wenn es sich doch so richtig anfühlt?" Liebe ist sonderbar. Du suchst sie dir nicht aus, sondern sie sucht dich. Mit einem Mal kann sie dein ganzes Leben auf den Kopf stellen. Diese Erfahrung musste auch Jessi machen. Ei...