Du standest da und sahst zu

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Summend folgte ich Finn durch den Wald.
Ich hatte ungefähr 10 Minuten gebraucht, bis ich die Blutspur gefunden hatte, die Lincoln und Nyko gelegt hatten. Man hätte es wirklich kaum offensichtlicher machen können.
Überall lagen abgebrochene Zweige am Weg entlang, Blut und einige Fußspuren bedeckten den Boden.

Finn hatte natürlich sofort damit begonnen sich aufzuspielen und war der Spur gefolgt, während Clarke ihm bewundernd hinterher starrte. Wells schien das ziemlich aufzuregen, denn er starrte Finns Rücken an, als würde er ihm jeden Moment ein Messer zwischen die Schultern rammen, ihn zur Sicherheit noch köpfen und zum krönenden Abschluss einäschern.
Er hätte noch eine gute Dreiviertelstunde dazu Zeit wenn ich die Entfernung richtig einschätzte.

Diese Vorstellung war allerdings, bis jetzt, das einzige interessante an diesem Ausflug.
Gelangweilt ließ ich meinen Blick über die kleine Gruppe vor mir schweifen. Bellamy hatte auf dem Weg aus dem Camp raus noch einen der Branwodas mitgenommen.
Sein Name war Derek.
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Bis vor einigen Minuten hatte er noch versucht ein Gespräch mit mir anzufangen, da mein Desinteresse anscheinend mehr als eindeutig gewesen war, redete er jetzt auf Bellamy ein.
Dem Blick des Schwarzhaarigen nach zu urteilen, bereute er es mittlerweile, ihn überhaupt mitgenommen zu haben.
Wells hielt sich die meiste Zeit den verwundeten Arm und stapfte missmutig Bellamy und Derek hinterher (und erarbeitete vermutlich Mordpläne für Finn), während Clarke an der Spitze der Gruppe neben dem selbsternannten ‚Fährtenleser' herlief.

Fehlte also nur noch Murphy. Wo war er schon wieder hin?

Suchend sah ich mich um und entdeckte ihn einige Schritte hinter mir. Er hielt sein Messer in der rechten Hand und stach damit in verschiedenen Abfolgen auf die Luft ein.
Die Niederlage gegen Wells hatte wohl doch ein wenig an seinem Stolz gekratzt – zu Recht wie ich fand.

Grinsend lehnte ich mich an den nächsten Baum und beobachtete wie Murphy, auf sein Messer konzentriert, Schritt für Schritt näher kam. Seine Bewegungen waren zu unbeholfen und langsam als dass er ein ernsthafter Gegner wäre.

Wenige Schritte von mir entfernt bemerkte er mich schließlich.
Mit einem ertappten Gesichtsausdruck ließ er das Messer sinken, fing sich dann aber sofort wieder und knurrte „Was ist? Ich bin noch nicht mit Wells fertig!"
„Sah vorhin aber irgendwie danach aus.." antwortete ich und drückte mich von dem Baumstamm ab „Er hat dich ziemlich fertig gemacht."

Murphy starrte mich entgeistert an. Als er seine Stimme einige Sekunden später wiedergefunden hatte, klang seine Antwort kalt und gefasst. „Ich habe Wells am Arm erwischt und das ist mehr als er sagen kann." „Er kann sagen dass du 2 mal verloren hast – und diese Demütigung hätte sich noch eine ganze Weile hingezogen, wenn ich nicht dazwischen gegangen wäre." erwiederte ich und die Spannung zwischen uns war mittlerweile fast greifbar.
Murphy baute sich bedrohlich vor mir auf „Alles was du getan hast war rumzuheulen wie ein kleines Mädchen, bis Bellamy das macht was du willst. Aber es ist ja auch nicht wirklich verwunderlich, nachdem du ihm gestern nicht mehr von der Seite gewichen bist." zischte er verächtlich.

Damit hatte er einen Nerv getroffen. Wütend stieß ich ihn mit einem harten Schlag gegen die Brust von mir weg und fauchte ich ihn an „Weißt du was?! Ich hätte einfach da stehen bleiben sollen. Dann hätte ich Wells dabei zusehen können wie er dich noch ein paar Mal vor dem versammelten Camp in den Staub tritt! Der einzige Grund warum ich dir da rausgeholfen habe, ist, dass ich Wells mehr gehasst habe als jeden anderen hier, auch wenn ich mir da langsam nicht mehr so sicher bin!"

Murphy sah mich mit einem undefinierbaren Blick an und sagte schließlich leise „Ich hätte deine Hilfe nicht gebraucht." Mit einem gereizten Kopfschütteln wandte ich mich ab.
Ich musste mich beruhigen. Dieser Typ schaffte es irgendwie andauernd mich zum ausrasten zu bringen – und sowas zog nur unnötige Aufmerksamkeit auf mich.

Ich kam jedoch keine 2 Schritte weit, denn ich wurde an dem Ärmel meiner Jacke festgehalten. Wütend wirbelte ich herum und währe fast wieder einen Schritt zurück gestolpert wenn Murphy mich nicht immer noch an der Jacke festgehalten hätte.

Er stand nur wenige Zentimeter vor mir und fuhr sich mit der anderen Hand aufgebracht durch die Haare. „Hör zu Skai, Jaha hat meinen Vater gefloatet weil... ..obwohl mir nur.." Er unterbrach sich kurz und atmete tief durch bevor er weiterredete „Er hatte es nicht verdient! Und jetzt ist Wells hier und er hat sein gesamtes Leben zu den Priveligierten gehört, obwohl SEIN Vater ein Mörder war. Und auf meiner Station gab es so oft Sauerstoffmangel, so viele Kranke...Verstehst du? Seit mein Vater tot ist ..ist da immer diese Wut und jetzt ist Wells hier – und ich weiß dass er nicht sein Vater ist, aber ich will endlich Rache! Und als ich sein Messer an meiner Kehle hatte, war es ..als ..als hätte ich wieder gegen Jaha verloren."

Ich starrte ihn an. Sah einfach nur hoch in sein Gesicht und war unfähig, den Blick von diesen tiefblauen Augen abzuwenden, die meine Gefühle so genau wiedergaben, als wären sie ein Spiegel meiner eigenen Seele.
In meinem Kopf jagte eine Erinnerung die nächste und in meinem Körper breitete sich eine sengende Hitze aus, während ich mich trotzdem fühlte, als wäre ich in eiskaltes Wasser getaucht worden. Das einzige was ich gestochen scharf wahrnahm, waren die blauen Augen vor mir.

„Skai? Murphy? Wo bleibt ihr?!" Wie vom Blitz getroffen stolperte ich zurück. Weiter vorn zwischen den Bäumen stand Derek und winkte. Ich drehte meinen Kopf wieder in die andere Richtung und als Murphy in meinem Blickfeld auftauchte beschleunigte sich mein ohnehin schon rasender Herzschlag noch einmal. Was war das gerade gewesen? Er war einer der Skypeople. Er war der Feind, also wieso ...
Ich konnte meine Gedanken allerdings nicht weiter ausführen, denn Murphy war mit einem Schritt bei mir „Wir sollten weiter ..vielleicht führt uns die Spur ja doch noch zu irgendwas."

Ich nickte wie betäubt und setzte mich in Bewegung. Murphy lief neben mir, aber auch er schien nicht mehr zum reden aufgelegt zu sein, auch wenn ich das Gefühl nicht los wurde, dass er mich aus dem Augenwinkel beobachtete.
...Zumindest ich starrte ihn die ganze Zeit so unauffällig wie möglich an und versuchte den Rest des Weges das Chaos in meinem Kopf zu ordnen.



Wir befanden uns mittlerweile nur noch einige Minuten von unserem Ziel (das die anderen nicht kannten) entfernt und ich begann Ausschau nach Fallen zu halten (unter anderem um mich von Murphy abzulenken, der sich trotzdem andauernd in meine Gedanken schlich).
Dann endlich tauchte der Baum in unserem Blickfeld auf. Da ich den Boden und die Bäume im Blick behielt, bekam ich kaum etwas von ihrem entsetzten Gestammel mit. Vor uns waren 3 Fallen auf dem Boden. Und etwas weiter links eine im Wald zwischen den Bäumen.

Jetzt musste ich nur noch genug von ihnen dazu bringen, die Fallen auszulösen.

„Wir müssen ihn da runter holen!" 7 Augenpaare sahen mich an „Derek du bist relativ leicht, also kletterst du hoch und holst ihn runter, Clarke warte am besten unten am Baum und schau ob es noch Hoffnung für ihn gibt. Und für den Rest ... wir halten Ausschau nach Groundern." Alle nickten und das blonde Mädchen und der große, dünne Junge gingen auf den Baum zu. Emo Branwodas.

Mit einem Krachen brach Derek durch die Zweige die die Falle verdeckt hatten. Sein Schrei hallte über die Lichtung und vermengte sich mit dem spitzen Aufkreische von Clarke als der Boden nur einen Herzschlag später auch unter ihr nachgab.


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Wörterbuch:

Yu sou don set raun der en ai em op: You stood around there watching. | Du standest da und sahst zu.
Emo Branwodas: Those fools. | Diese Idioten.


Murphy's LawWo Geschichten leben. Entdecke jetzt