Kapitel 23

1K 35 7
                                    

"I'm gonna miss you so much", sagt Patrick traurig, als er später mit Amy am Hinterausgang der Halle steht. Maite musste sich schon früher verabschieden. Auch sie muss weiter ziehen um morgen ein Konzert zu geben. Amy schmiegt ihre Wange an seine Halsbeuge und saugt seinen Geruch förmlich in sich auf. Sie versucht sich jede Einzelheit von ihm einzuprägen.
Jedes kleine Fältchen, das seine Augen schmückt; seinen berauschenden Duft, nach Duschgel und Parfüm; seine tiefblauen Augen, die je nach Lichteinfluss mal mehr ins grüne oder ins braune gehen; die Wärme die er abgibt; den festen Körper, den sie nun in ihren Armen spürt. Mit einem schiefen Lächeln löst sie sich von ihm. "Just two weeks", flüstert er, als wolle er sich selbst beruhigen. "Nur zwei Wochen", wiederholt Amy seine Worte. Patrick legt eine Hand an ihre Wange und drückt ihr einen Kuss auf die Lippen, als leise Stimmen an ihre Ohren dringen. Patrick verdreht grinsend die Augen. "Ich glaube das ist mein Einsatz.", meint er. Verwirrt schaut Amy ihn an. "Die ersten Fans kommen.", erklärt er dann. Noch einmal landen seine Lippen auf den Ihren. "I'll call you every evening. So wie immer.", meint er grinsend und geht zum Auto, in dem Christian schon auf ihn wartet. Eilig steigt er ein und lässt noch einmal das Fenster herunter, um ihr eine Kusshand zu zuwerfen. Grinsend schaut Amy ihm hinterher und macht sich auf den Weg zum Parkplatz.
Gerade als sie um die Ecke biegt, kommt ihr eine kleine Gruppe von Frauen entgegen. Seufzend schauen sie alle dem wegfahrenden Auto hinterher. "Ihr braucht nicht mehr zu warten. Paddy ist schon weg.", erklärt Amy ihnen.
Eine der Damen stöhnt genervt auf. "Hab ich's doch gesagt."
Amy kann sich ein Grinsen nicht verkneifen und setzt ihren Weg fort.

Wenn Amy eines nicht leiden kann, dann sind es aufdringliche Fans, die der Meinung sind stundenlang hinter der Halle warten zu müssen, nur um ein Foto zu bekommen. Noch schlimmer findet sie solche, die den Künstlern auflauern, sei es vor Hotelzimmern oder sonst irgendwo. Aber im Grunde läuft es ja alles auf's selbe hinaus.
Natürlich versteht sie es auch in gewisser Weise, aber reicht dann nicht ein Foto? Am Rande hatte Amy schon mitbekommen, dass es immer die selben Fans sind, die am Hinterausgang warten, obwohl sie schon gefühlt 20 Fotos haben. Nämlich genau diese Frauen, die jetzt ihren Weg kreuzen.
Das sind dann wahrscheinlich auch diejenigen, die sich einbilden ihn zu kennen, nur weil sie ein paar Worte mit ihm gewechselt haben. "An Paddys Stelle hätte ich da auch die Nase voll und würde zusehen dass ich weg komme.", denkt sich Amy.

"Hey! Du kennst ihn doch, oder? Hast du nicht hinter der Bühne gestanden?", spricht sie nun eine der Frauen an.
Amys Augen weiten sich als sie abrupt stehen bleibt. "Ähm... ja... er ist ein guter Freund von mir.", stammelt sie und schlägt sich gedanklich vor die Stirn. Hätte sie nicht einfach sagen können, dass eine Verwechslung vor liegt? Gerade wollte die Frau noch etwas sagen, als Amy schnell den Mund öffnet. "Sorry. Ich muss auch echt los.", meint sie hastig und geht zum Parkplatz.

Amy rast die Straßen entlang, auf dem Weg zu ihrer Wohnung. Aus irgendeinem Grund will sie so schnell wie möglich nach Hause, auch wenn sie weiß, dass dort nun niemand mehr auf sie wartet, abgesehen von ihrem durchgeknallten Kater natürlich. Hätte ein Polizist ihren Weg gekreuzt oder hätte ein Blitzer dagestanden, hätte sie nun bestimmt ein riesiges Problem. Aber das ist ihr in dem Moment egal. Sie ist müde, erschöpft und fühlt sich irgendwie einsam.

Dieses Gefühl will auch in den nächsten Tagen nicht vergehen. Den ganzen Tag verkriecht sie sich regelrecht in der Arbeit. Freiwillig nimmt sie Aufgaben an, die normalerweise von allen gehasst werden, nur um die Stunden schnell hinter sich zu bringen.
Zu schnell war alles wieder zum Alltag über gegangen.
Stets sind die Anrufe von Patrick am Abend ihr Lichtblick, die Momente aus denen sie Kraft schöpft.
Doch in den  letzten Tage stand auch immer wieder ein anderer Name auf ihrem Display: Manuel.
Amy ging nie ran, wenn er anrief und auch auf seine Nachrichten reagierte sie nicht.
Immer stand darin wie sehr er sie vermisst und wie sehr es ihm Leid tut. Er wolle eine zweite Chance und würde alles besser machen.

Die Nachmittage verbringt Amy meist bei Liliane, die nun auch, auf eigenen Wunsch hin, aus dem Krankenhaus entlassen ist. "Dort hätte ich es keinen Tag länger ausgehalten", waren ihre Worte. Ihr Bein lag zwar immer noch in Gips, aber der Rest war so gut wie neu. 

Tief durchatmend schlendert Amy durch die Straßen Zwickaus. Sie brauchte einfach mal ein bisschen Bewegung und vor allen Dingen frische Luft.
Ein Plakat der Kelly Family erregt ihre Aufmerksamkeit. Mit zusammen gekniffenen Augen betrachtet sie es intensiv. So gern wollte sie den Rest der Familie auch mal auf einem Konzert besuchen, aber bisher hatte sie es einfach nicht geschafft. Alles wo sie hätte hinfahren können, ist bereits ausverkauft. Trotzdem ist sie fest entschlossen es zu versuchen.

Mit einer Tasse Tee auf dem Tisch und ihrem Laptop auf dem Schoß, sitzt Amy am Abend auf der Couch. Fieberhaft sucht sie auf allen möglichen Plattformen nach einem Ticket für ein Konzert in ihrer Nähe. Erfurt ist das Einzige was ihr übrig bleibt. Das bedeutet zwar knapp anderthalb Stunden Fahrzeit, aber besser als der Rest, der noch verfügbar ist. "Wird schon gehen.", denkt Amy grinsend. Schließlich ist es ja eine gute Taktik um die Zeit ein wenig zu verkürzen, bis Patrick wieder kommt.
Sogleich macht sie ein Foto des Bildschirms mit der Bestätigung und schickt es an Patrick.

"Bin gespannt wie deine Geschwister das ohne dich meistern. ;)", schreibt sie darunter.
Prompt kommt die Antwort:
"Ich bin gespannt auf deinen Bericht.
Miss you so much! I can't call you today. Hope to hear you tomorrow. Sleep tight."
Stutzig legt Amy das Handy zu Seite. Sie weiß, dass er an diesem Tag frei hat und überlegt nun warum es trotzdem nicht klappt. Das Misstrauen verschwindet jedoch schnell wieder aus ihrem Kopf, denn im Moment siegt die Vorfreude auf das Konzert.

Grinsend klappt Amy den Laptop zu und schiebt ihre "tough Road"- DVD in den Player.
Konzentriert versucht Amy den kleinen Paddy und den Patrick, den sie kennen gelernt hat unter einen Hut zu bringen. Sie kann sich einfach nicht vorstellen, dass sie beide ein und die selbe Person sind. Nur an den Gesichtszügen erkennt sie eine deutliche Ähnlichkeit. Auch wenn er heute noch genauso euphorisch über die Bühnen läuft und mit dieser Hingabe seine Instrumente spielt.
Vor allem bei "an Angel" bekommt sie ein komisches Gefühl. Irgendwie hört es sich befremdlich an. Diese glockenhelle und klare Stimme, wollen sich, in ihrem Kopf, nicht mit Patrick vereinbaren lassen.
Wie im Flug vergehen die Stunden. Ohne dass sie es bemerkt ist das virtuelle Konzert schon zu Ende.
Sie wischt sich ein letztes Tränchen aus dem Gesicht und tapst ins Bad, um sich für die Nacht fertig zu machen.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Jan 24, 2018 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Light up my Soul [Michael Patrick Kelly]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt