Kapitel 7

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Punkt 20 Uhr stehen die beiden vor dem Hotel. Aus irgendeinem Grund ist Amy nicht ganz wohl bei der Sache. Eine innere Unruhe quält sie. Was ist nur los mit mir? Bevor sie sich weitere Gedanken machen kann, biegt schon ein schwarzer Audi in die Einfahrt ein. "Hello Ladies!" Patrick steigt aus der Beifahrerseite aus und begrüßt Lili, die schon ein paar Schritte nach vorn ging, mit einer kurzen Umarmung. Dann schlendert er zu Amy und zeiht auch sie in eine Umarmung, die gefühlt etwas länger ausfällt. Amy sieht nicht wer auf der anderen Seite sitzt, bis sich die Tür öffnet. "Das ist Manuel, ein sehr guter Freund von mir." Lili wirft ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu. "Oh nein.", denkt sie sich. Amy wusste genau was in Lilianes Kopf vorgeht. Manuel passt mit seinen dunklen Augen und dem muskulösen Körperbau genau in Lilis Beuteschema. Freundlich lächelnd kommt er auf die beiden Frauen zu. "Das sind Amy und Liliane. Ich habe die beiden nach meinem Konzert in Zwickau kennen gelernt", erklärt Patrick, während er immer noch einen Arm um Amys Taille gelegt hat. Verlegen geht Sie einen Schritt nach vorn, als sie dies bemerkt. Warum macht er das nur? "Na dann, wollen wir los?", fragt Manuel in die Runde. Ein eifriges Nicken von allen Seiten ist die Antwort. "Also wo geht's hin?", fragt Lili aufgeregt, kaum dass sie auf dem Rücksitz neben Amy Platz genommen hat. "Wir wollten in 'Paddys Bar'", teilt Manuel mit, der hinter dem Steuer Platz genommen hatte. Diese Aussage wurde mit skeptischen Blicken quittiert. "Nein, nicht meine Bar. Die heißt nur so. Es ist ein Irish Pub.", lacht Patrick vom Beifahrersitz aus. "Es gibt eindeutig zu viele Paddys und Patricks."
Während der ganzen Fahrt herrschte reges Treiben im Auto. Es wurden Pläne für den restlichen Verlauf des Abends ausgetauscht und Lili und Manuel unterhielten sich prächtig. Nur Amy und Patrick waren zeitweise still und nachdenklich. Immer wieder spürte Amy seinen Blick, der durch den Rückspiegel auf ihr ruhte. Einerseits fühlte es sich vertraut an, manchmal als würden sie sich schon ewig kennen, andererseits verstand sie das alles nicht und konnte ihr Unbehagen nicht einordnen.

Knapp 15 Minuten später betraten die die Bar in der Hamburger Altstadt. Zwei Männer, die an einem Tisch weiter hinten saßen, winkten und fuchtelten mit den Händen in der Luft herum, als sie die kleine Gruppe erblickten. Bei genauerem Hinsehen erkannte Amy die beiden. Es waren Jimmy und Joey, die auf sich aufmerksam machen wollten. Die Begrüßung fiel sehr herzlich aus. "Also, wie habt ihr euch denn kennen gelernt?", fragte Joey nachdem alle mit Getränken versorgt waren. "Die Beiden sind mir nach dem Konzert in Zwickau über den Weg gelaufen." Joey zog skeptisch die Augenbrauen hoch. "Keine Sorge, wir sind keine Groupies. Ich hör nicht mal eure Musik", versuchte Lili sie zu beruhigen. "Also meine Musik würd ich auch nicht hören, wenn ich es nicht müsste", meinte Joey dann schulterzuckend, wofür er ein Kichern von allen Seiten erntet. "Und das nur, weil unser Kleiner nicht mehr mit macht", ergänzte Jimmy und klopft Patrick lachend auf die Schulter.

Es wurde ein sehr entspannter und lustiger Abend. So langsam trudelten noch ein paar Mitglieder aus Patricks Band ein, die sich dazu gesellten. Auch Maite, die jüngste Schwester der Kellys, die in Hamburg ein Konzert gespielt hatte, kam hinzu.
Während sich alle angeregt unterhielten, schienen sich Liliane und Manuel in eine eigene kleine Welt zu bugsieren. Sie hatten nur Augen und Ohren für einander und blendeten alles andere um sie herum scheinbar aus.
Mit jedem Bier das verschwand, wurde Amys Kopf schwerer. Die stickige Luft im gut gefüllten Raum machte es nicht besser. "Ich geh mal kurz frische Luft schnappen", sagte sie zu Patrick. "May I come with you?", fragte er. Amy mochte es wenn er in seiner Muttersprache redete, obwohl sie sich keinen Reim darauf machen konnte warum er das ab und zu tat. Patrick wartete gar nicht auf eine Antwort und war schon bei der Garderobe um Amy in ihre Jacke zu helfen.
Gemeinsam traten sie in die kühle Abendluft. Es tat unglaublich gut die leichte Brise auf der Haut zu spüren. Für einen kurzen Moment reckte Amy das Kinn in die Höhe und schloss vor Erleichterung die Augen. "Wollen wir ein Stück gehen? Ich muss nochmal zu Auto.", riss Patrick sie aus ihren Gedanken. "Klar, gerne."
Den Weg zum Auto, das sie ein paar Meter entfernt in einer abgelegenen Straße parken mussten, legten die beiden größtenteils schweigend zurück. Jeder hing seinen Gedanken nach, die Hände tief in den Taschen vergraben. "Also, in deinem Song, worum geht's da?", fragte Amy, um die unbehagliche Stille zu durchbrechen. "Kann ich ihn dir einfach vorspielen? Dann weißt du wovon er handelt.", schlug Patrick vor. Sofort breitete sich ein Lächeln auf Amys Lippen aus. Mit der Fernbedienung öffnete Patrick das Auto. Er öffnete den Kofferraum und griff nach der schwarzen Tasche, aus der er seine Gitarre holte. Er setzte sich auf die Kante des Kofferraums und legte sich den Gurt um den Hals. Amy blieb, mit ein wenig Abstand, auf dem Bürgersteig stehen. Konzentriert suchte Patrick sich die Saiten, die er zum Spielen brauchte. Er schloss die Augen und begann die Finger darüber gleiten zu lassen. Eine sanfte Melodie erfüllte die verlassene Straße. Die Art und Weise wie er diesen Song spielte, zog Amy sofort in den Bann. Schon beim ersten Wort aus seinem Mund, wusste Amy, dass sie den Song liebte.

"Did you take a wrong turn to pass me by or did you mean to walk past and catch my eye, cos you were acting kinda shy.
Then I took a chance and asked you out for a month we circled roundabouts
I was falling faster then the speed of light.
So last night when I saw you out in another man's arms it cut like a knife.
Now I'm standing here alone on the street where we first met I'm falling deeper trying to get you out of my head
Staring at my phone hoping someday you'll call it
I only knew I loved you when I watched you go..."

Mit jeder Strophe die er sang, füllten sich Amys Augen mehr mit Tränen.
Amy hatte genau so eine Situation erlebt, bevor sie mit Markus zusammen war. Über zwei Jahre hinweg, war es ein Hin und Her. Viele verpasste Chancen, viele Tränen der Enttäuschung, weil sie dachte es wäre die große Liebe gewesen und das nur weil sich keiner der Beiden traute den nächsten Schritt zu machen. So viel ist seitdem passiert. Sie hatte so viel daraus gelernt und war mittlerweile der Ansicht, dass das alles einen Sinn hatte, dass dieser Mann nur in ihr Leben getreten war damit sie daraus lernen konnte. Es war als wäre der Song für sie geschrieben worden.
Leise spielte Patrick die letzten Akkorde und öffnete nach einigen Sekunden wieder die Augen.

Light up my Soul [Michael Patrick Kelly]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt