Kapitel Zwei - In der Schule

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In der Schule angekommen trennte sich unsere Wege, da unsere Kurse unterschiedlich gelegt waren. Ich zählte jede einzelne Minute, die ich noch in der Schule verbringen musste. Ich war eindeutig kein Mensch der die Schulzeit genossen hatte. Natürlich, ich hatte Amaya, aber ich war nie ein Partyanimal, ich ergriff nie die Gelegenheit auf eine Party zu gehen, denn die Umstände mit denen ich aufwuchs, prägten meine Persönlichkeit und Prioritäten auf eine Art die diese „Menschen" nicht nachvollziehen können. Mir war es nie wichtig gewesen beliebt, cool oder wie alle anderen zu sein. Das machte mich auf gewisse Weise zum Außenseiter. Mir machte das nichts aus, ich konnte mich nie mit ihnen identifizieren, wir hatte keine Gemeinsamkeiten. Uns unterschieden Welten. Ihre Welt war sorglos, das größte Problem, dass solche wie sie hatten war welches Auto sie fuhren, ihr Idealgewicht zu halten und das Wochenende bloß nicht nüchtern zu verbringen.

Ich setzte mich auf meinen Platz in die hinterste Reihe und ließ den Unterricht über mich ergehen. Ich schaute mich im Raum um, sah die gelangweilten Blicke meiner Mitschüler. Cynthia, die ihre Fingernägel feilte, Conner der seine Armmuskel begutachtete. Die Stunden zogen sich wie Kaugummie.
Amaya wartete vor meinem Biologieraum. Sie lehnte an der Wand und spielte an ihrem Anhänger ihrer Kette. Von weitem sah der Anhänger tiefen schwarz aus, doch wenn man ihn genauer betrachtete, erkannte man kleine glänzende Punkte. Es war ein runder, faustgroßer Opal, der das Licht in der Umgebung aufnahm. Geziert wurde der Stein von silbernen Flügeln und Blumenranken. Sie wirkte abwesend und in Gedanken versunken.
"Hey"
Sie hob den Kopf
"Na, die Horrorshow überstanden ?"
"Nicht wirklich, der Pittbull war der Meinung, sie müsse uns den Lernstoff für drei Woche innerhalb einer Doppelstunde in uns hineinprügeln", entgegnete ich

Abgesehen davon, dass der Unterricht zum sterben langweilig war, waren unsere Lehrer gnadenlos in den Klausuren. Das bedeutet, es lag bei einem selbst, ob man sich zumutete sich alles selbst zu erarbeiten oder zu riskieren den "ach so rücksichtsvollen Lehren" ins Messer zu laufen. Wir machten uns auf den Weg in die Cafeteria. Wir suchten uns einen Tisch an dem wir unsere Tabletts abstellten und uns niederließen. Ich begann in meinem Essen herumzustochern.
"Ich bin soo müde."
"Ich auch, glaub mir und wahrscheinlich sogar mehr als du."
"Warum"
"Mein Bruder. Er kann und will einfach nicht einsehen,dass er nicht alleine wohnt. Immer hört er seine seltsame Musik und seine Freunde, die eigentlich auch schon bei uns wohnen. Naja, die sind auch eigentlich ganz nett, nur ich muss auch irgendwann mal schlafen."
Sie verdrehte die Augen und stützen sich auf ihrer Hand ab.

Ihr Bruder war genauso schön wie Amaya. Er und sie lebten zusammen in einer Wohnung, da ihre Eltern sie schon im Kindesalter ins Kinderheim abgeliefert hatten, wo sie dann in diverse Pflegefamilien kamen. Da das jedoch auch nicht das Wahre war und beide sind, sobald Maques (ihr Bruder) volljährig wurde in eine eigene Wohnung eingezogen. Um sich das zu ermöglichen mussten beide und das auch noch jetzt sehr hart arbeiten und kamen so gemeinsam über die Runden. Das war auch der Grund, warum sie außerhalb der Schule so wenig Zeit hatte. Sie arbeitete als Verkäuferin in einem Modegeschäft. Doch sie verkauften nicht diese typischen Klamotten, wie man sie in jedem Geschäft bekam. Es war alles etwas ausgefallener, besonders und vor allem teuer. Ab und zu, wenn ich einen besonderen Anlass oder mal etwas Geld gespart hatte, begab ich mich in diesen besagten Laden. Er war erfüllt von einer magischen Atmosphäre. Schon wenn man vor dem Laden stand merkte man, dass er nicht normal war. Die Tür und Fensterrahmen waren in einem Indigoblau gestrichen. Auf dem Fenster stand in einer edlen Schrift „Royal Magic", umrahmt von einer Mondsichel. Sobald man den Laden betrat, ertönte ein sanftes bimmeln von einer kleinen Glocke über der Tür. Die Dielenbretter des Ladens knarrten ohne Unterlass bei jeden Schritt. Edle Kleider hingen an Kleiderstangen die von der Decke herab hingen und mit Drahtseilen befestigt waren, die Wände waren schwarz und dunkelblau gestrichen. Der Verkaufsraum wurde von schummrigen Licht erhellt. Amaya passte perfekt in den Laden. Ihren Bruder Marques kannte ich, aber bekam ihn nicht oft zu Gesicht. Das lag daran, dass wir uns meist im Bed and Breakfast trafen. Wir verbrachten viel Zeit in der Scheune meiner Grandma. Auf dem Heuboden lagen wir meist Stunden und fantasierten von einer anderen Welt. Einer besseren Welt, ohne eingebildete, arrogante Menschen, eine Welt ohne Krieg, Angst und Armut. Eine Welt in der alles möglich ist. Wir versanken in unseren Gedanken und verloren uns darin. Manchmal gingen wir auf die Weide auf der Frau Holle, Shaun und Sir Peter Malfoy, unsere Schafe standen. Dann setzten wir uns zu ihnen. Fütterten sie und streichelten wir sie. Auch im Winter, nur dass sie da in der Scheune untergebracht waren. Im Winter machten wir es uns auf einem Heuhaufen, den wir vorher vom Heuboden runterschmissen und legten uns darauf. Janosch, der faule Hauskater gesellte sich dann zu uns und rollte sich im Heu zusammen. Wir waren anders als die Anderen in unserem Alter und wir wussten das, denn wir waren, wer wir waren und das wichtigste dabei war: wir sind nicht allein.

Nachdem wir aufgegessen hatten räumten wir unseren Tisch ab und machten uns auf in den alt bewehrten Englischunterricht bei unserer vor Liebe sprühenden Madame Schillerlocke.

Amaya verabschiedete sich nach Ende der letzten Stunde von mir, da sie noch arbeiten musste. Ich schlurfte den Weg nach hause. An mir fuhr Conner mit Brad, Selin und Cynthia in einem roten Sportwagen mit offenem Verdeck vorbei. Die Musik dröhnte und das Gelächter mitanzuhören war wie schreiende Kreide auf der Tafel. Brad warf einen halben Meter vor mir eine zerquetschte Bierdose hin, die direkt vor meinen Füßen landete. Verdutzt hob ich den Kopf, worauf Cynthia ein kehliges Lachen ausstoß. Das zerbrach etwas in mir. Ich wusste, dass es dumm war dieser Geste irgendeine Bedeutung beizumessen, doch es tat weh,wie Abfall fühlte ich mich. Und momentan war ich allein. Amaya hätte ihnen an meiner Stelle irgendetwas, wahrscheinlich sogar sehr vulgäres hinterhergerufen. Doch ich konnte das nicht. Ich hatte nicht den Mut und das Selbstvertrauen. Und dafür hasste ich mich.

Die magische Geschichte der AnderweltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt