Nuck Teil 2

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„Sie sehen echt gut aus.", sagte Elisabeth, meine Bedienstete. „Danke.", seufzte ich und ließ mich in meinem Festanzug auf meinem Stuhl nieder. Elisabeth fing an mein Haar zu kämmen. „Wie geht es ihnen?", fragte sie höflich. „Ich habe gar keine Lust auf heute. Weißt du, meine Brüder sind vermählt. Also Sebastian nachher. Und ich? Ich darf nicht mal ein Knappe werden.", beschwerte ich mich. Grummelnd verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Elisabeth strich weiter mit der Bürste durch mein Haar. „Sie werden schon ihren Platz finden, Herr.", sagte sie und lächelte mich durch den Spiegel an. Genervt schaute ich nur zurück. „Wo denn? Nur weil ich ein Nuck bin wird mir alles verwehrt.", maulte ich weiter. Sie legte die Bürste auf die Kommode. „Haben sie denn schon alles versucht? Ich höre sie oft Cembalo und Laute spielen. Das hört sich jedes Mal wunderbar an. Haben sie mal überlegt, Musiker zu werden?" Meine Augen musterten sie. „Ich habe gerade einmal das Recht bekommen überhaupt Musikinstrumente spielen zu dürfen. Hätte ich kein blaues Blut, hätte Vater mich sicherlich aus der Familie verstoßen.", sagte ich dann mit fester Stimme. Elisabeth kniete sich nieder, um mir die Schuhe zuzubinden. „Versuchen bringt niemanden um.", sagte sie dann. „Das stimmt allerdings. Aber um ein Musiker zu werden muss ich um weiten besser werden.", antwortete ich. Sie lächelte mich an. „Dann werden sie besser." „Danke, Elisabeth." Sie stand auf und klopfte sich ab. „Sie sind nun fertig für die Vermählung des Prinzen Sebastian und Prinzessin Magdalena. Ich wünsche ihnen viel Spaß auf dem Feste. Ich kümmere mich erstmal um die Ordnung ihres Gemachs.", sagte sie gedrungen, machte einen Knicks und wollte sich an die Arbeit machen. Ich hielt ihre Schulter fest. Verwundert und mit erschrockenen Blick, sah sie mich an. „Überarbeiten sie sich nicht, Elisabeth. Nicht heute. Ziehen sie sich auch was Schönes an und feiern sie mit uns. Du bist für mich schon fast kein Gesinde mehr, sondern eine Freundin. Vielleicht können wir auch etwas zusammen tanzen. Räum das nötigste auf und komm dann in die Festhalle." Sie schien über meine Freundlichkeit verwundert zu sein. „Danke mein Herr.", sagte sie dann aber schließlich. Ich holte Luft, lächelte und ging aus meinem Gemach zu der Festhalle. Elisabeth war echt die liebste hier im Schloss. Sie war wirklich die einzige die mich für nichts Verurteilte. Auch nicht dafür, dass ich ein Nuck bin. Sie war ein Magu mit der Fähigkeit Dinge zum Schweben zu bringen. So war sie eine sehr gute Hilfe im Schloss.

Bald kämen die Besucher für die Vermählung. Ich fragte mich, ob Magdalena zu Sebastian passt. Ob sie nett ist. Was sie wohl für eine Fähigkeit hat? Grübelnd ging ich durch den hohen Flur bis hin zum Festsaal. Dort platzierte ich mich direkt auf meinem Thron und Beobachtete das Gesinde, wie sie das letzte i-Tüpfelchen machten. Ich ließ meinen Blick über den kompletten Saal huschen. Die Knappen hatten sich mit ihren Rüstungen und Schwertern an allen Türen platziert. Das musste bei jedem Fest gemacht werden. Zu unserer Sicherheit. Ich legte mein Bein über die Armlehne und ließ mich weiter auf mein Steiß rutschen. Die Vermählung meines anderen Bruders war viel entspannter gewesen. Mit der Kutsche hin. Hochzeit. Mit der Kutsche zurück, ohne Peter. Ich seufzte. Ich vermisste ihn schon. Ob er heute kam? Ich biss mir auf die Unterlippe. Es war ja sein Bruder, der zum König gekrönt wird. Natürlich wird er kommen. „Manuel. Setzt du dich bitte ordentlich hin. Das gehört sich nicht.", ertönte die strenge Stimme meines Vaters. „Verzeih mir, Vater.", sagte ich kleinlaut und setzte mich ordentlich und gerade hin. Er setzte sich auf den großen Thron in der Mitte. Meiner lag etwas weiter hinter seinen und war ziemlich klein, hingegen seinem. „Vater? Kommt Peter auch?", fragte ich vorsichtig. „Aber natürlich. Da vorne sind ihre Plätze. Für die Königin und für ihn. Zumal haben sie uns heute noch was Wichtiges mitzuteilen, was dich auch interessieren wird.", er deutete mit dem Kopf auf die Stühle, die mit rotem Stoff überzogen wurden. Ich nickte. „Was denn?", hakte ich nach. „Lass das deinen Bruder erzählen. Jetzt habe Geduld, Sebastian wird gleich da sein und dann kommen auch schon seine Gäste. Sei du nur ruhig und versau ihm nichts. Und sitz bloß ordentlich." Er setzte wieder seine maßregelnde Stimme auf. Ich legte bockig mein Kinn auf meine Brust und kniff meine Augen zu. Wie Dreck behandelt zu werden war ich ja gewohnt. Trotzdem ärgerte es mich jedes Mal aufs Neue.

Gelangweilt trommelte ich mit meinen Fingern auf die Armlehne. Sebastian kam gerade auf uns zu, jedoch beachtete er mich nicht. „Nervös?", fragte Vater ihn. „Ich kann es kaum erwarten deine Krone anzunehmen und gleich darauf zu Heiraten.", sagte Sebastian und ließ sich neben Vaters Thron nieder. Eigentlich war es der von Magdalena. Vater stand auf und hielt Sebastian seine Hand hin. Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete ich alles. „Setz dich nicht auf den Sitz deiner Zukünftigen. Das gehört sich nicht. Wir haben das doch durchgesprochen. Du wirst dich hier hinstellen, neben mich. Sobald die Musik erklingt und der Priester die Zeremonie abgeschlossen hat, werde ich dir die Krone aufsetzen, dir den Stab geben und du wirst dich setzen. Dann bist du König." Sebastian nickte auf die Erklärung unseres Vaters. Er wirkte sichtlich nervös. Wäre ich vermutlich an seiner Stelle auch.

Der Saal war nun gefüllt. Nicht nur die Gäste für die Krönung waren da, sondern auch direkt die für die Hochzeit. Ich hielt aber nur Ausschau nach Elisabeth. Ob sie sich irgendwo gesetzt hatte und ich sie nur nicht sah? Oder war sie gar nicht gekommen. Musste sie sich um etwas kümmern? Ich stützte mein Kinn auf meiner Hand ab. Wenigstens ein Gesicht was ich mochte, wollte ich sehen.

Die Musik erklang und der Priester stand auf. Er sprach irgendwelche Worte zu Sebastian, die ich nicht hören wollte. Gelangweilt schaute ich in die Menge. So einige kannte ich nicht. Es waren bestimmt die von Schloss Mayer. Der Hof von Magdalenas Familie. Das da waren bestimmt ihre Eltern. Mussten ja, sie trugen Kronen. Neben den beiden saß ein Mann in einem Festanzug. Aber ich sah, ein kleines Schwert an seinem Gürtel. Es ähnelte eher einem Messer. Ein Knappe? Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Vater aufstand und Sebastian das Zepter überreichte und die Krone aufsetzte. Jetzt schritt Sebastian nach vorne und schaute zur Menge, die applaudierte. Unmotiviert klatschte ich auch in meine Hände. Sebastian fing noch eine kurze Rede an, bevor er sich wieder setzte. Vater setzte sich nun neben mich, auf Sebastians alten Thron. „Ordentlich sitzen, Manuel.", ermahnte er mich abermals. „Verzeihung, Vater.", sagte ich auch abermals. Ich wusste das ich in 10min eh wieder sitzen werde, wie ein Schluck Wasser. Und Elisabeth hatte ich immer noch nicht gesichtet. Mein Bruder Peter jedoch schon. Er hatte sogar ab und zu, zu mir gelächelt. „Gleich beginnt die Hochzeit. Bitte benimm dich. Für deine Familie.", sagte Vater. Ich nickte. Es achtet doch sowieso niemand auf mich.

Wieder fing die Musik an zu spielen. Ich ging mit meinen Fingern die Töne mit, die das Cembalo spielte. Es war wunderbar in meinen Ohren. Ich achtete gar nicht darauf, wie Magdalena den Gang entlang ging und ihre Hände in die von Sebastian gelegt wurden. Ich achtete auf die Musik. Vielleicht hatte Elisabeth ja recht. Probieren bringt niemanden um.

Nuck / KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt