12. wilder hund

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»Wow, und ich dachte, ich werde der sein, der immer zu spät kommt. Wir werden es wohl nie gleichzeitig pünktlich schaffen«, lachte Brody, als er sich mit einer Hand von der Wand, an der er locker lehnte, wegdrückte und sich sein Oberarm für einen Moment in dem engen Shirt anspannte.

Lou war vor ungefähr zehn Minuten gegangen. Ich hatte sie zur Bushaltestelle gebracht und ließ sie denken, dass ich wieder nach Hause gehen würde, doch das tat ich nicht. Ich war danach direkt zu Brody gegangen, der schon wieder auf mich wartete.

In Lou's Gegenwart hatte ich gemerkt, dass ich es nicht mochte, wenn ich von dem Spiel sprach, einfach weil sie es nicht mochte. Deswegen hielt ich einfach meinen Mund und redete nur davon, wenn irgendwas mit Brody war oder wenn sie mich danach fragte. Anders wäre es mir unfassbar unangenehm gewesen und ich wäre erneut das Risiko eingegangen, dass Malou wieder so sauer auf mich wäre wie heute Morgen.

Wir beide hatten heute noch viel zusammen gemacht. Meine Mutter war irgendwann weggefahren, weil sie mit einer Freundin zum Mittagessen verabredet war, darum hatten Malou und ich uns etwas gekocht. Jedenfalls hatten wir es versucht. Geendet hatte es dann darin, dass der Lieferant mit zwei großen Pizzen vor uns stand - die eine war vegetarisch, weil Lou nicht wirklich ein großer Fan von Fleisch war.

Während wir also gegessen hatten, sind wir in das Wohnzimmer gegangen und haben die PlayStation angemacht, um eine Runde Fortnite zu spielen. Damals fand ich das Spiel furchtbar grausam und derbe langweilig, als Lou es mir bei sich selbst gezeigt hatte, doch nach einer Weile wurde ich davon angesteckt und so kam es dazu, dass wir beide ea fast nur spielten.

Zwischendurch hatten wir uns viel über Brody und seinen besten Freund Toad, der schokobraune Typ auf dem Profilbild von Brody, unterhalten, weil Lou ihn unbeschreiblich gutaussehend fand. Doch ihre Hoffnung verflog, ihn jemals kennenzulernen, als ich ihr gesagt hatte, dass die beiden in Australien leben würden und die Wahrscheinlichkeit, Brody wiederzusehen oder Toad überhaupt erst kennenzulernen, lag bei null Prozent. Bei Lou sogar unter - sie hatte überhaupt nicht mal die Möglichkeit.

Morgen waren wir bei Stacey's verabredet. Aufgrund dieser dummen Aktionen von Ian, die mir definitiv nicht gut taten, hatte sie beschlossen, mich morgen nochmal von hier zu entführen und mit mir einen Shake trinken zu gehen.

Nichts konnte beschreiben, wie viel sie mir bedeutete und was ich alles für sie tun würde.

Ich verzog meine Lippen zu einem gepressten Lächeln. »Tut mir Leid, Brody. Aber ich musste mit meiner Freundin an der Bushaltestelle stehen und warten, bis der Bus kommt. Es wird schon langsam dunkel in Peoria. Sie hatte Angst.«

Ich stellte mich vor ihm hin und hatte auf eine normale Antwort gehofft, doch die kam nicht. Stattdessen lehnte er sich wieder mit dem gesamten Körper seitwärts gegen die Tür, durch die wir mussten, und legte den Kopf schief, als er mich anstarrte.

»Ist alles in Ordnung, Blondie? Du siehst so gequält aus.« Ich drückte meine Lippen noch fester aufeinander und hielt den Atem an, so lange, bis ich nach Luft schnappen musste. Mein Blick war nach unten auf meine Füße gerichtet, die Muster in den kahlen Betonboden zeichneten.

»Ist das so offensichtlich?«, seufzte ich mit einem fragenden Unterton, woraufhin er auflachte, jedoch nicht so erfreut, wie er es sonst immer tat. »Äh, ja?«, er zog die Augenbrauen in die Höhe. »Ich bin doch nicht bescheuert. Deine gute Laune sieht meist nicht so aus.«
Dann zuckte ich mit den Schultern und vergrub meine Hände in den Jackentaschen meines Mantels - es war so gottverdammt kalt draußen, wieso beging ich den Fehler immer wieder und zwang mich in diese Jacke hinein? Vermutlich weil das die einzige Jacke war, in der ich gut aussah und man mich nicht mit einem fetten Schneemann in schwarz verwechseln konnte.

Against The TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt