»Das ist nicht wahr. Das kann nicht dein Ernst sein.«
Ich schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch, sodass der Löffel in meinem Milchshakeglas klirrende Geräusche verursachte, und funkelte ihn fies an. Er presste nur die Zähne aufeinander und zog sich seinen Ärmel des Pullovers wieder herunter, damit ich das lebendige Tattoo nicht mehr sehen konnte. Dann lehnte er sich seufzend zurück, legte den Kopf schief und schaute mich an.
»Du überreagierst total. Mach dir keinen Kopf darüber, Jane. Es wird schon nichts schief gehen.«
Genervt aufstöhnend lehnte ich mich ebenso zurück gegen die weiche, rote Lederbanklehne und schloss meine Augen, um für einen kurzen Moment meinen Puls senken zu lassen und mich zu entspannen.
Es war erst der dritte Tag der kalten und windigen Herbstferien und schon war meine Laune wieder am tiefsten Grund. Und die Schuld daran hatte ganz allein Ian und sein Spiel, von dem er mir erst jetzt richtig erzählte. Und wenn das Spiel, das er spielte, normal wäre, dann wäre ich auch nicht so sauer wie ich es jetzt war. Es pisste mich nämlich gewaltig an.
Doch das Schlimmste an dem ganzen war aber, dass ich nicht mal wusste, dass Ian sich überhaupt bei diesem Spiel anmelden wollte und es letztendlich auch getan hatte. Schließlich war das kein Gesellschaftsspiel oder ein blödes Pokern oder Schach, nein, es war ein Spiel, in welchem es um Leben und Tod ging. Das einzige, was ich wusste, war, dass man die Zahl eine Million auf die Haut gestempelt bekam und die eine Zeit von elfeinhalb Tagen darstellen sollte. Wenn diese ablief, würde man sterben. Mehr hatte er mir nicht erzählt.
Als Ian mir das erzählt hatte, wusste ich nicht, ob ich anfangen zu lachen oder zu weinen sollte. Es war so absurd und unglaublich surreal, dass jemand tatsächlich so ein Spiel erstellt hatte und es wirklich auch Leute spielten, ihr Leben bis aufs kleinste riskierten. Ian meinte, dass es lustig und spannend wäre, doch ich sah darin einfach keinen Sinn. Das war das bescheuertste, krankste, unmenschlichste Spiel, von dem ich je gehört hatte.
»Ich überreagiere? Willst du mich eigentlich komplett verarschen, Ian?«, ich knallte meine Hände auf den Tisch und beugte mich wieder hervor, »Ich soll nicht überreagieren, wenn du mir sagst, dass du stirbst, wenn diese Zeit abläuft? Ich musste es dir aus der Nase ziehen, damit du mir überhaupt davon erzählst, sonst hättest du selbst es nie getan.«
»Nein, stopp, hör mir zu. Du verstehst das falsch.« Auch er setzte sich wieder gerade auf den Sitz. »Ich werde nicht erst dann sterben, wenn die Zeit abgelaufen ist. Ich kann es auch innerhalb dieser Zeit tun.«
»Klasse Ian, ist ja noch besser!« Wutgeladen verschränkte ich meine Arme unter der Brust und schaute mit angespanntem Kiefer aus dem Fenster nach draußen. Ich wollte ihm nicht in die verlogenen Augen schauen. Und erst recht wollte ich nicht, dass er bemerkte, dass es mich verletzte. Denn das tat es.
Ian schwieg seufzend und rührte mit dem Löffel in seinem fast leeren Milchshake herum. Meinen hatte ich schon ausgetrunken, weil ich irgendwas zum Beruhigen brauchte. Mittlerweile bereute ich es, dass ich es so schnell getan hatte.
Ich kniff die Augen zusammen, als ich merkte, dass er immer noch nicht reagierte. »Dass es dich nicht mal ein Stück Dreck interessiert, was ich davon denke, ist ja noch das viel schlimmere.«
Über dieses Thema hatten wir schon das ein oder andere Mal gesprochen und meistens kam auch der ein oder andere Schrei aus unserer Kehle geflogen, weil sich unsere Meinungen so reizbar aneinander rieben und sich dadurch Meinungsverschiedenheiten bildeten. Es machte mich irre wütend und so unglaublich stinksauer, dass er, noch vor dem Spiel, nicht einmal ein Wort mit mir darüber geredet hat und selber entschied, sein Leben so sehr zu riskieren. Ich war seine Freundin, jetzt schon seit fast zwei Jahren, und jetzt sollte ich ihn einfach so durch ein sinnloses, krankes Spiel verlieren?
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Against The Time
Novela Juvenil»Ich will dieses scheiß Spiel endlich beenden. Wir sind so nah dran, Jane. Gib nicht auf.« • Tick tack tick tack. Die Zeit rennt. Jede Sekunde, buchstäblich. Doch wir realisieren es nicht. Ganz im Gegensatz zu Jane und Brody, die damit zu kämpfen ha...