Kapitel 3

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Seufzend beobachte ich meine kleine Schwester dabei, wie sie total konzentriert versucht, den Herd anzubekommen, jedoch kläglich zu scheitern scheint.

Mit einem frustrierten Stöhnen greift sie in den Schrank neben der Spüle, bevor sie sich genau wie ich ein einfaches Müsli macht, ehe sie sich neben mich setzt und als unsere Augen aufeinandertreffen, lächeln wir beide breit.

Die Tatsache, dass wir beide unsere ersten Kurse verpasst haben, weil wir gestern nacht damit verbracht haben, die neue Wohnungen zu inspizieren und deswegen wahrscheinlich erst gegen fünf Uhr Morgens eingeschlafen sind, ist uns in diesem Moment mehr als nur egal.

Ich wende den Blick von meiner Schwester ab und lasse meine Augen dann durch die modern eingerichtete Küche gleiten, während ich nachdenklich einen Schluck von meinem Kaffee nehme.

In innerhalb von nur zwanzig Minuten sind wir umgezogen und wenn ich jetzt nicht wirklich in diesem Apartment sitzen würde, könnte ich dies nicht Mal glauben.

Auch wenn es meinem Stolz mehr als nur schadet, muss ich zugeben, dass ich mehr als nur froh bin, das Angebot angenommen zu haben, allein weil ich seit Monaten das erste Mal nicht von lautem Geschrei, Gestöhne oder Gelächter geweckt worden bin, aber auch, weil es mir seelisch viel zu gut getan hat, endlich wieder auf einem eigenen Bett, in einem eigenen Zimmer zu schlafen.

Während Zaya seit gestern nicht aufhören kann, von der Wohnung zu schwärmen, fällt es mir schwer, unser neues Zuhause zu genießen, denn dieses eisblaue Augenpaar geht mir einfach nicht aus dem Kopf.

Immer wieder hallt seine tiefe Stimme in meinem Kopf und am liebsten würde ich mir in den Arsch beißen, wenn ich daran denke, dass es mir dieser Mann wirklich so sehr angetan hat.

Natürlich ignoriere ich hierbei die Tatsache, dass ich nur seinen Namen kenne und weiß, dass er höchstwahrscheinlich eine höhere Position in der Mafia Organisation meines Vaters hat, und mir jegliche andere Art von Informationen fehlen.

Ich weiß nicht einmal, warum er mich so sehr anzieht, denn er scheint zwar jung zu sein, aber er hat wahrscheinlich bereits eine wunderschöne Ehefrau, tolle Kinder und alles in allem ein fantastisches Leben.

Auch das ist mir gestern immer wieder durch den Kopf gegangen, weswegen ich mich dazu entschieden habe, nicht all zu viel hineinzuinterpretieren, denn das letzte was ich vor meinen letzten Prüfungen gebrauchen könnte ist Herzschmerz oder Enttäuschung in jeglicher Art und Weise.

In den letzten paar Monaten habe ich mich nur schwer von dem Tod meines Vaters und einer schwierigen Trennung erholt, weswegen die Angst, wieder verletzt werden zu können mich regelrecht einnimmt.

"Zoe!", ruft Zaya mir genervt zu, reißt mich Mal wieder aus meinen Gedanken und verwirrt blicke ich in die hellen Augen meiner Schwester.

"Was gibt's?", frage ich ruhig, setze meine Kaffeetasse ab und seufze leise

"Ich wollte mich nochmal - bei dir bedanken, dafür, dass du deinen Stolz zur Seite geschoben und das Angebot angenommen hast. Mir ist bewusst, dass es dir schwer gefallen ist und ich weiß es sehr zu schätzen.", erwidert meine Schwester lächelnd und greift nach meiner freien Hand während sie spricht und das hat eine ungemein beruhigende Wirkung auf mich.

"Du musst dich nicht bedanken, Zaya, du hast so viel für mich durchgemacht, da ist das das letzte was ich tun kann. Zumal wir wirklich aus diesem Wohnheim ausziehen mussten, weil sie uns sonst wirklich irgendwann in Handschellen aus diesem Irrenhaus hätten bringen müssen.", sage ich lachend und sofort stimmt sie mit ein, bevor wir wieder zur Ruhe kommen und sie mich lächelnd anblickt.

"Das Handy ist verpackt in deiner Tasche, damit du es ihnen so schnell es geht wiedergeben kannst.", sagt sie, während ich mein Besteck auswasche und dann in den teuren Geschirrspüler räume.

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