chapter one

5.5K 241 104
                                    

imagine - john lennon


Eilig schlüpfte Namjoon in seine Schuhe, schnappte sich seinen Schlüsselbund von dem Beistelltisch in dem schmalen Flur und zog dann die Haustür hinter sich zu. Normalerweise war es dem Studenten egal, ob er pünktlich bei seinen Vorlesungen erschien oder nicht. Normalerweise war dem jungen Mann vieles egal. Doch heute Morgen sollte es anders sein und so beeilte er sich, zu seiner Bahnstation zu kommen und mit einem früheren Zug zu fahren, als den er sonst nahm. Schließlich verpasste er sonst nahezu jeden Morgen seine Mitfahrgelegenheit, wodurch es mittlerweile zur Angewohnheit geworden war, obwohl der spätere Zug eigentlich viel zu spät fuhr, und es somit jeden Morgen mit mindestens zehn Minuten Verspätung in den Hörsaal schlüpfte. Dennoch verziehen ihm das seine Professoren. Generell ließen sie Namjoon mehr durchgehen, als den meisten anderen Studenten. Wahrscheinlich lag das immer noch an dem Mitleid, welches sie ihm gegenüber empfanden.

Namjoon verbannte diese Gedanken aus seinem Kopf, suchte sich einen freien Sitzplatz im Zug und ließ sich am Fenster nieder. Seit einigen Tagen war es Morgens schon wieder hell, wenn er aus dem Haus ging, und so auch heute, obwohl er nun früher unterwegs war. Er stützte seinen Kopf auf seinem Arm ab, welchen er auf dem kleinen Sims am Fenster positioniert hatte und wandte seinen Blick durch die verunstalteten Fensterscheibe nach draußen. So sehr ihn die verdreckten Sitze auch an ekelten, dennoch fuhr der junge Student gerne Zug. Er genoss es, mit Musik in den Ohren die Welt an sich vorbei ziehen zu sehen. Manchmal fuhr er sogar mit der Bahn, obwohl er nicht Mal ein Ziel hatte. Viele würden sein Verhalten wohl als merkwürdig abstempeln, aber das war Namjoon egal. 

Generell machte er sich nicht viel aus der Meinung anderer Leute. Er lebte sein eigenes Leben, was sollte ihn dann das interessieren, was andere über ihn dachten? Sollten sie sich nicht viel lieber mit ihrer eigenen Existenz befassen? Die meisten waren doch unzufrieden mit ihrem Leben. Aber anstatt etwas daran zu verändern, mischten sie sich lieber in das Leben anderer Leute ein. War das wirklich erfüllend? Aber was im Leben schenkte einem denn die vollkommene Erfüllung? Die Zufriedenheit? Namjoon wusste es nicht. Und er wusste auch nicht, was ihn mit Zufriedenheit erfüllte. Die Musik bewegte ihn und setzte ihn allezeit in einen harmonischen Zustand der Trance, in dem er sich Gedanken machen konnte. Aber auch das war kein Gefühl für die Ewigkeit. Und so holte ihn immer wieder die Realität ein, die nun mal alles andere als harmonisch für ihn war. Dennoch wollte sich Namjoon nicht über sein Leben beschweren. 

Er fand es beinahe anmaßend, wenn er daran dachte, dass es ihm möglicherweise schlecht ging. Schließlich gab es doch so viele andere Menschen auf der Welt, denen es deutlich schlechter ging, als dem jungen Studenten selber. Er hatte ein Dach über den Kopf. Er hatte einen guten Freund. Und im Außenbezirk der Stadt hatte er seine Eltern, die sich ununterbrochen Sorgen um ihren Sohn machten und ihn bei allen seinen Entscheidungen unterstützten, auch wenn er sie nicht mehr oft um Rat bat oder überhaupt mit ihnen redete. Es tat ihm leid, und ihm war bewusst, dass sein Verhalten seinen Eltern gegenüber falsch war. Dennoch hatte er sich bis heute nicht dazu durch ringen können, sie in dem kleinen Haus zu besuchen, in denen er seine Kindheit verbracht hatte, zusammen mit seinem Bruder Jimin.

Er löste seinen Blick von der Fensterscheibe, die durch viele Kratzer und Flecken verunstaltet war, als die Station durchgesagt wurde, an der er aussteigen musste um von dort aus zur Universität zu laufen. Er erhob sich von seinem Platz, als der Zug langsam an Geschwindigkeit verlor und schob sich durch den Gang, an einigen Schülern und Pendlern vorbei, bis hin zur Tür, an der schon einige andere Studenten auf den Ausstieg warteten. Namjoon war in der Universität nie besonders auffällig gewesen und hatte sich damit zufrieden gegeben, alleine in den Hörsälen zu sitzen, ohne irgendwelche Sitznachbarn. Irgendwann hatte sich jedoch ein schwarzhaariger Junge neben ihn gesetzt, dessen Namen der junge Student anfangs nicht Mal gewusst hatte, obwohl beide seit einem Semester die selben Vorlesungen besucht hatten. Nach einigen Vorlesungen, in denen sie schweigend nebeneinander gesessen hatten, hatte sich der Ältere ihm schließlich vorgestellt. 

Und so kam es, dass Kim Namjoon und Min Yoongi, wie der andere Student hieß, Freunde wurden. Anfangs war es eine Freundschaft gewesen, die nur darauf ausgelegt war, dass jeweils beide Jungen jemanden hatten, denen sie nach verpassten Vorlesungen nach den Mitschriften fragen konnten. Doch irgendwann war Namjoon der schweigsame und somit unkomplizierte Junge ans Herz gewachsen und eine tiefe Freundschaft war zwischen den beiden entstanden. Bei den Gedanken an seinen besten Freund, und auch so ziemlich einzigen, schlich sich ein Lächeln auf die Lippen des Blonden. Der andere war ihm in den letzten zwei Jahren wirklich wichtig geworden. Und so beschloss er, Yoongi einen Gefallen zu tun und ihm einen Kaffee mitzubringen. Schließlich war Namjoon heute ausnahmsweise Mal nicht viel zu spät, sodass er noch problemlos Zeit fand, in eine kleine Bäckerei zu gehen, die sich in der Nähe der Universität befand. Yoongi war kein Mensch der morgens gut aus dem Bett kam und so verbrachte er viele morgendliche Vorlesungen damit, ein Nickerchen zu halten. Aber das war nicht schlimm, denn Namjoon schrieb für ihn die wichtigsten Sachen mit.

Somit verließ der Student den Zug mit einigen anderen Passagieren und überquerte die viel befahrene Hauptstraße, um auf die andere Straßenseite zu gelangen, bei dem sich die einzige Bäckerei befand, die Namjoon einfiel. Jimin hatte sich hier früher immer seine Plunderstückchen gekauft, die er so gerne aß. Manchmal hatte er seinem Bruder sogar eins mitgebracht und der Jüngere hatte sie verdrückt, sobald er von der Schule gekommen war.





_____

Das Cover der Geschichte ist übrigens lieber wieder von der lieben moongiiiiirl gestaltet worden. (Falls ihr genauso begeistert von ihrer Arbeit seid wie ich, schaut doch bei ihr vorbei, sie hat ein Coverbuch.) An dieser Stelle nochmal vielen herzlichen Dank an dich. <3

 <3

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.


A deal with God | ᶰᵃᵐʲᶤᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt