Levi erklärte mir eine ganze Menge und ich verstand es tatsächlich. Zufrieden drehte ich mich zu Fey um. Sie saß zitternd und tränenüberströmt in einer Ecke. Ich seufzte. "Macht sie das öfter?", wollte Levi interessiert wissen. "Jup, fass sie bloß nicht an. Gestern hat sie zwei kleine Gangster umgebracht, weil einer von ihnen sie angefasst hat. Danach saß sie auch so da", antwortete ich. Der Vampir nickte nachdenklich. "Irgendwas Schlimmes passiert in ihrer Vergangenheit?", wollte er wissen. "Sie war in OKÜP-Gefangenschaft", erklärte ich. "Igitt, OKÜP", grummelte er. "Aber ich habe eine Idee", ergänzte er und setzte sich Fey gebenüber. "Fey. Stell dir einen Fernseher vor. Guck mal, da ist der schwarze Rand. Nimm die Fernbedienung in die Hand. Such den schwarz-weiß-Knopf. Nimm die Farben aus dem Bild. Gut so. Jetzt suchst du nach dem Helligkeits-Knopf. Mach das Bild so hell, dass du nichts mehr erkennen kannst. Jetzt suchst du den Lautstärke-Knopf und machst den Ton so leise, dass du nichts mehr hören kannst. Jetzt nimmst du die DVD aus dem Fernseher und packst sie in ihre Hülle. Hol einen Umschlag. Pack die DVD in den Umschlag. So ist gut. Bring den Umschlag zum Tresor. Gib die Kombination ein. Leg den Umschlag in den Tresor und mach ihn zu. Hörst du das Plopp? Jetzt verstellst du die Zahlenkombination. Höre auf das Klack, Klack, Klack der Zahnräder... Siehst du, es ist nicht real, das ist nur ein Flashback", redete er auf sie ein. Bei seinen Worten wurde ihr Blick langsam klarer. Er reichte ihr eine Falsche Wasser. "Besser?", fragte er. Fey nickte. "Danke", murmelte sie. "Was hast du mit ihr gemacht?", wollte ich neugierig wissen. "Das kommt aus der Traumatherapie. Nennt sich Fernsehtechnik", antwortete er. Venandi hätte mir echt sagen können, dass es sich bei Feys 'Knacks' um ein Trauma handelte. "Tust du mir einen Gefallen und kochst eine runde Tee? Die Küche ist den Gang runter links", forderte Levi mich auf. Ich fühlte mich zwar nicht wohl dabei, Fey allein zu lassen, aber ich war ziemlich sicher, dass sie bei Levi in guten Händen war. Außerdem kam ich so endlich mal zum telefonieren. Ich wählte die Durchwahl von Direktor Shepherd. "Silas, ist was passiert?", begrüßte er mich. "Noch nichts. Aber ich wollte euch vorschlagen, Fey so einen Therapiehund zu besorgen. Wir haben in New York einen getroffen und sie war regelrecht entspannt", schlug ich vor. Shepherd schwieg einen Moment, während ich den Wasserkocher einschaltete. "Der Hund hat also wirklich Wirkung gezeigt?", vergewisserte er sich. "Hunde haben ein ausgezeichnetes Urteilsvermögen, das waren ihre Worte", bestätigte ich. "Okay, wir kümmern uns drum... Kann aber ein bisschen dauern", stimmte er zu. "Und eins noch... Welche Sedativa geht ihr ihr ?", wollte ich wissen und hängte die Teebeutel in die Tassen. "Ich frage die Ärzte und schicke dir eine Nachricht", antwortete Shepherd. "Danke, dass wars dann schon", verabschiedete ich mich. "Warte, warte... Wie geht's ihr?", wollte er wissen. "Geht so. Gesten hat sie zwei menschliche Gangster umgebracht, weil einer sie am Arm berührt hat. Aber vorhin hatte sie einen Moment, in dem sie richtig gut drauf war", antwortete ich und goss das kochende Wasser in die Tassen. "Pass auf sie auf, okay? Ihr letzter Partner hat sie verraten, das darf nicht noch einmal passieren", murmelte Shepherd, ungewohnt emotional. "Mach ich nicht", versprach ich und meinte es auch so. Ich legte auf, schnappte mir die Tassen und balancierte zu Levis Zimmer zurück. Als ich in den Raum kam, sprang der Vampir in erschreckendem Tempo auf und nahm mir eine der Tassen ab, um sie an Fey weiter zu reichen. Ich streckte ihm die Zweite entgegen und er nahm sie ebenfalls an sich. Fey sah jetzt schon deutlich besser aus. Sie hatte wieder etwas Farbe im Gesicht und wirkte allgemein munterer. "Also, ich habe zwar nicht Psychologie studiert, aber ich habe über fünfzig Jahre Lebenserfahrung und Ahnung von der menschlichen Psyche. Ich schätze ein, dass sie ein Trauma hat. Ihr solltet das vielleicht mal mit einen Profi abklären. Wenn ich Recht habe, braucht sie eine Therapie", erklärte Levi. "Ich bin auch noch hier", mischte sich Fey ein und blickte von ihrere Teetasse auf. "Du hast Recht Fey, tut mir leid. Aber dir habe ich das ja auch schon erzählt", stimmte der Vampir ihr zu. "Jackson! Was machen die Lycaner in unserem Quartier?", donnerte es von der Tür her. Levi fuhr herum. "Sorry Boss. Die Beiden sind von Venandi, sie kümmern sich um den Wilden Vampir", beeilte er sich zu erklären. "Das ist gut, das Biest muss weg", stellte der ältere Vampir fest. "Aber schaff sie raus, bevor es dunkel wird", forderte er Levi auf, der eilig nickte. Der Ältere verschwand in Richtung Küche. "Ich hasse Vampire", murmelte der Jüngere. "Dabei bist du selber einer", stellte Fey nüchtern fest. "Ja, aber ich habe mir das nicht ausgesucht. Außerdem gibt es auch genug Menschen, die Menschen hassen", entgegnete er. "Wisst ihr, als ich noch gelebt habe, sah ich so aus", fuhr er fort und öffnete ein altes Foto auf einem seiner Bildschirme. Levi war darauf kaum wieder zu erkennen. Es stammte in etwa aus den Achtzigern. Es zeigte einen braun gebrannten, blond gelockten Surfer-Boy, der mit einem breiten Lächeln am Strand stand. "Das war auf Hawaii... Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich die Sonne vermisse", murmelte er gedankenverloren. "Aber solange keiner Demigötter-Blut oder eine ultra starke Sonnencreme herbeizaubert, werde ich wohl oder übel blass bleiben", ergänzte er traurig. "Wie dem auch sei... Ich wünsche euch viel Glück mit dem Wilden Vampir. Falls ihr mal einen Hacker braucht, ruft mich an", verabschiedete er uns und brachte uns zur Tür.
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Fearless
Fantasy©2019 Als Silas Lycaon, seines zeichnens Sohn des obersten Europäischen Lycaners, in die Zentrale des übernatürlichen Geheimdienstes Venandi kommt, braucht er eine zuallererst eine Partnerin. Die Wahl fällt auf die traumatisierte Lycanerin Fey, d...