Vierundzwanzig - Fey

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"Uh, Kate ist wieder schwanger", verkündete Silas und blickte von einem Klatschblatt auf. Ich runzelte die Stirn. "Als wären zwei Kinder noch nicht genug. Stichwort zwei-Kind-Richtlinie", murmelte ich. "Ja, aber Kate wird mal Königin, die können sich das dritte Kind locker leisten", widersprach Silas. Offenbar hatten wir Lilliths Aufmerksamkeit geweckt, denn sie legte ihr Magazin über Frisuren zur Seite. "Zwei-Kind-Richtlinie?", fragte sie zögerlich. "England hat eine zwei-Kind-Richtlinie, das heißt, wenn man als Mutter Sozialhilfe bezieht und ein drittes Kind bekommt, werden einem die Leistungen gekürzt", erklärte ich missmutig. "Und die Monarchie finanziert sich über Steuern", ergänzte ich. . "Ja, aber ein drittes, royales Baby ist doch toll ", widersprach Silas. Ich verdrehte die Augen. "Du liest zu viel Klatschzeitungen, Silas", stellte ich nüchtern fest. Silas zuckte beleidigt die Schultern und blätterte demonstrativ zur nächsten Seite weiter. Wir vertieften uns alle wieder in unsere Zeitungen, als ein Fremder auftauchte. Ich musterte ihn skeptisch. "Ihr habt Echnaton gefunden?", wollte er ohne Umschweife von Lillith und Adam wissen. "Ja, er hat unvorstellbar gelitten. Aber wo jetzt hin mit ihm? Ich meine, in die Hölle gehört er nicht und ein Aton jenseits gibt es nicht mehr", wollte diese wissen. Silas und ich legten unsere Zeitungen beiseite. "Anubis hat den Asphodeliengrund vorgeschlagen, in der Hoffnung, dass er da Frieden findet", entgegnete der Fremde. "Sollen wir das machen?", wollte Lillith wissen. "Nein, da kümmern wir uns drum", entgegnete der Schutzengel und streckte die Hand aus. Es kostete sie sichtlich Mühe, diesen seltsamen Stein abzugeben. "Aua, heiß, kalt", zischte der Typ. "Wie ich schon sagte, eine gequälte Seele", erklärte Lillith knapp und beobachtete, wie der Kerl den Stein in seiner Tasche verstaute. "Okay, als nächstes hat der Teufel eine Aufgabe für euch", erklärte er dann. Lillith und Adam sahen nicht gerade erfreut aus und ich hoffte, dass es sich bei dem Teufel nur um seinen unglücklich gewählten Namen handelte. "Auf in die Hölle", brummte Adam. "Auf in die Hölle", stimmte Lillith seufzend zu und die Beiden verschwanden. Der Fremde, Silas und ich blieben zurück. "Lucius Verus. Ich war von 161 bis 169 römischer Mitkaiser von Mark Aurel", stellte er sich uns vor und wirkte damit ziemlich arrogant. Bestimmend streckte er mir die Hand entgegen. Ich reagierte nicht. "Silas Lycaon. Irgendwann mal Alpha des Europäischen Lycaner-Rudels", kam mir Silas zu Hilfe. Lucius Verus ignorierte ihn. "Ich muss schon sagen, Miss Monroe. Ich war ein großer Fan von ihnen und Mister Mendacis. Ich hätte es selber nicht besser machen können und ich bin der Kopf hinter Mornigstar - DiAngelo. Du hast die Beiden ja eben verschwinden sehen... Ein ganz wunderbares Paar", sinnierte er. "Ja, das ist ja schön und gut, bis auf die Tatsache, dass Oliver mich und Venandi verraten hat", stellte ich fest und kam nicht umhin darüber nachzudenken, ob dieser alte Römer in seinem Kopf Shipping Namen für seine ach so perfekten Agenten-Paare entwarf. "Verus, machst du meiner Tochter etwa Angst?", mischte sich Shepherd ein. "Sie ist nicht deine Tochter, Raymond. Du hast keine Frau und sie ist keine Magierin", korrigierte ihn Verus. "Du hast das mit der Familie doch noch nie verstanden, Lucius. Du denkst doch nur an deine ach so perfekten Agenten-Paare", entgegnete Ray spitz. "Interessant, wie du mit mir redest. Vergiss nicht, ich bin um Jahrhunderte älter als du", echauffierte sich der Ältere. "Ja und du bist schon seit 169 tot. Ich bin Direktor der Lebenden Abteilung dieser Organisation, also lass mich bitte mit meinen Agenten sprechen", erklärte Ray bemüht freundlich. Verus zuckte die Schultern und verschwand duch eine unscheinbare Tür. "Na, dann kommt mal mit", forderte er uns auf. Wir folgtem ihm duch die langen Gänge der Zentrale. "Ihr wisst ja, dass wir uns um das Lycantropen- Rudel kümmern. Wir haben sie auf Spitzbergen untergebracht, aber in letzter Zeit werden sie immer weniger. Etwas, oder vielmehr jemand, bringt sie um", begann er. "Und wir sollen das rauskriegen, was?", tippte Silas. "Genau. Allerdings wird Spitzbergen nicht von Avis Airlines angeflogen. Außerdem will ich verhindern, dass das amerikanische Rudel erfährt, wo sich die Lycantropen genau aufhalten. Ihr fliegt also nach Island und geht zu dieser Adresse", erklärte er und schob uns einen Zettel zu. Silas nahm ihn und schob ihn in die Hosentasche. "Kann ich vorher irgendwo waschen? Ich habe keine saubere Kleidung mehr", wollte er wissen. Shepherd schnipste mit den Fingern und zwei kleine Reisetaschen tauchten zu unseren Füßen auf. Ich hob die Mutavi-Tasche auf meinen Schoß und zog eine ganz ähnliche Reisetasche daraus hervor. Nur war diese mit Schmutzwäsche gefüllt. Stattdessen stopfte ich die beiden neuen Reisetaschen in die Mutavi-Tasche, die beiden ohne Probleme Platz bot. Silas beobachtete mich beeindruckt. "Und Fey, ich habe noch etwas für dich", wechselte Ray plötzlich das Thema. Ich hob fragend eine Augenbraue. "Zum einen habe ich dir deine Tabletten eingepackt und zum anderen...", steigerte er die Spannung. "Das andere findest du auf Island", vollendete er seinen Satz. "Ich habe dir einen Hund besorgt. Beziehungsweise euer Kontakt in Island hat dir einen Hund besorgt. Du weißt ja, in Island ist es mit den Hunden wie bei den Pferden. Einmal runter von der Insel, kommt man auch nicht mehr rauf. Also wartet dein perfekter Therapiehund dort auf dich", erklärte er. "Therapiehund?", wollte ich angespannt wissen. Wie kam er denn jetzt darauf ? "Silas hat mir erzählt, dass du in New York sehr gut auf einen Hund reagiert hast. Wir wollen... ich will, dass es dir besser geht und wenn dir ein Hund nur ein bisschen Stress nimmt, ist es das wert", erklärte mir mein Pflegevater. Ein Teil von mir wollte sauer auf Silas sein, aber er hatte in New York richtig beobachtet. Und Ray versuchte schon seit Monaten, irgendwie wieder einen Draht zu mir zu bekommen.

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