Seit Samis Besuch waren zwei Tage vergangen. Zwei Tage, in denen ich allerhand Zeit hatte, um über das Geschehene nachzudenken. Über Raku, über Vivi, über mich und mein neues Leben. Eine wirkliche Lösung für mein Problem - was machst du jetzt? - hatte ich nicht gefunden, doch ich wusste, dass ich einen Schlussstrich ziehen musste. Ich musste über Vivi und ihr plötzliches Verschwinden hinwegkommen und nach vorne schauen. Raku zu Liebe. Und genau aus diesen Gründen stand ich nun vor einer massiven Holztür, hinter der sich ein Treffen für alleinerziehende Eltern abspielte.
Ich hatte keine Ahnung, was ich hier machen sollte und Raku war auch keine besonders große Hilfe. Sie lag in ihrer Schale, hatte ihr Stofftier an sich gedrückt und schlief seelenruhig, während ich im Stiegenhaus stand und mich selbst verfluchte.
„Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat", erklang hinter mir Lailas Stimme, die mit Nico im Schlepptau die vielen Stufen heraufkam. „Teuvo wollte mal wieder nicht, dass ich hierherkomme. Könnte an dir liegen."
„Du hättest einen besseren finden können, Laila. Er tut dir nicht gut", begrüßte ich sie und wandte mich wieder der Tür zu.
„Du hättest auch einen viel besseren Fang machen können, wenn du Vivi damals schon den Laufpass gegeben hättest."
Laila schritt an mir vorbei, Nico an der linken Hand führend, und öffnete die Tür. Dafür, dass diese so massiv aussah, war sie erstaunlich leicht. Ich folgte ihr in den beheizten Raum und sah mich um. Als ich niemanden sah, wurde ich stutzig und fragte: „Wo sind alle?"
„Das ist hier nur der Eingangsbereich. Der eigentliche Raum befindet sich hinter der rechten Tür."
„Du warst schon öfters hier, nicht wahr?"
„Ein paar Mal. Als Heiko mich verlassen hat und ich nicht wusste, was ich tun sollte, bin ich mit Nico auch hierhergekommen. Die Leute sind alle wirklich wahnsinnig nett und zuvorkommend. Einige Eltern sind sogar schon seit Jahren dabei."
„Ich dachte, das hier wäre für Alleinerziehende", hakte ich nach, während ich langsam auf den Kleiderständer zuging, an dem Laila gerade ihre und Nicos Jacke aufhängte.
„Eigentlich schon, aber manchmal kommen auch ehemalige Teilnehmer vorbei, um zu erzählen, wie es ihnen ergangen ist. Einfach um über Gott und die Welt zu plaudern."
Ich nahm die Babyschale, die ich abgestellt hatte, um mir die Jacke ausziehen zu können, wieder hoch. Mein Blick wanderte zum Fenster, durch das man einen guten Blick auf das geschäftige Treiben der Großstadt werfen konnte. Würde ich ebenfalls so gehetzt herumrennen, wenn in meinem Leben alles ein wenig anderes gekommen wäre? Ich wusste es nicht.
„Kommst du?"
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Das Erste, das mir auffiel, waren die unzähligen Kinder. Von kleinen Säuglingen bis zu Grundschulkinder war hier offenbar alles vertreten. Jetzt wusste ich auch, wieso Laila meinte, es würde komisch aussehen, wenn ich ohne Raku dort aufkreuzen würde. Das eigene Kind mitzubringen war hier wohl Pflicht.
„Samu."
Lailas Stimme drang aus einem der hinteren Ecken an meine Ohren. Ich hatte kaum mitbekommen, dass sie bereits auf eine Gruppe zugesteuert war. Ich war kein Außenseiter, eigentlich war ich immer beliebt gewesen, was die Schulzeit betraf, doch gerade hatte ich keine Lust mich zu diesen Fremden zu gesellen. Aber alleine hier herumstehen wollte ich auch nicht. Langsam setzte ich mich in Bewegung.

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Lighthouse
FanfictionSamu wurde von seiner Verlobten Vivi, kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Raku, sitzen gelassen. Als alleinerziehender Vater versucht er nun das Beste aus dieser Situation zu machen, seiner Tochter zu Liebe. Doch so recht will ihm das einfa...