"Hey, asshole!"

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Wir waren noch einige Meter vom Schauplatz entfernt, doch schon aus dieser Distanz konnte man das Gebrüll eines Kerls ausmachen, dem es offenbar ziemlich egal war, dass um ihn herum noch andere Passanten waren und das, was er abzog, mitbekamen. Wieso jedoch niemand die Polizei rief, war mir ein Rätsel.


Ungefähr sechs Meter entfernt, blieb ich hinter Lauri stehen und zog ihn zurück. Leicht zu ihm hinab beugend sagte ich zu ihm: „Du bleibst hier stehen, egal was passiert! Hast du mich verstanden?" Er nickte betroffen und mit neuen Tränen in den Augen. Ich wuschelte ihm kurz durch die Haare, danach ging ich auf den Kerl zu, der gerade im Begriff war, die Hand gegen Elena zu erheben.


„Hey, Arschloch!"


Ich handelte vollkommen instinktiv, doch das wurde mir erst bewusst, als ich etwas Hartes auf meiner Nase spürte. Ein stechender Schmerz durchfuhr meine Knochen, doch ich blieb stehen und zog nur eine Augenbraue hoch. Schuld war lediglich das Adrenalin, das durch meine Venen gepumpt wurde und mich dazu brachte, dem Terminator vor mir ebenfalls einen Kinnhaken reinzuwürgen. Er taumelte zurück, doch blieb in gebückter Haltung stehen.


„Was mischt du dich in Angelegenheiten ein, die dich einen feuchten Rettich angehen, Mistkerl?"
„Mich geht es sehr wohl etwas an, wenn du einer Frau drohst, Kumpel."
„Ich darf meiner Freundin drohen wann, wo und wie ich will. Und jetzt mach 'n Abgang."


Er kam wieder auf mich zu und holte aus, doch bevor er auch nur ansatzweise zielen konnte, schlug ich ihm mit der Faust in die Magengrube. Er japste, ging in die Knie und spuckte auf den Boden. In diesem Moment hatte ich kurz Zeit, mich umzudrehen und zu sehen, wo Elena war. Sie hatte sich mit Lauri in eine Ecke gestellt und während sie ihn im Arm hielt und versuchte zu beruhigen, sah sie in meine Richtung. Ein Ausdruck von Angst und Schuld lag in ihren Augen und es tat mir tatsächlich weh, sie so zu sehen.


„Du hast dir den falschen Tag ausgesucht, um den Helden zu spielen!"


Ich hatte kaum mitbekommen, dass der Typ sich wieder aufgerappelt hatte, weswegen ich keine zwei Sekunden nach dieser Aussage auf dem Rücken lag mit neunzig Kilos auf der Brust, die mir die Luft nahmen. Ich versuchte, ihn von mir runter zu schieben, doch auch wenn ich größer als er war und auch gelegentlich trainierte; der Kerl hatte eindeutig mehr Kraft! Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, wie er mit einer Hand in die Hosentasche griff und einen silbernen Gegenstand hervorholte. Als er diesen vor meinen Augen aufschnappen ließ, sah ich auch, was es war. Mir das Messer an die Kehle drückend grinste er mich schleimig an und bleckte die Zähne. Ich schloss meine Augen, auch wenn ich hoffte, dass es nicht so enden würde.


„Lassen Sie das Messer fallen!"


Irritiert sah der Kerl nach rechts. Ich musste zugeben, dass ich noch nie so froh war, die Polizei zu sehen und das trotz meiner Abneigung gegen sie seit meiner frühsten Jugend.


„Was wenn nicht, Wichser?"
„Ich sagte, lassen Sie das Messer fallen!"


Ich hörte, wie jemand näher an uns rankam, doch den Griff lockerte der Brocken auf mir trotzdem nicht.


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